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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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erfuhren, dass er Celia wie eine beliebige Hure genommen hatte, würde alles noch viel schlimmer werden.
    Ein Klopfen an der Tür ließ ihn herumfahren.
    Es war nicht Celia, sondern das schwarze Mädchen, das die Kammern sauber hielt und als Spülmagd im Küchenhaus arbeitete. In einer undefinierbaren Mischung aus Erleichterung und Bedauern atmete William aus und nahm den Brief entgegen, den sie ihm reichte.
    » Hat vorhin ein Bote von der Residenz des Gouverneurs gebracht « , sagte sie mit sittsam gesenktem Blick, die Hände vor der sauberen Schürze gefaltet. » Hat gesagt, ich muss es Euch sofort geben. «
    » Danke, du kannst gehen « , gab William zerstreut zurück, während er den Brief öffnete. Es war eine kurze Botschaft, die höchstens eine Stunde alt war, verfasst von einem jungen Leutnant der Wache, den er gut für seine Mühe bezahlt hatte. In William stieg ein grimmiges Gefühl der Befriedigung auf und verdrängte die Sorgen um Celia für einen Moment. Eilig kleidete er sich um und ging nach unten. Er befahl dem Stallknecht, Pearl zu satteln. Die Stute tänzelte und hob unternehmungslustig den Kopf, als er zum Halfter griff und aufsaß. Beim Antraben klopfte er ihr auf den Hals und fuhr ihr durch die seidige Mähne, während sie begeistert auf seinen Schenkeldruck reagierte und Tempo aufnahm. Ihm ging durch den Kopf, dass er wirklich häufiger ausreiten sollte. Die Araberstute hatte Feuer im Blut und musste bewegt werden. Es war ein Jammer, ein so temperamentvolles Pferd ständig im Stall zu lassen– auch eine Sache, in der er seinen Vorsätzen nicht treu geblieben war. Aber dafür würde heute ein anderes wichtiges Versprechen eingelöst werden, und um nichts in der Welt wollte er sich das entgehen lassen.

28
    G ouverneur Doyle schickte den schwarzen Jungen, mit dem er die letzte Stunde im Bett verbracht hatte, hinaus, damit er etwas Naschwerk besorgte. Er hatte Appetit auf Süßes. Dazu würde er langsam ein oder zwei Gläser Rum trinken, das würde ihm helfen, sich besser zu fühlen. Der rätselhafte Ausschlag auf seiner Brust und die schmerzhaft geschwollenen Stellen in seinen Leistenbeugen und Achselhöhlen kamen ihm nur halb so besorgniserregend vor, wenn er genug Rum getrunken hatte. Außerdem würde davon vielleicht sein Ärger auf Eugene Winston vergehen. Der Kerl hatte offenbar nicht vor, nach Barbados zurückzukommen, obwohl Doyle ihm keineswegs die Erlaubnis erteilt hatte, dem Dienst einfach fernzubleiben. Als Eugene vorgeschlagen hatte, mit dem nächsten Segler eilig nach England zu reisen, um zu verhindern, dass Duncan Haynes dort Doyles guten Ruf untergrub, war dem Gouverneur nichts anderes übrig geblieben, als diesem Vorhaben seinen Segen zu geben. Frohlockend hatte er zwei Monate nach Winstons Abreise die Nachricht erhalten, dass Haynes seine letzte Reise nach Tyburn-Hill angetreten hatte. Hoffentlich hatten sie seinen Kopf recht lange auf der London Bridge stecken lassen! Aber seitdem hatte er nichts mehr von Winston gehört. Bis vor zwei Tagen, als dieser Brief eingetroffen war, in dem Winston ihm schrieb, dass er sich nicht länger knechten und zu Gesetzesbrüchen zwingen lasse und fürderhin allen Drohungen, die Doyle ihm gegenüber ausgestoßen habe, zu widerstehen gedenke und dies überall dort, wo es vonnöten war, kundtun werde. Doyle hatte sich zuerst keinen Reim darauf machen können und den Kerl für verrückt gehalten. Nach einer Weile war er jedoch ins Grübeln gekommen und hatte schließlich aus dem Brief geschlossen, dass Eugene Winston einfach keine Lust hatte, länger für ihn zu arbeiten. Vielleicht gefiel es ihm in London besser. Der Junge war auf Barbados aufgewachsen, vermutlich hatten die Verlockungen der Großstadt ihm das Gehirn dermaßen vernebelt, dass er beschlossen hatte, dort zu bleiben. Unter anderen Umständen hätte Doyle überhaupt nichts dagegen gehabt, er konnte den jungen Schnösel ohnehin nicht ausstehen. Schon häufiger hatte er überlegt, dass er ohne Winston besser dran gewesen wäre. Aber wenn überhaupt, hätte er ihn in die Wüste schicken wollen. Dass Winston es wagte, nicht zurückzukehren, war ein unerträglicher Affront. Noch mehr fuchste es Doyle, dass es geschäftlich nicht mehr so gut lief wie zu der Zeit, als Winston sich noch darum gekümmert hatte. Der Landverkauf ging nur schleppend voran, im Rat waren erste Zweifel geäußert worden, ob das alles rechtens sei. Das Geld war schneller ausgegeben, als es hereinkam. Doyle hatte

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