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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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förderte auf diese Weise einen Blutschwall zutage, der Jerry ein erschrockenes Aufstöhnen entlockte und Duncan um ein Haar vor Entsetzen ohnmächtig werden ließ.
    » Sie verblutet! « , stieß er hervor.
    » Nein, das war eine normale Menge. « Deirdres Stimme zitterte von der durchlebten Anspannung. Sie bekreuzigte sich. » Es ist ein Wunder. Die Muttergottes hat unsere Gebete erhört. « Sie hob an zu beten, während draußen der Sturmwind unter lautem Heulen Gischt und Wasser gegen die Kajüte peitschte und die Wellen das Schiff hin und her warfen.
    Der Schreck fuhr Duncan in die Glieder, als Elizabeth völlig unerwartet die Hand nach dem Kind ausstreckte. Ihr Gesicht war bleich wie der Tod, doch sie war wach, ihre Augen klar.
    » Beten kannst du später noch. Jetzt will ich meine Tochter sehen. «

Zweiter Teil
    Dominica
    Frühsommer 1652

12
    I ch will auch Milch trinken « , sagte Johnny, während er zusah, wie Elizabeth Faith an die Brust legte. Seit ihrer Ankunft auf Dominica war sein Wortschatz rapide gewachsen. Manchmal kam es Elizabeth so vor, als hätte er über Nacht gelernt, in vollständigen Sätzen zu sprechen. Und vor allem, die solcherart geäußerten Wünsche mit aller Entschiedenheit, die ihm mit seinen zweieinhalb Jahren zu Gebote stand, durchzusetzen. Wenn er nicht bekam, was er wollte, konnte er ein Wutgebrüll anstimmen, von dem die Wände wackelten.
    » Geh zu Deirdre, die gibt dir Milch. «
    » Ich will aber deine Milch. Nicht die von Betty. «
    Betty war die Milchziege, die hinterm Haus angebunden war. Sonst trank Jonathan gern Ziegenmilch, doch diesmal ging es ihm offenbar ums Prinzip. Er wollte dasselbe, was seine kleine Schwester auch bekam. Elizabeth seufzte still. Sie hatte gehofft, er würde sich leichter an den Familienzuwachs gewöhnen, doch bisher sah es nicht danach aus. Manchmal war er geradezu rührend in seiner brüderlichen Liebe, dann herzte und küsste er die Kleine und wollte schier überfließen vor Zärtlichkeit. An anderen Tagen quengelte er jedoch herum und unternahm alles, um selbst genug Aufmerksamkeit zu bekommen. Er war zu klein, um vernünftig zu sein oder zu begreifen, dass ihm die Liebe seiner Mutter immer sicher war. Er sah nur das quäkende, nimmersatte Bündel, das von früh bis spät nahezu ununterbrochen an ihrer Brust hing, und fühlte sich entsprechend zurückgesetzt. Es half nichts, dass auch Deirdre und Felicity den lieben langen Tag für ihn da waren. Er wollte seine Mutter für sich allein haben, und zwar mit einer Inbrunst, die an dem Ausmaß seiner Eifersucht nicht den geringsten Zweifel ließ.
    » Mein Schatz, du bist zu groß, um noch an der Brust zu trinken. Das tun nur Babys. «
    » Ich will aber! « Es klang kläglich, fast verzweifelt.
    » Nein, Johnny « , sagte Elizabeth mit sanfter Stimme. Es schnitt ihr ins Herz, doch in dem Punkt konnte und wollte sie ihm nicht nachgeben.
    Jonathan blickte sie tief verletzt an. Seine Augen waren nass vor ungeweinten Tränen, und seine Unterlippe bebte. Impulsiv streckte sie den freien Arm nach ihm aus.
    » Komm her, mein Kleiner. Setz dich auf meinen Schoß. Dann kannst du ganz nah bei mir sein. So wie Faith. Mommy hat dich sehr lieb. « Sie zog ihn hoch auf ihre Knie, und er schmiegte sich sofort erleichtert an sie, die Nase dicht vor ihrer entblößten Brust, an der sich Faith wie eine kleine hungrige Schnecke festgesaugt hatte und unermüdlich trank.
    » Faith hat Durst « , stellte er fest. Es schien ihm vollauf genug zu sein, von ihr gehalten zu werden.
    » Ja, sie ist durstig. Sie ist noch klein und muss wachsen. «
    Faith war mit ihren fast sechs Wochen immer noch winzig, kaum so groß wie Johnny bei seiner Geburt, aber die Kleine hatte von Anfang an einen erstaunlichen Lebenswillen an den Tag gelegt. Über einen Monat zu früh geboren und zart wie eine Flaumfeder, schien sie alles daranzusetzen, diesen Nachteil so bald wie möglich aufzuholen. Elizabeth gab dem Baby zu allen Tages- und Nachtzeiten die Brust, wann immer sich das hungrige Krähen erhob. Das Stillen war eine neue Erfahrung für sie. Johnny hatte Miranda als Amme gehabt, doch auf der Elise und hier auf Dominica war außer Elizabeth niemand da gewesen, der diese Aufgabe hätte erfüllen können. Es war unglaublich kräftezehrend, vor allem der ständige Schlafmangel setzte ihr zu, aber nichtsdestoweniger war sie froh und dankbar, dass es so gut klappte. Faith wuchs und gedieh, dass es eine reine Freude war. Die mageren Ärmchen und

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