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Wind der Traumzeit (German Edition)

Wind der Traumzeit (German Edition)

Titel: Wind der Traumzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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das, was Niklas gesagt hatte, verletzt. Im Grunde hatte er ihr mehr oder weniger zu verstehen gegeben, dass sie als Mutter versagt hatte. Er wollte nicht mehr bei ihr bleiben. Nora bemühte sich, gegen das enge Gefühl im Hals anzukämpfen.
    Tom hatte ihr Gesicht beobachtet und war stehen geblieben. Ihr Kummer war offensichtlich.
    »He! Komm her. So furchtbar kann es doch gar nicht gewesen sein.« Er zog sie an sich und hielt sie fest.
    Nora verbarg ihr Gesicht an seiner Schulter. Nirgendwo auf der Welt fühlte sie sich sicherer als bei ihm. Leise und stockend sagte sie: »Er will nicht bei mir bleiben. Niklas will zu Max ziehen.«
    Tom drückte sie an sich und schloss kurz die Augen. Ihr Haar berührte seine Wange, dann löste sie sich von ihm, um ihn ansehen zu können. Mit den Handrücken fuhr sie sich über die Augen. »Max und ich hatten uns auf ein gemeinsames Sorgerecht geeinigt, aber die Kinder sollten bei mir wohnen, damit sich so wenig wie möglich für sie ändert.« Sie biss sich kurz auf die Unterlippe. »Und jetzt wirft mir Niklas vor, ich würde dich als neuen Vater anschleppen. Da wolle er lieber zu Max ziehen. Er könne seinen Vater verstehen, denn er wäre ebenfalls abgehauen.« Sie schluckte erneut und wandte Tom den Rücken zu. Er schlang beide Arme um sie. Seine Lippen waren so dicht an ihrem Ohr, dass sie seinen warmen Atem spürte. »Er war wütend, Nora. Bestimmt hat er es nicht so gemeint. Niklas hat es im Moment nicht leicht. Er ist kein Kind mehr, aber auch noch nicht erwachsen. Auf der einen Seite will er selbst bestimmen, auf der anderen darf er das noch nicht. Das alles verunsichert ihn. Es wäre unnormal, wenn sich ein Junge seines Alters nicht an seinem Vater orientieren würde, und das sowohl im Positiven wie im Negativen. Entweder will er genauso werden wie er oder aber er will auf keinen Fall so werden wie er. Wie dem auch sei, Max ist die Identifikationsfigur von Niklas. Damit müssen wir leben.«
    Nora hatte ihm schweigend zugehört. Ihre Augen brannten noch immer. »Er hat es ernst gemeint. Das habe ich deutlich gespürt.« Sie wandte sich zu Tom um und sah ihm in die Augen. »Aber, er erpresst mich doch. Er verlangt, dass ich auf dich verzichte, und das, obwohl du doch nur zu Besuch bist. Das ist nicht fair.«
    Tom nickte. »Ja, aber er empfindet es auch nicht als fair, dass seine Eltern auseinander gegangen sind. Auch wenn er das nicht zugibt, aber da liegt der eigentliche Grund für sein Theater.«
    Sie schwiegen eine Weile und gingen langsam weiter. Sophie war in der Karre eingenickt. Nora registrierte es und seufzte, denn es bedeutete, dass die Kleine heute Abend nicht ins Bett zu bekommen wäre.
    Tom räusperte sich. »Hast du dir schon einmal überlegt, wie es mit uns weitergehen soll?«
    Nora sah ihn unsicher an. Wollte er sie jetzt auf seinen Abschied vorbereiten? »Wie meinst du das? Willst du schon zurück nach Australien?«
    »Nein, noch nicht. Aber irgendwann schon.« Er betrachtete die schlafende Sophie. »Ich … ich möchte nicht mehr auf euch verzichten, Nora. Ich will miterleben, wie meine Tochter aufwächst. Und ich will dich endlich an meiner Seite haben.«
    Nora starrte ihn sprachlos an.
    Tom nutzte diese Pause rasch, um weiterzureden. »Bitte, Darling, denk doch einmal darüber nach. Wir lieben uns. Wir haben ein gemeinsames Kind. Und du hast auch mein Land geliebt. Wir könnten dort zusammen glücklich werden, das weiß ich.«
    Nora atmete heftig aus. »Mein Gott, Tom! Nach all der Zeit fängst du wieder von vorne an. Mein Leben und das Leben meiner Kinder findet hier statt. Hier haben sie ihren Lebensmittelpunkt, ihre Freunde, ihre Freizeitbeschäftigungen … Sie sind hier fest verwurzelt. Nach dem Theater, das Niklas so schon deinetwegen veranstaltet, wage ich nicht, mir seine Reaktion auf einen solchen Vorschlag auszumalen.«
    Tom schüttelte heftig den Kopf. »Diesmal ist doch alles anders, Nora. In einer Woche wirst du von Max geschieden. Du bist dann frei, und wir könnten ganz von vorn beginnen. Siehst du denn nicht diese Chance?«
    Nora fühlte sich beklommen. Wieder einmal fürchtete sie um ihre Familie. Wieder einmal hatte sie Angst, die Kinder zu verlieren, ihnen zu viel zuzumuten, sie durcheinander zu bringen. »Ach Tom, du malst dir da etwas in den schönsten Farben aus. Glaubst du im Ernst, Max würde trotz der Scheidung zusehen, wie seine Kinder nach Australien verschwinden? Hast du eine Ahnung, was der Begriff ›gemeinsames Sorgerecht‹

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