Wind der Traumzeit (German Edition)
Abschied war herzlich, und Catherine winkte dem abfahrenden Wagen noch lange hinterher. Die Rückkehr in ihre plötzlich wieder so stille Wohnung fiel ihr schwer, und in den wenigen Tagen hatte sie die Mädchen so lieb gewonnen, dass sie sie schon jetzt zu vermissen glaubte.
20
A ls Maries zehnter Geburtstag näher rückte, klingelte eines Tages das Telefon. Nora war überrascht, Max zu hören. »Hallo, Nora. Geht es euch gut?«
Sie lächelte und pustete sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Ja, obwohl ich immer noch nicht alle Kartons ausgepackt habe. Wer weiß, ob ich damit jemals fertig werde, es fehlt uns noch an Platz. Den Kindern geht es prächtig. Wie geht’s Niklas? Alles in Ordnung bei euch?« Sie machte eine Pause, weil sie ihm Gelegenheit geben wollte, sein Anliegen vorzubringen.
»Ja, alles okay. Nicky geht’s gut. Nora, ich rufe wegen Maries Geburtstag an. Ich möchte ihr etwas Schönes schenken und wollte dich deswegen um Rat fragen.«
Nora überlegte. »Hm. Also nichts macht sie momentan glücklicher als der Reitverein hier in Cameron Downs. Ich bin ehrlich froh darüber, denn seit sie dort ein und aus geht, hat sie schon einige Freunde gefunden. Tom und ich bezahlen ihr inzwischen eine Reitbeteiligung.« Nora lachte. »Die Stute Chocolate liebt sie inzwischen mehr als uns alle!« Sie wurde wieder ernst. »Tja, Max, ich denke irgendetwas für das Pferd, zum Reiten oder ein eigener schöner Sattel, wenn es ein teures Geschenk sein darf.« Max hatte atemlos zugehört. »Halte mich nicht für bescheuert, Nora, aber ist die Stute zu verkaufen?«
Nora war einen Moment sprachlos. »Hör mal, Max, ich glaube, du hast mich da missverstanden. Ich meinte wirklich nicht...« Er unterbrach sie. »Nora, bitte! Ich bin nicht größenwahnsinnig oder übergeschnappt, Marie fehlt mir nur sehr. Mich würde der Gedanke trösten, ihr diese Riesenfreude zu machen. Sie beschäftigt sich jeden Tag mit dem Pferd, somit würde sie jeden Tag an ihren Vater in Hamburg erinnert. Wir wären quasi über dieses Pferd miteinander verbunden.«
Nora konnte Max verstehen, denn Niklas fehlte ihr ebenfalls so sehr, dass sie oft grenzenlose Traurigkeit überfiel, wenn sie an ihn dachte. »Also, ich bin sprachlos.«
Max überlegte fieberhaft. »Ich weiß natürlich, dass die Anschaffung des Pferdes nicht alles ist. Die monatlichen Unterstellkosten sind vermutlich hoch. Wenn du einverstanden bist, würde ich mich daran beteiligen beziehungsweise alles, was über diese Reitbeteiligung hinausgeht, übernehmen. Kannst du dich mal schlau machen?«
Nora dachte an Marie, und ihr Herz schlug schneller. Sie würde sich wahnsinnig freuen. »Okay, Max. Ich melde mich dann bei dir.« »Verrate aber nichts, Nora. Es soll eine Überraschung sein.«
Die weiter voranschreitenden Bauarbeiten am Haus bedeuteten für Nora Hektik, Lärm und Unruhe. Sicher, die Aussicht auf mehr Wohnraum und damit mehr Lebensqualität war verlockend, aber die Bauleute brauchten dieses und jenes, und der Lärm ließ Sophies Mittagsschlaf überhaupt nicht mehr zu. Die Kleine war deswegen häufig quengelig und am Spätnachmittag meistens aufgrund von Übermüdung unausstehlich. Mehr als einmal beneidete Nora Tom, der in seiner Arbeit Erfüllung und Anerkennung fand und wenn er heimkehrte staunend die Fortschritte am Haus bewunderte, welches dann schon meist friedlich in der Abendstimmung unter den Bäumen ruhte und nicht mehr viel vom Staub, Dreck und unvorstellbaren Lärm der Tagesarbeit erahnen ließ. Aber Nora wollte nicht undankbar sein.
Sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass es nicht ewig dauern würde, bis alles fertig wäre. Die Zimmerarbeiten am Dachstuhl des Anbaus hatten bereits begonnen. Seltsam, fast wie ein Gerippe hoben sich die kahlen Dachbalken vom vorhandenen Dach des alten Hauses ab. Nora grauste es vor dem Moment, an dem dieses Dach geöffnet werden musste, um das alte Dachgeschoss mit dem neuen zu verbinden. Die Vorstellung, dass das Dach und die Zimmerwände aufgestemmt werden würden, erzeugte ein realistisches Bild vor ihrem inneren Auge, in welchem Staub und Tohuwabohu sie alle tagelang würden leben und schlafen müssen.
Die Wochenenden jedoch, an denen Tom keinen Dienst hatte, gehörten ihnen allein, und sie begannen stets mit einem Frühstück in aller Ruhe. Nora genoss die Stille, die ihr fast unwirklich vorkam.
Das Radio lief, und nachdem ein Musikstück endete, berichtete der Moderator von den Bränden, die vor Sydney und Canberra
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