Wind der Traumzeit (German Edition)
stellte den Ton des Fernsehgeräts leiser. »Das klingt ziemlich entmutigt. Meinst du nicht, wir sollten uns doch um ein wenig Hilfe kümmern?«
Nora schüttelte den Kopf. »Nein. Sosehr ich mich manchmal danach sehne, ich will es allein schaffen.« Sie zog eine Grimasse. »Es kann ja nur noch besser werden.«
Eine Weile schwiegen beide. Tom legte eine Hand auf ihr Knie. »Es tut mir Leid, dass ich dir keine große Hilfe bin. Ich gebe zu, ich hab mir tatsächlich alles ein bisschen einfacher vorgestellt.«
Nora legte ihren Kopf an seine Schulter. »Mir war das von Anfang an klar. Darum war ich auch eher skeptisch, als ich so rasch schwanger wurde. Und du tust doch, was du kannst. Dein Dienstplan, die Schichtwechsel, die Kliniktouren – mehr als arbeiten kannst du eben auch nicht, Tom.«
Er küsste sie auf den Kopf. »Aber du wirkst so niedergeschlagen. Kann ich nicht irgendetwas machen, um das zu ändern?« Sie sah an sich hinunter. »Ach, ich weiß auch nicht. Ich fühle mich so verbraucht, so müde und hässlich. Es bleibt keine Zeit mehr für mich, keine Zeit mehr für etwas anderes als die Kinderbetreuung und den Haushalt. Ich … ich würde mich so gerne mit den Notizen von Marrindis und Wudimas Geschichten befassen. Der Wunsch, endlich mal wieder etwas zu Papier zu bringen, lässt mir keine Ruhe. Diese Traumzeit-Erzählungen für andere in Worte zu fassen, das würde ich unheimlich gerne tun.« Sie sah Tom an. »Dass ich es nicht kann, nur weil keine Zeit dafür übrig ist, das enttäuscht mich eben manchmal. Ich hab dann mitunter das Gefühl, dass da etwas in mir ist, das ich mit Gewalt unterdrücken muss, verstehst du?«
Er war betroffen. »Aber Nora, wenn du so empfindest, dann müssen wir etwas tun. Ich hatte doch keine Ahnung, dass dir dein Job so fehlt. Ich hab nur mitgekriegt, wie viel du hier zu tun hast, und bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass du neben unserer Rasselbande etwas vermissen könntest.«
Nora wand sich. »Ach, vielleicht hat sich das jetzt auch zu dramatisch angehört. Ich bin auch nicht unglücklich oder unzufrieden, ich will nur auch noch ein bisschen mehr von diesem Land mitbekommen. Du weißt doch, wie sehr mich hier alles interessiert hat, ganz besonders auch die Kultur der Aborigines. Aber mein gesamter Aktionsradius erstreckt sich von hier zu Hausebis zum Reitstall und zum Einkauf in Cameron Downs und zurück. Ich versorge die Kinder und kämpfe gegen den Wäscheberg an, der offenbar mein Schicksal geworden ist.« Sie zuckte resigniert mit den Schultern.
Tom schämte sich plötzlich. Er hatte Nora hierher gebracht und genau genommen auch zu einer weiteren Schwangerschaft überredet. Hätte er nicht bemerken müssen, wie gefangen sie hier draußen war? Stattdessen freute er sich darüber, endlich eine richtige Familie zu haben, ein Zuhause, in das es sich lohnte zurückzukehren und in dem ihn die Frau erwartete, die er liebte. Er senkte den Kopf und dachte nach. Augenblicke später nahm er ihre Hand.
»Darling, ich möchte, dass du diese Notizen bearbeitest.« Er schüttelte abwehrend den Kopf, als sie etwas sagen wollte, und fuhr fort: »Sie sind dir wichtig, und das allein ist Grund genug. Fremde Hilfe willst du nicht, okay. Aber sag mal, könntest du dir meine Mutter eine Weile hier vorstellen? Du mochtest sie doch, oder? Sicher wäre sie glücklich, uns ein wenig helfen zu können.« Er lächelte versonnen. »Mum liebt Kinder. Und sie hat bestimmt nicht mehr damit gerechnet, neben Josh noch so viele Enkel zu bekommen.«
»Ach, Tom, das alles hört sich jetzt so an, als wollte ich meine Arbeit hier nicht mehr tun, als wären mir unsere Kinder zu viel. Das ist nicht so. Wahrscheinlich hat mich der Schlafmangel auch nur zermürbt und unzufrieden gemacht. Es wird schon besser werden.«
Tom drückte ihre Hand und grinste. »Sicher. In ein paar Jahren.«
Nora schubste ihn mit dem Ellbogen. »Mach mir nur weiter so viel Mut.«
Er lachte. »Im Ernst, du solltest darüber nachdenken. Du hättest etwas mehr Zeit für dich und könntest mal durchatmen.« Nora runzelte die Stirn. »Wäre dieses lebhafte Kindertreiben wirklich das Richtige für deine Mutter? Immerhin hat sie von sich aus nie angeboten, zu uns zu kommen.«
»Dazu ist sie viel zu rücksichtsvoll. Sie macht sich immer Gedanken, ob sie nicht das Familienleben stören würde oder ob sie als Gast womöglich ungelegen käme.«
Nora schaute ungläubig auf. »Im Ernst? Ich dachte schon, sie will uns nicht
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