Wind der Traumzeit (German Edition)
ganzen Welt so. Während sie eine Plastikwanne vor die Waschmaschine stellte und die fertig gewaschene nasse Wäsche hineingab, überschlug sie in Gedanken den Zeitraum, den sie dies nun auch noch für Sophieund Steven würde tun müssen. Sie schob die Wanne beiseite und zog sich einen vorsortierten Korb mit Schmutzwäsche heran, die sie jetzt in die Maschine warf. Sie hielt inne, als sie einen winzigen weichen Babypullover in der Hand spürte. Unbewusst drückte sie ihr Gesicht in den dunkelblauen Nicki-Stoff und atmete den Babyduft ein. Sie liebte ihre Kinder. Warum nur fiel es ihr so schwer, sich mit den alltäglichen Aufgaben, die nun einmal dazugehörten, abzufinden? Sie warf den Pulli entschlossen in die Maschine. Weil diese Aufgaben einfach nie aufhörten. Weil nie ein Ende abzusehen war. Weil jeden Tag – auch Samstag und Sonntag – alles wieder von vorne anfing. Dabei gingen ihr doch noch so viele Dinge im Kopf herum. Themen, die sie interessierten, Gedanken, die sie gerne weiterverfolgen würde Bücher, die sie begeisterten. Und für nichts davon war mehr Zeit.
Sie schloss die Maschinentür und zog das Waschmittelfach auf. Mechanisch griff sie nach einer Flasche, die auf einem Regal über dem Gerät stand, schraubte sie auf und füllte das Mittel ein. Sie glaubte, dass sie selbst mit geschlossenen Augen die richtige Menge würde dosieren können. Sie stellte die Flasche zurück, schob das Fach zu und drückte eine Taste. Summend startete der erste Waschgang. Sie klopfte leicht mit der Hand auf die Maschine. »Wenigstens du hast nichts zu meckern.« Nora griff nach dem Babyfon und hakte es an den Hosenbund, dann nahm sie den Korb mit der nassen Wäsche und ging zur Verandatür. Ihr Blick streifte den Frühstückstisch und die unordentliche Küche, die Tom und Marie heute früh hinterlassen hatten. Hoffentlich gab Steven noch ein paar Minuten Ruhe, damit sie die Wäsche aufhängen und ein wenig Ordnung schaffen konnte. Sie hatte jedoch erst die Fliegentür passiert, als das Babyfonknackte und anhaltendes Babygeschrei übertrug. Müde und resigniert stellte Nora den Korb auf dem Tisch ab und ging ins Haus zurück. Wie konnte dieses Baby nur mit so wenig Schlaf auskommen? Stundenlang hatte es in der Nacht wieder gequengelt und geschrien. Sie sah müde auf die Uhr. Acht Uhr dreißig. Ihre Augen brannten. Gerade einmal drei Stunden hatte Ruhe geherrscht. Sie ging an Sophies Zimmertür vorüber. Wenigstens die Kleine schlief noch.
In Stevens Zimmer trat sie an seine Wiege und nahm ihn auf den Arm. Mit ein paar zitternden Schluchzern verstummte das Baby und sah sie aus großen blanken Augen an. Nora drückte ihr jüngstes Kind sacht an sich. Ihre Lippen strichen über den zarten Haarflaum des Babyköpfchens und flüsterten beruhigende Koseworte. Sie ging quer durch sein Zimmer zum Fenster. Während sie die Vorhänge beiseite zog und gerade die Wickelkommode ansteuern wollte, hörte sie Sophie rufen. Also ging sie mit Steven auf dem Arm ins Nebenzimmer. Das kleine Mädchen stand offensichtlich munter und ausgeruht in seinem Gitterbett und streckte ihr unternehmungslustig die Arme entgegen.
»Mama! Mama, komm!«
Nora umfing sie mit ihrem zweiten Arm und hob sie aus dem Bett. »Na, meine Süße? Hast du schön geschlafen?« Dann setzte sie sich auf einen Sessel, der hinter der Tür stand, und schaute mit einem Anflug von Galgenhumor von einem Kind zum anderen. »Und jetzt? Wer von euch beiden hat mehr in der Windel?«
42
T om ließ sich neben Nora auf dem Sofa nieder und griff nach der Fernbedienung, um den Fernseher einzuschalten. Interessiert verfolgte er die Abendnachrichten. Im Landesinneren waren die ersten Buschfeuer des Jahres ausgebrochen. Unwillkürlich warf er einen Seitenblick auf Nora, die überraschenderweise ruhig blieb, obwohl sie auf dieses Thema doch immer so besorgt reagiert hatte. Ihr rechter Ellbogen war auf der Sofalehne abgestützt, und die rechte Hand hielt ihr Kinn. Als er genauer hinsah, bemerkte er, dass sie schon schlief. Doch ein wenig enttäuscht, dass sie nicht einmal die Nachrichten durchgehalten hatte, griff er nach einem leichten Plaid, um sie zuzudecken. Blinzelnd wurde sie wach und gähnte. »Ich muss wohl schon eingenickt sein.« Sie sah zur Uhr und grinste. »Ein neuer Rekord.«
Tom nahm einen Schluck Bier. »Unser Junior schafft dich, was?«
Nora zuckte mit den Schultern. »Ach, im Moment schafft mich alles hier. Es ist fast unmöglich, allen gerecht zu werden.« Tom
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