Wind Der Zeiten
diesem verführerischen Teufel aufs Spiel setzen würden.
Aber er gehört mir!
Besitzergreifend betrachtete ich seine schmalen Hüften, die muskulösen Beine und bloßen Füße, die ihn ohne zu ermüden stundenlang durch unwegsames Gelände trugen. Dieser Mann gehörte hierher, und er gehörte in diese Zeit. Alan war Clanchief der MacCoinnaichs, Herr über Täler und Berge, Pflanzen, Tiere und die Menschen, die ganz selbstverständlich zu seiner Familie gehörten, egal, wie entfernt die Verwandtschaft auch sein mochte. Eine Familie, das las ich in seinem entschlossenen Gesichtsausdruck, für deren Wohlergehen er alles tun würde. Sogar eine Ehe eingehen, die er nicht wollte. Ich hatte geglaubt, wahre Liebe gäbe es nur in romantisch verklärten Erzählungen und Filmen, die man sich zusammen mit der besten Freundin heulend im Kino ansah. Und nun saß ich hier und starrte den einzigen Mann an, der es geschafft hatte, mein Herz komplett zu erobern – ohne Hoffnung, ihn jemals für mich gewinnen zu können.
»Es ist wunderschön«, flüsterte ich schließlich, nur um irgendetwas zu sagen, und der Kloß in meinem Hals ließ mir die Stimme brüchig werden.
»Meine Heimat.« Mit leuchtenden Augen wandte er sich zu mir um. »Joanna, was hast du?«
Gleich würde ich anfangen zu heulen. »Nichts. Es ist nichts«, presste ich heraus. Die blödeste Antwort, die man geben konnte.
Er legte eine Hand auf meine Hüfte. »Wir werden einen Weg für dich zurück finden. Das verspreche ich dir.«
Ich hätte schreien können. Ich wollte nicht zurück, jedenfalls nicht ohne Alan, aber hierbleiben konnte ich auch nicht. Doch was brachte es schon, auch ihm das Herz schwer zu machen? In diesem Augenblick wehte Lachen zu uns herüber. Weiter vorne standen Duncan und Mòrag, sie hielten sich an den Händen und sahen zu uns herüber. Offenbar hatten sie ebenfalls die atemberaubende Aussicht genossen, und das ganz bestimmt, ohne trüben Gedanken nachzuhängen. Jetzt warteten sie darauf, dass wir zu ihnen aufschlossen.
Wenn ich schon mein eigenes Schicksal nicht ändern konnte, dann sollte wenigstens ihnen ein größeres Glück beschieden sein. »Die beiden sind füreinander bestimmt, meinst du nicht auch?«
»Findest du? Duncan hat kein eigenes Land.« Mein empörter Blick ließ ihn schmunzeln. »Das geht schon eine ganze Weile so«, gab er schließlich zu. »Angus ist allerdings nicht begeistert davon, dass sich seine einzige Tochter ausgerechnet in einen Habenichts verliebt hat.«
»Aber sie erbt doch irgendwann sein Land.«
»So einfach ist das nicht. Angus hat zwar von meinem Vater das Haus und etwas Acker- und Weidegrund bekommen,
um sein Einkommen damit aufzubessern, aber das fällt nach seinem Tod wieder an uns zurück. Außerdem hat er es verpachtet. «
»Dann kann er es doch auch an Duncan geben, bis dieser sich selbst etwas kaufen kann.«
»Und was denkst du, werden die jetzigen Pächter dazu sagen? «
»Oh.« Daran hatte ich nicht gedacht.
»Und kaufen kann Duncan auch nichts. Denn zumindest hier bei uns gibt es kein Land zu verkaufen. Er müsste fortgehen, und das würde er niemals tun.«
»Weil alles dir gehört. Dann könntest du doch …«
Alan seufzte. »Es stimmt, Kensary gehört mir. Unsere Familie hat Gleann Grianach und die umliegenden Täler zusammen mit dem Titel im Tausch gegen einen Treueeid vom König bekommen. Aber kein MacCoinnaich-Chief hat je daran gedacht, auch nur einen Quadratmeter davon zu verkaufen. Es gehört uns nicht, wir verwalten es nur für unsere Kinder und Kindeskinder, und jeder Flecken fruchtbaren Landes ist bereits verpachtet.«
So kompliziert hatte ich mir das alles nicht vorgestellt. Doch irgendwie würde sich schon eine Lösung finden. Während Brandubh mich sicher über einen besonders steinigen Pfad trug, dachte ich nach.
»Das Land habt ihr aber von einem schottischen König erhalten?«
»Und einem englischen. König James hat nicht nur Mary Stuart, sondern auch Elizabeth beerbt.«
»Aber sicherer macht es die Sache auch nicht, oder? Das mit dem Treueschwur heißt, jeder Monarch kann euch Kensary auch wieder fortnehmen?«
»Wir haben immer versucht, uns so neutral wie möglich zu verhalten. Unser Gebiet ist nicht sehr groß, und im Laufe der Zeit sind wir ein wenig in Vergessenheit geraten. Doch du hast Recht, wenn die Krone beschließt, dass wir uns auf irgendeine Art illoyal verhalten haben, kann sie uns theoretisch hier vertreiben, wie jeden anderen Adligen auch. Nur
Weitere Kostenlose Bücher