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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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eine Katastrophe, aber unter viel Gelächter korrigierte sie immer wieder meine Bewegungen, und schließlich gelang es mir, einen passablen Faden zu produzieren. Zum Nähen allerdings eignete sich mein knotiges Werk bestimmt nicht.
    Inzwischen war die Mittagszeit längst vorüber. Aus allen Richtungen wurden neue Tiere herbeigetrieben, und die Männer hatten alle Hände voll zu tun, um die ständig größer werdende Herde zusammenzuhalten.
    »Wie weit ist es denn noch?« Die Füße taten mir inzwischen so weh, dass ich kaum noch an etwas anderes denken konnte. Jeder Schritt wurde von einem lautlosen Fluch, Gebet oder Hilfeschrei begleitet.
    »Siehst du die Hütten dort? Wir haben es bald geschafft«, beruhigte mich Mòrag. »Ich bin das lange Laufen auch nicht mehr gewohnt. Das kommt von der Arbeit im Castle«, entschuldigte sie sich.

    Wie viel härter musste das Leben der Frauen aus dem Tal sein, wenn sie, die täglich mehr als zwölf Stunden ihre Arbeit verrichtete, sich für verweichlicht hielt? Ich dachte daran, was die Mädchen im Herrenhaus täglich leisteten. Sie arbeiteten schwer, und seit drei Hausgäste zusätzlich zu versorgen waren, hatten sie sicher keine freie Minute mehr. Das sagte ich Mòrag, aber sie lachte nur: »Seit du da bist, habe ich die beste Zeit meines Lebens. Und ganz bestimmt nicht nur, weil die anderen Mädels mich beneiden und der Gleanngrianach dafür gesorgt hat, dass Mama mich von vielen Aufgaben freistellt.«
    Tränen standen in meinen Augen, als ich sie umarmte. »Dich zur Freundin zu haben, bedeutet mir unendlich viel«, flüsterte ich und wunderte mich insgeheim, um welche Details seines Haushalts sich Alan sonst noch kümmern mochte. Kein Wunder, dass er wenig Zeit hatte, offensichtlich erledigte er nicht nur die Aufgaben eines vorbildlichen Chieftains, sondern überließ auch im täglichen Geschehen des Herrenhauses wenig dem Zufall.
    Und dann endlich waren wir am Ziel. Die Ponys wurden von ihrer Last befreit, und trotz meiner schmerzenden Füße half ich beim Einrichten der zwei Hütten. Erstaunlich rasch waren die Dächer wieder geflickt, und Torfsoden brannten im Kamin, um die Feuchtigkeit zu vertreiben. Draußen wurde ebenfalls ein Feuer entfacht, über dem die Frauen frische Bannocks buken und das mitgebrachte Fleisch brieten. Der köstliche Duft weckte zwar meinen Appetit, aber zuerst ließ ich mich auf einen von der Sonne gewärmten Felsblock sinken, um die schmerzenden Füße zu inspizieren.
    »Das sieht aber nicht gut aus.« Alan gab einer älteren Frau ein Zeichen. »Dona, hol uns Wasser und Leinen.« Die Frau beeilte sich, das Verlangte herbeizuschaffen.

    Alan kniete vor mir nieder und streifte meine völlig zerschlissenen Slipper ab. »Warum hast du denn nichts gesagt, Kleines?«, fragte er erschrocken, als getrocknetes Blut an den wundgelaufenen Füßen sichtbar wurde.
    »Ich habe es nicht bemerkt«, stotterte ich. Und das stimmte sogar. Zwar taten mir die Füße seit geraumer Zeit weh, und ich rechnete neben einem saftigen Muskelkater auch mit der einen oder anderen dicken Blase, aber dass es so schlimm war, hätte ich nicht gedacht.
    Dona brachte warmes Wasser, mit dessen Hilfe sie behutsam die blutverkrusteten Strümpfe von meinen Füßen löste. Mòrag kam hinzu. Mit den Worten »Joanna, das sieht ja fürchterlich aus«, hockte sie sich zu mir und wies die andere Frau an, ein paar Kräuter zu suchen, deren Namen ich noch nie gehört hatte. »Ich habe dir gleich gesagt, eine Lady tut so etwas nicht.« Sie warf Alan einen vernichtenden Blick zu.
    »Oh, ich bitte dich. Erstens bin ich keine Lady, und zweitens hätte ich mit einem Paar Nikes diesen Weg durchaus ohne Schwierigkeiten zurücklegen können.«
    »Pscht!«, machten Alan und Mòrag fast gleichzeitig, als Dona mit den gewünschten Pflanzen in der Hand zurückkehrte. Irritiert schauten die beiden sich an.
    »Du erinnerst dich?«, fragte ich aufgeregt. »Alan, kommt dir dieser Name bekannt vor?«
    Doch bevor er antworten konnte, tauchte Duncan auf, nahm Dona die Kräuter aus der Hand und schickte sie mit einem Nicken davon. »Chieftains knien nicht vor ihren Cousinen, es sei denn, sie hätten etwas ganz bestimmtes im Sinn«, bemerkte er fast beiläufig.
    Alan sprang auf und eilte davon, ohne mich noch eines weiteren Blickes zu würdigen.

    »Er hätte sich beinahe erinnert«, zischte Mòrag.
    »Komm, lass gut sein. Irgendwann wird er sich erinnern, aber jetzt würde ich meinen rechten Arm für ein Aspirin

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