Wind Der Zeiten
Der lachte: »Das
hätte ich mir denken können. Kaum stecken die Mädels ihre Köpfe zusammen, sind wir Luft für sie. Wie wäre es mit einem kleinen Ausritt?«
»O ja!« Glücklich drehte ich mich um.
»Aha, jetzt haben wir ihre Aufmerksamkeit«, redete Alan weiter, als sei ich gar nicht da. »Was denkst du, alter Freund, wollen wir die beiden mitnehmen?«
Ich musste lachen, schlang die Arme um Alans Nacken und bettelte mit einem Augenaufschlag: »Bitte, bitte – nehmt uns mit in die Freiheit!«
Bald darauf saß ich auf Deargáns Rücken und spürte ihre weichen Bewegungen unter mir. Alan hatte sich entschuldigt, dass er mir keinen eigenen Damensattel anbieten konnte. Die Sättel der Campbells zu benutzen, lehnte ich ab. Allmählich gewöhnte ich mich daran, im Rock zu reiten. Eine lange Hose wäre mir zwar immer noch lieber gewesen, aber immerhin waren meine Röcke so weit, dass ich nicht wie bei meinem ersten Ritt mit dem nackten Hinterteil auf dem Pferd saß.
Wenn ich mir den vorderen Rocksaum unter die Beine klemmte, bestand auch keine Gefahr, dass der Wind mehr von mir preisgab, als mir lieb sein konnte – jedenfalls, solange ich im Schritt ritt. Wie das im Galopp aussehen würde, wollte ich mir lieber nicht vorstellen. Trotz der Schwierigkeiten hatte diese Art zu reiten eine eindeutig erotische Komponente.
»Ich möchte zur Schule und mir ansehen, wie der neue Lehrer zurechtkommt«, sagte Alan.
Damit war ich einverstanden. Zum einen war es kein allzu schwieriger Weg, und mein neues Pferd und ich konnten uns unterwegs ein wenig aneinander gewöhnen. Zum anderen hatte ich sowieso vorgehabt, die Schule zu besuchen, um mir selbst ein Bild über die Situation dort zu machen.
Es war schlimmer, als ich befürchtet hatte. Der Lehrer thronte wie ein Richter über den Kindern auf seinem Podest, und in der Ecke stand ein Junge mit dem Gesicht zur Wand, als wir hereinkamen. Etwa sechzig Schüler drängten sich auf engstem Raum, nach Altersgruppen eingeteilt, die meisten der älteren Schüler, die immerhin nicht nur Bänke zum Sitzen, sondern auch Tische vor sich stehen hatten, waren Jungen.
Der Lehrer sprang auf: »Guten Tag, Mylord! Lady Joanna!« Dabei wischte er seine Hände an dem unordentlichen Kilt ab und strich sich durchs Haar. Erwartungsvoll blickte er uns an, und ich meinte, Alan neben mir seufzen zu hören, bevor er den Gruß zurückgab.
»Guten Tag, Kinder!« Große Augen wanderten zwischen uns beiden hin und her, und ich konnte förmlich sehen, wie es in den kleinen Köpfen arbeitete: Warum kommt der Gleanngrianach hierher, und was will die Irin von uns?
Der Lehrer hatte sich inzwischen ein wenig gefangen und erwiderte mein Lächeln zaghaft. Dann zeigte er mit seinem Stock auf einen blonden Jungen von etwa zehn Jahren. »Donaidh! «
Das Kind fuhr zusammen und sprang auf. »Wir danken dir, Chief Gleanngrianach , für unsere schöne Schule. Wir danken dir für die neuen Fenster, Bänke und Tische.«
»Jetzt alle!«
Die Kinder sprangen auf und sagten die eingeübten Worte in einem holprigen Chor noch einmal auf.
»Ach du meine Güte«, entfuhr es mir. »Das ist eine neue Schule?«
Alan ignorierte meinen Ausruf und bedankte sich bei den Kindern für die nette Begrüßung. »Der Gleanngrianach ist sehr stolz auf seine fleißigen Schüler.«
Während er anschließend zum Lehrer ging und mit ihm sprach, schaute ich mir an, was die Jungen geschrieben hatten. Die Orthografie war fürchterlich, aber ich konnte erkennen, dass es sich nicht um Bibeltexte handelte, die sie mit ungelenker Handschrift abschrieben.
»Kannst du mir sagen, was du da schreibst, Donaidh?«, fragte ich den Jungen, von dem die seltsamste Dankesrede stammte, die ich je gehört hatte. Nachdem er sich von seinem Schrecken erholt hatte, blinzelte er mich an, und ich sah, dass er dem Bengel aufs Haar glich, der bei meiner Ankunft so dreist auf meine nackten Beine gestarrt hatte. »Dein großer Bruder arbeitet oben im Herrenhaus, nicht wahr?«
Er nickt. »Er hat mir von Euch erzählt«, grinste Donaidh frech.
»So, so.« Ich machte mir keine Illusionen. Er wusste bestimmt ganz genau, was über mich getratscht wurde. »Also gut. Aber du hast meine erste Frage noch nicht beantwortet.«
»Könnt Ihr nicht lesen, Mylady?«
Damit handelte er sich eine schallende Ohrfeige vom Lehrer ein, ehe ich antworten konnte. Darüber würde ich später noch mit ihm reden. Ich warf dem Mann einen so ärgerlichen Blick zu, dass er rot
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