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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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die Augen wieder zu öffnen, denn nun sah ich dunkle Schatten zwischen den hohen Baumstämmen hindurchhuschen, und zu allem Überfluss klangen in der Ferne Schreie, die ich beim besten Willen keinem mir bekannten Lebewesen zuordnen konnte. Es war keineswegs das erste Mal, dass ich in der Natur übernachtete, ein oder zwei Mal hatte ich dieses Abenteuer sogar allein unternommen. Bis zu diesem Moment aber war mir nie bewusst gewesen, wie viel subjektive Sicherheit eine noch so dünne Zeltwand vermittelte.
    Oder ein warmer Männerkörper an deiner Seite. Schnell versuchte ich, die unwillkommene Erinnerung an die Nacht, die ich in Alans Armen auf den Hochweiden verbracht hatte, zu verdrängen.
    Außer Brandhubs Konturen, die sich langsam über die Lichtung bewegten, sah ich fast nichts mehr, aber ich hätte schwören können, dass im Unterholz jede Menge Kreaturen hockten, die mich mit glühenden Augen fixierten. Ich zog das Plaid ein wenig höher.
    Joanna. Was machst du nur?
    Die Stimme kannte ich. Sie gehörte der Frau aus meinen Träumen. Korri? Ich hatte diesen Namen noch niemals zuvor gehört, aber er war das Erste, was mir in den Sinn kam.
    Perlendes Lachen. Du erinnerst dich? Gut. Dann ist noch nicht alles verloren.
    Vorsichtig sah ich unter meinem Plaid hervor. Zwischen den Zweigen leuchtete ein wunderliches Licht, das mal stärker, mal schwächer glomm und unruhig hin und her schwirrte,
wie jemand, der sich immer wieder nervös über die Schulter sah. Dann bohrte es sich plötzlich gleißend in meine Augen, und geblendet verbarg ich mich unter dem Plaid. Was zum Teufel …?
    Still. Du darfst den Glauben nicht verlieren, sonst ist alles verloren!
    An was …? Woran sollte ich glauben? Doch bestimmt nicht an Alans Ehrlichkeit.
    Mir kam es vor, als legten sich Hände an mein Gesicht. Ein eisiger Hauch wehte über meine Stirn, und plötzlich wusste ich, dass dies alles keine Einbildung war.
    Du hast die Magie in dir.
    Wie kam sie nur darauf? Viel wahrscheinlicher war, dass ich zum Spielball irgendwelcher magischer Wesen geworden war, die sich in meinen Träumen herumtrieben und neuerdings auch im Unterholz, aus dem sie mich mit ihren unheimlichen Augen beobachteten.
    Ein Lachen so klar wie ein Glasflötenspiel erklang. Niemand, der durch den Ring reisen kann, ist ohne Magie. Verneine sie nicht, und alles wird gut.
    Nach diesen mysteriösen Worten herrschte Stille. Die mentale Verbindung zu einer anderen Ebene meines Bewusstseins, aus der diese Erscheinung zweifellos stammte, war wie abgeschnitten. Wer oder was mich auch heimgesucht hatte, war fort. Und tatsächlich, als ich das Plaid zögerlich zur Seite schob, war von dem Irrlicht nichts mehr zu sehen. Zum Glück hatte es seine gruselige Armada aus dämonischen Blicken gleich mitgenommen.
    Ich wurde nicht mehr beobachtet. Doch es blieb ihre rätselhafte Ermahnung. Natürlich war ich inzwischen davon überzeugt, dass nicht die Naturwissenschaft des einundzwanzigsten
Jahrhunderts mich in die Vergangenheit verfrachtet hatte. Caitlynn, seit Jahren meine beste Freundin, lebensbejahend und so diesseitig, wie man es sich nur vorstellen konnte, hielt Magie für einen natürlichen Teil ihres Lebens.
    Es gab keinen Grund, warum ich ihrem Urteil in einer Sache misstrauen sollte, von der ich nichts verstand. Nur verstand ich eben auch nicht, warum ausgerechnet ich durch die Zeit gerutscht war und was das alles mit Alan zu tun hatte.
    Meine Gedanken drehten sich ergebnislos im Kreis. Irgendwann musste ich dann aber doch eingeschlafen sein, denn als mich das gleichmäßige Rauschen eines kräftigen Regenschauers weckte, nahm bereits das erste schwache Morgenlicht die Wunder der Nacht mit sich fort.
    Inzwischen war ich ganz gut mit den hiesigen Wetterkapriolen vertraut und verließ mich darauf, dass es im Laufe des Vormittags aufklaren würde, sobald sich die Wolken aus den Fängen der bewaldeten Anhöhen befreit hatten und allmählich die Sicht auf die wie mit frischem Grün gestrichene Landschaft freigaben. Jetzt aber hingen sie wie ungewaschene Lumpenfetzen über den Zweigen knorriger Kiefern. Ein Rinnsal begann sich um meine Füße zu schlängeln, und bevor ich endgültig in einer Pfütze lag, stand ich lieber auf. Vom weichen Bett im Castle verwöhnt, schmerzte mir jeder Knochen, als ich mich in die Vertikale quälte und das Plaid fest zusammenrollte: »Ich bin lahm, als hätte ich heute Nacht auf einer Streckbank gelegen.«
    Kaum hatte Brandubh meine Stimme gehört, kam er

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