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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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hinter mir her ins Wasser getrabt, das mir inzwischen schon bis zum Kinn reichte. Und dann passierte es. Ich trat auf etwas Spitzes, verlor das Gleichgewicht und wurde von den schnell dahinfließenden Fluten umgerissen. Wirbel zogen mich mehrmals unter Wasser, sobald ich versuchte, Luft zu holen. Panik ist das Letzte, was du jetzt gebrauchen kannst! , sagte ich mir immer wieder und kämpfte verbissen darum, nicht die Orientierung zu verlieren.
    Wer eine solche Situation nicht erlebt hat, hielte es kaum für möglich, aber in dieser Lage konnten selbst gute Schwimmer irgendwann nicht mehr unterscheiden, wo oben und unten war. Und ich konnte mich bestenfalls als mittelmäßige Schwimmerin bezeichnen. Schließlich bekam ich aber doch einen Ast zu fassen und klammerte mich daran fest. Japsend tauchte ich auf und schaute in ein besorgtes Gesicht mit den leuchtendsten grünen Augen, die ich je gesehen hatte.
    Hustend sah ich zu ihm auf. »Poseidon? Herrje, jetzt bin ich doch ertrunken. Wo ist mein Pferd?«
    Der Mann reichte mir seine Hand, um mich aus dem Wasser zu ziehen. Offenbar traute er dem morschen Holz nicht, das ich fest umklammert hielt. Im letzten Moment fiel mir meine unangemessene Bekleidung ein, und rasch zog ich den Arm zurück.
    »Bist du verrückt, Mädchen? Du holst dir den Tod, wenn du noch länger in diesem Eiswasser bleibst.«
    »Dreh dich um!«
    »Warum soll ich …?« Dann dämmerte Verstehen in seinem Gesicht, und er lachte: »Du hast die Wahl, entweder du
schwimmst weiter bis Cladaich, was ich dir nicht empfehlen würde, und steigst dort aus dem Fluss, oder du vergisst deine Schamhaftigkeit und kommst da endlich raus.«
    Der Mann hatte ja keine Ahnung, dass ich nur mit einem Hemd bekleidet ins Wasser gestiegen war. Aber er hatte Recht, meine Zähne schlugen bereits aufeinander, und wenn ich mich nicht bald trocknete und wärmte, würde ich mir ohne weiteres eine saftige Erkältung oder Schlimmeres einhandeln. Also fasste ich mir ein Herz, ergriff seine Hand und ließ mich von ihm an Land ziehen.
    An der Art, wie sich plötzlich seine Pupillen veränderten, erkannte ich, dass ich die Hoffnung aufgeben konnte, das Hemd würde irgendwelche Geheimnisse meiner Figur bewahren. Langsam begann ich zu glauben, dass meine eigentümliche Neigung zu stolpern oder ins Wasser zu fallen, Methode hatte. Wie nannte man diesen schottischen Wassergeist noch gleich, der häufig die Gestalt eines Pferdes annahm, um seine Opfer herbeizulocken? Each-uisge!
    Ich musste den Namen laut gesprochen haben, denn der Mann sah mich erschrocken an, und Brandubh schüttelte schnaubend seine Mähne – fast, als würde er mich auslachen.
    »Wer dich zum Freund hat, braucht auch keine Feinde mehr«, grollte ich, gab ihm einen Klaps aufs Hinterteil und bekam zum Dank seinen nassen Schweif zu spüren. »Du Teufel!«
    »Wie bitte?«
    »Nichts«, sagte ich, ohne mich umzudrehen. Konnte es sein, dass eine Spur Nervosität in der Stimme des Fremden mitgeklungen hatte? Er hielt mich offenbar für verrückt.
    So schnell es mit bloßen Füßen ging, lief ich hinter meinem Pferd her, das nun mit methodischem Gleichmut Gras rupfte und sich dabei beständig von uns entfernte.

    Warum war ich nass bis auf die Haut und Brandubh oberhalb der Beine trocken? Dafür gab es nur eine Erklärung: Er hatte eine Furt gefunden und war ganz bequem hindurchspaziert. Vielleicht stammte er wirklich aus der Anderswelt. Das würde zumindest erklären, warum er, aber nicht mein Packpferd die Zeitreise mitgemacht hatte.
    Mit klammen Fingern versuchte ich, das Kleiderbündel vom Sattel zu lösen. Erst jetzt bemerkte ich, dass es sich bei Brans Wasserwanderung gelöst hatte. Der Überrock schmiegte sich klitschnass an die Pferdebeine. Da hätte ich die Sachen auch gleich anbehalten können.
    Mein Retter kam herbeigeschlendert, und als ich seinen Blick bemerkte, war ich heilfroh, dass sich im Augenblick mindestens sechshundert Kilogramm Lebendpferd zwischen uns befanden.
    Der Mann bemerkte mein Unbehagen und war immerhin so anständig, nicht zu starren. Geschickt löste er das Plaid aus seiner Befestigung und schob es mir über den Sattel hinweg herüber.
    Rasch wickelte ich mich darin ein.
    »Ich wohne nicht weit.« Er zeigte auf eine in der Nähe stehende Kate. Das Dach war mit frischem Schilf gedeckt und die Mauern sogar geweißelt. Hühner spazierten herum, und ein paar Schafe grasten auf der Wiese vor dem Haus. »Dort kannst du dich trocknen und wieder halbwegs

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