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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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ordentlich zurechtmachen. Ein Unterhemd ist keine angemessene Bekleidung für eine junge Lady.«
    Ich bemühte mich, den breiten Dialekt der Küchenmädchen zu imitieren, und sagte: »Das bin ich nich. ’Ne Lady, mein ich.«
    Kommentarlos nahm er Brandubh am Zügel und ging mit
langen Schritten voran. Mir blieb nichts anders übrig, als ihm zu folgen. Während ich hinter dem Mann herstolperte, immer bemüht, nicht auf einen spitzen Stein oder in eine Distel zu treten, hatte ich Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten. Er war annähernd so groß wie Alan und wirkte trotz seiner muskelbepackten Schultern ebenso geschmeidig wie der Chieftain der MacCoinnaichs. Anders als Alan besaß er aber rotblondes, nicht einmal kinnlanges Haar, und seine Nase war scharf und gebogen wie der Schnabel eines Adlers.
    Am Cottage angekommen, sattelte er Brandubh mit routinierten Bewegungen ab und band ihn wenig später an einem Holzpfosten fest.
    Mit den Worten »Du siehst mir ziemlich ausgehungert aus«, warf er meinem Pferd ein Bündel frisch geschnittenes Gras hin. Seine Augen schauten dabei aber zu mir.
    Ich musste ihm zugutehalten, dass er nicht mehr versuchte, einen Blick auf meine bloßen Beine zu erhaschen, sondern mir direkt ins Gesicht sah.
    Er zog an dem Lederriemen, der durch ein Loch in der Tür heraushing, stieß sie auf und deutete eine ironische Verbeugung an. »Mylady!«
    Neugierig, wie es im Inneren seines Häuschens aussehen würde, und darauf gefasst, Frau und Kindern zu begegnen, folgte ich seiner Aufforderung. Vor dem Kamin machte ich halt. »Ich bin zwar keine Lady, aber auch so wüsste ich gern, wem ich für meine Rettung danken muss. Wie ist dein Name?«
    »Ewan Iverson.« Wieder klang in seiner Stimme ein Unterton mit, den ich schwer deuten konnte, etwa so, als erwarte er, dass ich den Namen schon einmal gehört hatte. Doch das war nicht der Fall.

    Schließlich schien er das auch zu begreifen und kniete sich vor den Kamin, um dem Torffeuer, das darin nur noch schwach glomm, zu neuem Leben zu verhelfen. Dankbar hielt ich den aufzüngelnden Flammen wenig später meine Hände entgegen.
    »Wenn du das Hemd ausziehst, trocknet es schneller«, bemerkte er beiläufig und griff nach einem Eimer. »Ich hole Wasser, damit kannst du dich nachher waschen, wenn du willst.«
    »Als ob ich heute nicht schon nass genug geworden wäre«, murmelte ich, aber das hatte Ewan offenbar nicht mehr gehört. Kaum war der draußen, zog ich mir blitzschnell das Hemd über den Kopf und hängte es zusammen mit dem nassen Rock zum Trocknen an einen Haken neben dem Kamin. Danach streifte ich einen der Unterröcke über, der wenigstens bis zur Wade reichte, und band mit klammen Fingern die Schleifen in der Taille zusammen. Die anderen Unterröcke waren auch nass geworden. Anschließend zwängte ich mich ins Mieder, das sich nur an einer Seite etwas feucht anfühlte, und wickelte schließlich das Plaid um die bloßen Schultern.
    Geschafft! Zumindest war ich jetzt, wenn auch nicht repräsentabel, so doch einigermaßen ordentlich bedeckt. Das Hemd fehlte natürlich, aber daran konnte ich, bis es trocken war, nichts ändern.
    Mein Gastgeber ließ sich mit seiner Rückkehr Zeit. Am blank gescheuerten Tisch sitzend, sah ich mich genauer um. Wie in den meisten Häusern, die ich aus Gleann Grianach kannte, gab es hier nur wenige Möbel. Ein paar Schemel, eine Truhe, drei Fässer und an der Wand ein paar Regalbretter, auf denen einfaches Geschirr stand. Löffel aus Horn und zwei Kupfertöpfe. Über dem Feuer hing ein großer Kessel, in dem
zweifellos seit den frühen Morgenstunden ein Eintopf köchelte. Eine schlichte Bretterwand teilte den Raum, und ich war nicht sicher, ob sich dahinter der Stall oder eine Schlafkammer befanden. Ich tippte auf Letzteres, denn es fehlte der typische Geruch, der darauf schließen ließ, dass Mensch und Tier unter einem Dach wohnten. Alles in allem wirkte das Haus sauber, und die abgegriffenen Bücher deuteten darauf hin, dass Ewan nicht nur lesen konnte, sondern dies auch gern tat. Außerdem schien er zu den glücklichen Bewohnern dieser Gegend zu gehören, die von den Überfällen der Engländer bisher verschont geblieben waren. Als ich mich umdrehte, stand er mit verschränkten Armen in der niedrigen Tür. »Nicht das, was du gewohnt bist, nehme ich an?«
    »Es gefällt mir.«
    »Der Besitzer würde sich freuen, das zu hören. Leider ist er kürzlich verstorben.«
    »Tut mir leid«, flüsterte ich.
    Er machte eine

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