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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Alan jetzt in der Tür meines Zimmers stand: Die Weste aufgeknöpft, das Halstuch gelockert, seine elegante Jacke in der einen Hand, die andere damit beschäftigt, die ihm ständig ins Gesicht fallenden Haarsträhnen zurückzuschieben.
    »Komm rein.« Ich kehrte ihm den Rücken zu, ging mit der Kerze in meiner Hand zum Bett und stellte sie auf dem Nachttisch ab. Er hatte so lange auf sich warten lassen, dass ich geglaubt hatte, mein stolzer Highlander würde heute gar nicht mehr kommen. Außerdem waren meine Füße inzwischen eiskalt geworden.
    Aber da stand er, und ich war gespannt auf seine Geschichte.
    »Es war nicht so, wie du denkst!«
    Mit diesen Worten begann seit Jahrtausenden jede Lüge. Ich raffte das lange Nachthemd in einer Hand und kletterte ins Bett hinauf. Dort klopfte ich mein Kissen zurecht und lehnte mich dagegen. Dann zog ich provozierend langsam die Bettdecke bis zum Kinn und beobachtete, wie Alan seine Jacke achtlos über einen Stuhl warf, ein paar Kerzen entzündete,
etwas Whisky einschenkte und sich schließlich in den Sessel vor dem Kamin fallen ließ.
    Über dieses ständige Trinken würden wir demnächst einmal ernsthaft reden müssen. Dessen ungeachtet, fand ich, dass er selten attraktiver ausgesehen hatte. Seine ausdrucksvollen Augen blickten müde, die langen dunklen Wimpern konnte ich nicht sehen, aber ich wusste, dass sie da waren und sich wie Schmetterlingsflügel anfühlen würden, wenn er seine Wange an meinen Hals legte, wie er es gern in den frühen Morgenstunden tat, wenn wir, noch gefangen vom Schlaf, gemeinsam die Wolken beobachteten, wie sie von der aufgehenden Sonne mit immer wieder neuen Farben aquarelliert wurden. Er drehte den Kopf ein wenig, und jetzt malte das Kaminfeuer zuckende Schatten auf sein Gesicht und betonte mal die hohen Wangenknochen, mal das entschlossen wirkende Kinn. Die dunklen Bartstoppeln würden kratzen, wenn er mich küsste, aber seine Lippen wären weich und sanft. Die Erinnerung an seine Küsse ließ mich lächeln.
    »Ich habe nie mit ihr geschlafen.«
    Ich schwieg und wartete auf ein Aber .
    »Es kommt manchmal vor, dass sich eine Frau mehr als nur eine gemeinsame Nacht erhofft, wenn sie ihrem Chieftain zu Willen ist, aber mein Vater hatte mich beizeiten gewarnt: Die jungen Dinger lassen sich leicht von einem schönen Gesicht und einer prallgefüllten Geldbörse beeindrucken, mein Sohn. Eine verheiratete Frau dagegen weiß, was sie tut, und wenn sie schwanger wird, dann ist das auch kein Unglück.
    Alan wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. »Diesen Rat habe ich beherzigt.«
    Eine Kerze flackerte, und er sah so lange wortlos in das unruhige Licht, dass ich schon glaubte, dies sei das Ende seiner
Erzählung. Vollkommen unerwartet schoss seine Hand vor, und er drückte die Flamme zwischen seinem Daumen und dem Zeigefinger aus, als würde er die Hitze gar nicht spüren. »Ich habe mich so lange daran gehalten, bis ich dir begegnet bin und prompt mein Herz verloren habe.«
    Die letzten Worte waren so leise gesprochen, dass ich sie über dem Zischen des verglühenden Dochts kaum hören konnte.
    »Natürlich bemerkte ich, wie Senga mich mit sehnsüchtigen Blicken verfolgte, wenn ich ihr im Dorf begegnete, aber ich habe das dummerweise nur für eine kindliche Schwärmerei gehalten. Als sie mich vor einiger Zeit um eine Anstellung hier im Castle bat, da machte sie einen ganz vernünftigen Eindruck und erzählte mir von einem Freund, den sie später einmal heiraten wolle. Sie galt allgemein als gut erzogenes Mädchen und hatte von ihrem Vater sogar ein paar Worte Englisch gelernt, deshalb schien sie mir ideal für den Posten als Zofe zu sein.«
    »Sie hat ihren Freundinnen vorgeschwindelt, sie wäre seit drei Jahren deine heimliche Geliebte. Die Mädchen glauben, dass sie davon träumte, eines Tages selbst einmal Herrin von Castle Grianach zu werden.«
    »Duncan hat mir heute davon erzählt. Hätte ich das geahnt, ich hätte sie nie ins Herrenhaus geholt.«
    »Ich weiß. Und nun komm ins Bett, es ist spät.«
    Alan schaute mich ungläubig an. Und dann blies er alle Kerzen aus und schlüpfte wenig später unter meine Decke.
    »Das Licht hättest du ruhig anlassen können, während du dich ausziehst.«
    Er lachte leise. »Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie sehr ich dich liebe, Joanna?«

    Am nächsten Morgen wachte ich von den sanften Berührungen der Schmetterlingsflügel-Wimpern an meinem Hals auf.
    Wie viele Beweise wollte ich noch

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