Wind Der Zeiten
Herbstmarkt zu treiben und den jungen Männern das Kämpfen mit dem Schwert und anderen Waffen beizubringen. Außerdem würde ein guter Chief immer bemüht sein, Unheil von seinen Leuten abzuwenden, sofern das in seiner Macht steht. Deshalb, so sagt er, sei sein Bruder auch momentan so angespannt, weil es diese schrecklichen Überfälle gäbe.
Seit ich das weiß, verstehe ich auch, warum er so selten mit uns diniert und sich sonst kaum um uns kümmert. Lachlan sagt, seine Familie, anders als die meisten Adligen, sehe auch keine Schande darin, Handel zu treiben. Dank dieser Unternehmungen ginge es den MacCoinnaichs sehr viel besser als vielen anderen Hochlandclans. Als Gegenleistung verrichteten die Pächter bestimmte Arbeiten für ihren Chief und die Gemeinschaft. Ist das nicht wunderbar?«
»Das ist es.« Alans Bruder stieg um einiges in meinem Ansehen. Marys Lächeln nach zu urteilen, konnte er ohnehin nichts Falsches sagen oder tun. »Wolltest du mir nicht erzählen, was du über die Zofe weißt?«, riss ich sie aus ihren Träumereien.
»Natürlich, entschuldige.« Vorsichtig nippte sie noch einmal an ihrem Whisky und verzog das Gesicht. »Ich begann
bald zu vermuten, dass Anabelle und die Zofe etwas planten. Senga schien einen tiefen Groll gegen dich zu hegen, und meine Cousine schürte diese Abneigung bei jeder Gelegenheit. Ich war froh, wenn Lachlan mir Gesellschaft leistete und ich der beklemmenden Stimmung entkommen konnte, die in unserem Appartement herrschte.« Mary erzählte weiter, wie dankbar sie für Lachlans Freundlichkeit gewesen sei und wie sie irgendwann froh war, dass Alan immer noch keinen Hochzeitstermin festgesetzt hatte. Lachlan sei so viel heiterer und liebenswürdiger als sein Bruder, vor dem sie regelrecht Angst zu haben schien.
Kein Wunder, dachte ich, schließlich hat sich Alan ihr gegenüber wirklich scheußlich verhalten. Mit dem Grad ihrer Zuneigung zu Lachlan schien sich auch ihre Einstellung zu mir geändert zu haben: »Irgendwann konnte ich nicht einmal mehr eifersüchtig auf dich sein. Du warst nie unfreundlich zu mir, und solange du in der Nähe des Barons warst, interessierte er sich wenigstens nicht für seinen Bruder oder mich.« Sie seufzte. »Wenn nur mein Oheim nicht darauf bestehen würde, dass ich ihn heirate. Ich habe ihm schon mehrere Briefe nach Argyle geschrieben und ihn angefleht, mich aus dieser Verpflichtung zu entlassen. Welchen Unterschied kann es für ihn bedeuten, ob ich mit dem Baron oder mit seinem Bruder verheiratet bin? Mir jedenfalls ist der Titel gleichgültig.«
Diese Frage stellte ich mir schon seit längerem, beantworten konnte ich sie leider auch nicht. »Und was meint Lachlan? «, fragte ich stattdessen.
»Er sagt, er würde eher mit mir durchbrennen, bevor er zusieht, wie ich seinen Bruder heiraten muss. Und er will mit dir sprechen, weil er glaubt, du könntest ein gutes Wort
für uns einlegen. Der Chief will mich doch gar nicht haben, warum besteht er nur darauf, dass wir heiraten? Aber dann wurdest du krank, und niemand durfte zu dir, außer Mòrag und ihm. Er hat immerzu gebrüllt und wollte wissen, ob wir etwas mit deiner Vergiftung zu tun hatten. Es war fürchterlich, ich hatte solche Angst. Und als Lachlan mich beschützen wollte, hat er ihn sogar geschlagen. Seinen eigenen Bruder! Noch nie in meinem Leben habe ich einen Menschen so wütend gesehen. Seine seltsamen Augen leuchteten, als ob der Leibhaftige persönlich in ihn gefahren wäre. Vielleicht stimmt es doch, und er ist gar kein richtiger Mensch.« Die Angst stand ihr immer noch ins Gesicht geschrieben.
»Mary! Mary, hör mir zu!« Am liebsten hätte ich sie geschüttelt. »Alan ist kein Ungeheuer. Es stimmt schon, er kann manchmal etwas aufbrausend sein, und ich gebe zu, er hat sich dir gegenüber unmöglich verhalten, aber diesem Gerede über seine Abstammung darfst du keinen Glauben schenken. Er ist ein guter Mann.«
Sie nickte, aber ich hatte nicht den Eindruck, als ob sie mir wirklich glaubte. Immerhin hörten ihre Hände auf zu zittern, und sie sprach stockend weiter: »Ich habe mir ein Herz gefasst und bin in dein Zimmer geschlichen, um selbst mit dir zu sprechen. Doch du hast geschlafen, und am nächsten Morgen warst du fort.«
Allmählich ging mir ein Licht auf. »Danach hast du dich mit Lachlan getroffen?«
Das Blut schoss ihr ins Gesicht. »Es ist nichts Unrechtes geschehen. Wir waren auf dem Turm, und Lachlan wollte sich auf dem Rückweg nur vergewissern, dass kein
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