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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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und ich hätte schwören können, dass die Sonne daraufhin ein wenig heller schien. Zufrieden mit meiner Entscheidung schenkte ich mir ein Glas Wein ein und prostete der Landschaft zu. »Auf unser Geheimnis.«
    Von meinem Platz auf dem Felsvorsprung aus blickte ich über ein Tal wie aus einer Hochglanz-Werbebroschüre für Schottland. Inklusive des malerischen Sees, Loch nennen sie das hier, korrigierte ich mich in Gedanken, und einer Burg.
    Von diesem Castle hatte Iain nichts erzählt. Dabei wusste er doch, dass ich mich für solche Dinge interessierte. In
Cladaich gab es die kürzlich renovierten Überreste einer Festung. Den wehrhaften Turm des ehemaligen Stammsitzes der Mackenzies von Cladaich hatte ich erst vor wenigen Tagen wieder einmal bestiegen, um über das Meer zu blicken. Dabei war ich beinahe von einer Welle enthusiastischer Menschen überrollt worden, die sich mit lauter Stimme und amerikanischem Akzent über ihre Herkunft unterhielten. Sie alle hielten sich für Nachfahren schottischer Mackenzies und waren zu einem der jährlichen Clantreffen unterwegs.
    Lächelnd erinnerte ich mich an ihren Eifer, die gälischen Worte des Reiseführers nachzusprechen. Dann sah ich wieder ins Tal vor mir und kniff dabei die Augen zusammen, um besser sehen zu können. In der glatten Wasseroberfläche spiegelte sich deutlich ein wehrhafter Burgturm mit großzügigem Wohnhaus und Wirtschaftsgebäuden, doch als ich die Hänge dahinter absuchte, sah ich nun nur Ruinen. Merkwürdig. Offenbar hatte ich zu viel von dem köstlichen Rotwein getrunken, vielleicht hatte ja auch die Freude über den Fund meine Fantasie inspiriert. Sicherheitshalber verkorkte ich die Weinflasche und sah mich nach den Tieren um. Gerade rechtzeitig, denn das Packpferd hatte sich mit einem Huf im Schlafsack verfangen und sprang entsetzt direkt auf den Bach zu, der Stoff flatterte wild hinter ihm her. Immer mehr geriet das Tier in Panik, und ich sprang auf, um es einzufangen, bevor mein Nachtquartier ins Wasser fiel. Als ich den Bach erreichte, konnte ich den Schlafsack gerade noch erwischen. Während er trocken am Ufer liegen blieb, verlor ich auf dem Geröll das Gleichgewicht und landete im eiskalten Bach. Immerhin hatte ich dabei noch die Zügel des dummen Tiers erwischt. Beim Versuch, mich wieder aufzurichten, glitt allerdings mein linker Fuß auf einem der rundgewaschenen Felsbrocken aus, und
danach waren nicht nur meine Schuhe vollkommen durchnässt, sondern die gesamte Kleidung.
    »Aller guten Dinge sind drei.«
    Erschrocken blickte ich auf und sah den geheimnisvollen Fremden aus dem Schatten der Bäume treten. Er klatschte langsam in die Hände, als wollte er mir spöttischen Applaus spenden, seine Mundwinkel zucken dabei.
    Mir verschlug es die Sprache. Aus meinem unbekannten Retter im Designerlook war ein Highlander wie aus dem Geschichtsbuch geworden. Seine Füße steckten in weichen Lederschuhen, die kräftigen, langen Beine waren bis zum Knie von einer Art Strumpf umhüllt. Eine Handbreit darüber begann der Kilt. Der Wollstoff war in gedeckten Rot- und Brauntönen gemustert und wurde von einem mächtigen Ledergürtel zusammengefasst, der lässig auf den schmalen Hüften des Mannes ruhte. An seiner Schulter hielt eine silberne Brosche den gewickelten Stoff fest. Dazu trug er ein helles Leinenhemd mit weiten Ärmeln. Glattes schwarzes Haar fiel ihm offen bis über die breiten Schultern.
    Mir war bisher nicht aufgefallen, dass er so lange Haare hatte. Obwohl ich nicht sehen konnte, ob er Waffen trug, wirkte er sehr gefährlich. Die Haltung, hoch aufgerichtet und selbstbewusst, war gespannt, als sei er bereit, sofort loszuspringen. Vor mir stand ein Krieger, der mit undeutbarem Gesichtsausdruck meine stumme Musterung über sich ergehen ließ.
    Endlich löste sich meine Starre. »Verdammt. Was stehen Sie da rum? Helfen Sie mir lieber aus diesem Eisloch.«
    Er runzelte die Stirn und ich dachte schon, er würde sich umdrehen und wieder im Unterholz verschwinden. Dann aber schien seine gute Seite Oberhand zu gewinnen. Er trat ganz
auf mich zu, streckte die Hand aus und zog mich mit Schwung aus dem Bach. Das Pferd, dessen Zügel ich immer noch fest umklammert hielt, kam prustend hinterhergetrabt.
    »Lach mich nur aus, du Ungeheuer!«, knurrte ich.
    »Meinst du mich?«
    Dieses Mal sah ich das Lächeln deutlich. Ach, nein. Nicht auch das noch – er hatte den Hauch eines Grübchens in seiner linken Wange, wenn er lächelte. So ein Anblick ließ mich

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