Wind Der Zeiten
er aus einer hässlichen Kopfwunde blutete.
Seine Lippen bewegten sich, und er flüsterte eindringlich: »Es hat begonnen. Du musst fort von hier. Lauf.«
»Himmel, du hast dir den Kopf angeschlagen.«
Alan redete inzwischen weiter, doch ich konnte nichts von dem verstehen, was er sagte.
Die Wunde sah nicht gut aus. Kaum kniete ich neben ihm auf dem Boden, um seine Verletzung näher zu untersuchen, kam heftiger Wind auf. Trockene Blätter wirbelten durch die Luft. Die Temperatur fiel sehr schnell, es wurde dunkler und auf einmal ganz still. So, als hätte jemand ein Glas über uns gestülpt und damit von der Außenwelt abgeschnitten. Um uns herum brauste das Inferno, und hier erstarb alles Leben. Wir befanden uns genau in der Mitte des vermaledeiten Feenkreises. Himmel, was geschah mit uns? Verzweifelt versuchte ich mich an die Einzelheiten meines Erste-Hilfe-Kurses zu erinnern, als ich sah, wie blass der Mann vor mir geworden war. Was war mit diesem verflixten Wetter los? Zitternd griff ich nach seiner Hand. Angst schnürte meine Kehle zu. Der Puls ließ sich kaum noch ertasten. Die Augenlider flatterten noch einmal, danach lag er ganz still. Kalter Schweiß rann über meinen Rücken, mir wurde schwindelig und gleich darauf furchtbar übel. O Gott. Ich würde mich doch nicht über den leblos Daliegenden erbrechen? Kraftlos sackte mein Körper nach vorn. Alans Herzschlag drang schwach an mein Ohr. Er lebt.
Dann kam die Dunkelheit, und ich verlor das Bewusstsein.
3
Am Steinkreis
D aingead! Verdammt! Jemand hat den Gleanngrianach erschlagen. «
Etwas Kaltes berührte meine Schulter, und gleich darauf fühlte ich, wie das Plaid herabrutschte.
Gelächter erklang. »Zumindest hat er vorher noch seinen
Spaß gehabt.« Ein paar zotige Bemerkungen fielen.
Die kehligen Worte konnte ich nicht verstehen, aber dieser
Tonfall war universell. Die Männer lachten erneut.
Vorsichtig, damit sie nicht bemerkten, dass ich sehr wohl am Leben war, blinzelte ich zwischen meinen Haarsträhnen hindurch. Dieses eine Mal war ich froh, dass von meinem ordentlich geflochtenen Zopf nach dem überstandenen Sturm nicht mehr viel übrig geblieben war und sich die Haare wie ein dichter Vorhang über mein Gesicht legten.
Direkt vor mir wuchsen zwei stachelige Männerbeine nach oben, und ich durfte das zweifelhafte Vergnügen auskosten, aus dieser Perspektive weiter unter einen Kilt schauen zu können, als mir lieb war. Trugen diese Kerle etwa keine Unterwäsche? Unter mir bewegte sich irgendetwas. Alan – er lebte. Doch mein erleichterter Seufzer verkam zu einem Fauchen, denn er stieß mich grob beiseite und sprang auf. Schallendes Gelächter beantwortete Alans saftigen Fluch, von dem ich genügend verstanden hatte, um rot zu werden.
»Was wollt ihr hier?«, knurrte er die drei Männer an, die offenbar keine Fremden für ihn waren.
Na großartig. Vier Freunde im Highlander-Kostüm und ich splitternackt unter ein wenig kariertem Stoff zu ihren Füßen. Wie viel entwürdigender konnte die Situation noch werden?
Alan hatte nun offenbar den Grund der allgemeinen Heiterkeit erkannt und folgte dem Blick der anderen. Ein anerkennendes Schmunzeln erschien in seinen Mundwinkeln, bevor er sagte: »Mädchen, hast du den Verstand verloren? Bedecke deine Blöße.«
Oder zumindest glaubte ich, dass er das sagte, denn der Mann sprach das eigenartigste Gälisch, das ich je gehört hatte. Es klang ein wenig wie das, was mir Angus beigebracht hatte, aber irgendwie rauer und ungeschliffener.
Ein enttäuschtes Raunen war zu vernehmen, als ich eiligst seinem Rat folgte und versuchte aufzustehen, ohne dem interessierten Publikum noch mehr Haut zu zeigen.
Einem der Männer, ein großer rothaariger Kerl, fehlten die oberen Schneidezähne, deshalb klang es eher wie ein Zischen, als er sagte: »Hey, nicht so schüchtern. Wir wollen auch unseren Spaß.«
Wütend funkelte ich ihn an. Es wurde Zeit klarzustellen, dass sie es nicht mit einem hilflosen Schäfchen zu tun hatten: »Du bist wohl nicht ganz richtig im Kopf, Bruder. Keine Ahnung, wie es in deiner Traumwelt aussieht, aber hier könnte ich dich für diesen Spruch verklagen, verstehst du? Schon mal was von sexueller Belästigung gehört?«
Der Mann sah mich einen Moment lang verblüfft an. Dann packte er mich am Arm, versuchte, mir das Plaid herunterzureißen und knurrte: » Sasannach . Eine englische Hure ist es nicht wert, den Tartan des Chiefs zu tragen.«
Das reichte. »Nimm deine
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