Wind Der Zeiten
bevorstehende Hochzeit hatte mir die Laune nun endgültig verdorben, und meine Stimme klang ziemlich scharf, als ich Mòrag das Versprechen abnahm, nichts über meine Begegnung mit der Seherin auszuplaudern. In ihren Augen sah ich ein Funkeln, und ich war mir sicher, dass
zumindest Duncan spätestens heute Abend einen ausführlichen Bericht erhalten würde.
Bis wir das Haus der Schneiderin erreicht hatten, hing jede von uns ihren Gedanken nach. Dieses Cottage war größer und reinlicher als Kennas Hütte, und der abgetrennte Teil, in dem die Truhen mit den Stoffen standen, war nicht aus festgetretenem Lehm, sondern mit saubergefegten Steinen gepflastert. Vor einem Fenster hatte man Webrahmen aufgestellt, an denen zwei sehr junge Mädchen, fast noch Kinder, arbeiteten.
Mòrag befühlte fachmännisch die Qualität des Leinens und wählte mehrere Ellen Stoff aus. Dann verlangte sie nach einer fertiggenähten Haube und einer Schürze für mich. Als alles eingepackt war, griff sie nach einem hellbraun gestreiften Leinenrock mit passendem Oberteil in einem satten Haselnussfarbton, der zusammen mit anderen Kleidern an großen Wandhaken hing. Ich wurde hinter einen Vorhang zur Anprobe geschickt, und als ich wieder hervorkam, lächelte Mòrag zufrieden: »Ich wusste, dass dir diese Farbe steht. Mit ein paar Änderungen wirst du wunderbar darin aussehen.« Sie wandte sich zur Schneiderin. »Allerdings braucht sie ein neues Mieder. Dieses hier passt überhaupt nicht«
»So kleine Mieder habe ich nicht. Nur eines für deine Cousine, aber die ist noch flach wie ein Brett«, ergänzte die Schneiderin mit einem vielsagenden Blick auf mein Dekolleté.
»Dann muss dies erst einmal genügen. Wie lange wirst du brauchen, bis du ihr ein neues gemacht hast?«
Die Frau nahm Maß an mir und versprach, das gewünschte Kleidungsstück so rasch wie möglich fertigzustellen.
Mein Einwurf: »Aber bitte nicht zu eng«, wurde von beiden ignoriert. Ich kam mir vor wie damals, als eine verschüchterte
neunjährige Johanna zur Kommunion eingekleidet worden war. Da hatte der Widerspruch gegen ein blassrosa Kleidchen mit Schleifen und schrecklich vielen Rüschen auch keinen Erfolg gehabt, und so hielt ich meinen Mund.
Als Mòrag auf einen weichen Wollstoff zeigte, der ein Karomuster von vier oder fünf wunderbar sanften Rot- und Brauntönen zeigte, war ich sofort begeistert, doch die Schneiderin protestierte: »Das ist für die zukünftige Frau des Gleanngrianach . Außer seinen engsten Verwandten darf niemand diesen Tartan tragen.«
»Joanna gehört zur Familie. Es würde mich wundern, wenn ausgerechnet du das noch nicht gehört hättest«, widersprach Mòrag schnippisch.
»Ich habe auch gehört, dass sein Bruder von dieser irischen Verwandtschaft keine Ahnung hatte.« Die Frau warf mir einen abfälligen Blick zu, als habe sie eine genaue Vorstellung, warum, und vielleicht auch, wo Alan mich aufgegabelt hatte.
»Zweifelst du etwa das Wort des Gleanngrianach an? Du weißt, was passiert, wenn er wütend wird. Außerdem bezahlt er dir gutes Geld für deine Arbeit, und das müsste er weiß Gott nicht tun, nach allem, was dein nutzloser Sohn ihn schon gekostet hat.«
»Also gut, auf deine Verantwortung. Ich will ihn auch nicht verärgern. Ich schicke meinen Sohn, sobald ich Mieder und Kleid fertig habe. Sag deinem Vater, dass er dann mein Geld bereithalten soll.«
Wir schnappten uns jeder ein Bündel, und kaum war die Tür hinter uns geschlossen, sagte Mòrag: »William wird ihren Lohn in der Schänke versaufen, anstatt ihn brav zur Mutter nach Hause zu bringen. Sie ist verrückt, diesem Kerl zu vertrauen. «
Während wir den Weg zur Burg einschlugen, erzählte sie mir, dass der Sohn der Schneiderin auch zu der Truppe um Lachlan gehörte und regelmäßig dabei war, wenn es irgendwo Ärger gab. Schon zwei Mal hatte Lachlan ihn bei einem anderen Clan auslösen müssen. Sein Vater, ein MacDonnell, der hier im Tal gelebt hatte, war während des Aufstands 1715 in der Schlacht bei Sheriffmuir gefallen, seine Mutter, eine Mackenzie aus Cladaich, hatte sich einen guten Namen als Schneiderin gemacht, und weil die MacCoinnaichs mehr Geld besaßen, um es für feine Stoffe und Kleider auszugeben, war sie hiergeblieben, statt nach dem Tod des Ehemanns zu ihrer Familie zurückzukehren. Wohl auch, weil es dort sehr viel unsicherer war als im Einflussgebiet des Gleanngrianach , wie alle hier Alan ehrfurchtsvoll nannten.
Erstaunt erfuhr ich, dass die
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