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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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war ich einmal froh darüber, so klein und schmal zu sein.
    »Wo badet ihr eigentlich?«, fragte ich Mòrag, als sie die Tür zu meinem neuen Zimmer aufdrückte.
    »Wir?« Sie lachte »Die meisten waschen sich sonntags das Gesicht, das muss genügen. Aber Lady Keriann, die erste Frau des alten Chieftains, hat angeordnet, dass alle, die hier arbeiten, sich wenigstens einmal pro Woche richtig waschen, und sie hat das auch kontrolliert. Wer immer noch stank oder schmutzig war, den ließ sie im Hof öffentlich mit kaltem Wasser übergießen und abschrubben. Glaube mir, seitdem hat sich zumindest hier oben einiges getan, und manchmal wird mir regelrecht schlecht, wenn ich bei irgendeiner Versammlung in die Halle muss, so stinken manche Leute.« Sie schüttelte sich. »Jedenfalls ist das Baden noch die einfachste Art, sauber zu werden. Im Winter hoffe ich immer, dass in der Küche warmes Wasser übrig ist. Jetzt im Frühjahr gehe ich lieber zum Weiher. Da waschen wir auch unsere Fässer unter einem kleinen Wasserfall aus, und wenn man zu mehreren ist, dann kann eine immer aufpassen, dass die Burschen uns nicht heimlich beobachten. Oder wir gehen zum See hinunter. Dort gibt es ein paar versteckte Stellen, aber das lohnt sich nur, wenn du sowieso im Tal zu tun hast.«
    Ich dachte daran, wie selbstverständlich die morgendliche Dusche für mich bisher gewesen war, und sehnte mich einen Augenblick lang zurück in meine Zeit. Als ich dann auch noch in Mòrags freundliches Gesicht blickte, dessen lebhafte
Mimik mich an meine zurückgelassene Freundin erinnerte – die beiden hatten sogar das gleiche widerspenstige rote Haar –, wollte das Heimweh mich fast überwältigen. Schnell wandte ich mich ab und fragte über die Schulter: »Zeigst du mir demnächst den Weg zu diesem Weiher?«
    Sie versprach es, und als ich nichts mehr sagte, schloss sie nach einer Weile behutsam die Tür hinter sich. Ich trocknete die Tränen mit einem Schürzenzipfel, und weil ich kein Taschentuch besaß, fuhr ich mir damit auch blitzschnell unter der Nase lang. Es sah mich ja niemand.
    Es war ein wenig stickig, deshalb öffnete ich ein Fenster und ließ frische Luft herein, danach sah ich mich um. Der Raum war im Grundriss das Spiegelbild von Alans Zimmer, das sich, wie ich vermutete, nebenan befand. Dieser Gedanke ließ mein Herz schneller schlagen. Und dann entdeckte ich in den Holzpaneelen eine auf den ersten Blick kaum sichtbare Tür, die ins Nachbarzimmer führen musste. Eine Klinke fehlte, und als ich leicht dagegendrückte, bewegte sich nichts. Wahrscheinlich gab es einen geheimen Mechanismus, den nur Eingeweihte kannten. Alan beispielsweise.
    Automatisch fiel mein Blick auf das Bett. Es besaß, so kam es mir jedenfalls vor, die gleichen Maße wie sein Pendant im Herrenschlafzimmer. Die Samtvorhänge waren aufgezogen und gaben den Blick frei auf feinste, spitzenverzierte Bettwäsche und unzählige Kissen. Aha, das war ein Unterschied. Müde stieg ich hinauf und ließ mich in diesen wahrgewordenen Mädchentraum sinken. Die Beine fühlten sich von der Wanderung in ungewohnt leichtem Schuhwerk ganz lahm an, darum streifte ich meine flachen Slipper ab. Die Strümpfe flogen gleich hinterher, und ich inspizierte eine Blase, die sich auf der linken Fußsohle gebildet hatte. Verdammt! Ärgerlich
humpelte ich zum Kamin zurück, neben dem eine Waschschüssel stand.
    Bevor ich meinen Fuß darin badete, wusch ich mich aber besser selbst. Also hopste ich einbeinig zur Tür, drehte den großen Schlüssel im Schloss um, kehrte zurück und zog erleichtert den Rest meiner Kleidung aus. Zugegeben, es war bestenfalls eine Katzenwäsche, nach der ich mir die Zähne mit dem Zipfel eines Leinentuches putzte und meinen Mund mit einem erfrischenden Minzwasser ausspülte, das glücklicherweise auf dem Waschtisch bereitstand. Das musste für heute reichen. Den Rest des Seifenwassers benutzte ich, um darin meine wunden Füße zu kühlen.
    Bald warfen die Bäume lange Schatten, es wurde frisch, und ich schloss sicherheitshalber das Fenster. Vermutlich lebten die Highland-Midges schon weit länger hier als jeder Mensch, und ich hatte keine Lust, von diesen winzigen Mücken aufgefressen zu werden.
    Von den Erlebnissen des Tages müde geworden, kuschelte ich mich weniger später in meine Kissen und war im Nu eingeschlafen.
     
    Am Morgen weckte mich lautes Klopfen. Die Tür war noch versperrt, und eilig sprang ich aus dem Bett und öffnete sie für Mòrag, die mit einem

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