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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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steckte.
    »Hier bist du. Ich habe dich schon überall gesucht.« Dann schaute sie mich genauer an. »Großer Gott. Du bist rot im Gesicht. Hast du etwa den ganzen Tag in der Sonne gesessen? «
    Zu spät erinnerte ich mich, dass zum gängigen Schönheitsideal dieser Zeit neben der schmalen Taille und runden Hüften auch ein blasser Teint gehörte. Meine Wangen brannten, wenn auch nicht gerade vor Scham – vermutlich hatte ich mir wirklich einen saftigen Sonnenbrand eingefangen. Trotz der dunklen Haare war meine Haut von Natur aus ganz hell und äußerst empfindlich.
     
    Mit schlechtem Gewissen folgte ich Mòrag, die gekommen war, um mich für die Anprobe zu ihrer Mutter zu bringen. Neugierig ging ich an ihrer Seite über den Hof und dann einen Pfad entlang, der mir vorher noch nicht aufgefallen war. Wir durchquerten das Tannenwäldchen östlich des Herrenhauses und standen nach wenigen Minuten vor einer Reihe sorgfältig geweißelter Häuser, von denen aus man ebenfalls einen herrlichen Blick über das Tal hatte. Ich erinnerte mich
daran, sie bereits vom Turm aus gesehen zu haben. Hier wohnte also der Verwalter Angus MacRath mit seiner Familie.
    Als wir näher kamen, bellten Hunde. Dolina erschien in der Tür und jagte ein aufgeschrecktes Huhn vor sich her. Kaum erblickte sie mein Gesicht, schrie sie auf: »Mädchen. Du hast einen Sonnenbrand. Kommt schnell herein.«
    Drinnen standen wir gleich in der Küche. Im Kamin hingen Kessel an einem Eisenhaken, und an der Wand stand ein großer Küchenschrank, auf dessen Regalen Teller und Becher kopfüber gestapelt waren, daneben zwei große Holzfässer. Auf einem thronte eine Katze, die mich aufmerksam betrachtete. An den dicken Balken unter der Decke hingen Schaffelle, diverse Küchenutensilien und Kräuter zum Trocknen. Die Mitte des Raums wurde von einem fast weiß gescheuerten Tisch dominiert, und an den Wänden waren Stühle und Bänke aufgereiht. Links gab es ein weiteres Zimmer, vielleicht der Schlafraum, und geradeaus führte eine schmale Stiege nach oben. Aber auch hier bestand der Boden aus festgestampfter Erde, und nur um die Feuerstelle herum lagen flache Steinplatten. Was für ein Unterschied zum Herrenhaus. Dabei schien Angus ein angesehener Mann zu sein, und doch lebte er vergleichsweise bescheiden.
    Dolina verschwand im Nebenraum. Kurz darauf kehrte sie mit einem Tontopf unter dem Arm zurück. »So, jetzt legst du deinen Kopf in den Nacken. Schließ die Augen«, befahl sie, und kurz darauf spürte ich, wie eine erfrischende Kühle das Brennen verdrängte.
    »Was ist das?« Meine Stimme klang ganz dumpf.
    »Quark. Und nun halt still, wir können auch so deine Maße nehmen.« Was sie damit vorhatten, wollten sie mir nicht verraten.

    Ich spürte, wie Mutter und Tochter mir Mieder und Rock aufschnürten und ich schließlich nur noch im Hemd vor ihnen stand. Dann begann ein Messen und Flüstern, einmal musste ich lachen, weil mich irgendetwas kitzelte, und der Quark wäre fast von meinem Gesicht gerutscht. »Seid ihr bald fertig? Ich kriege einen ganz steifen Hals«, klagte ich, und endlich nahm Dolina die inzwischen warm gewordene Masse ab und trocknete mit dem Tuch mein Gesicht.
    »Morgen bist du braun wie eine Bäuerin«, jammerte sie. »Was wird nur der Gleanngrianach dazu sagen?«
    Das war mir im Moment ganz gleich, wichtiger fand ich die Frage nach der Badestelle, von der Mòrag mir erzählt hatte. Ein Tümpel und eisiges Wasser aus den Bergen hatten zwar wenig mit dem Luxus einer heißen Dusche gemein, aber ich sehnte mich so sehr danach, unter einem kräftigen Strahl fließenden Wassers zu stehen, dass ich die Kälte in Kauf nehmen wollte. Also fragte ich danach, und Dolina willigte ein, uns zum Wasserfall zu begleiten.
    Mit einem Bündel Leinentücher, davon schien es hier immer ausreichend zu geben, machten wir uns auf den Weg, und wenig später planschten Mòrag und ich übermütig in dem eisigen Bergwasser. Nachdem ich gründlich den Schmutz des vergangenen Tages abgeschrubbt hatte, hüpfte ich noch einmal unter den Wasserfall, während sie, in ein Handtuch gewickelt, mühsam versuchte, ihre roten Locken zu entwirren. Zitternd vor Kälte griff ich schließlich auch nach einem der Tücher, die Dolina in der Sonne auf einem Felsen ausgelegt hatte, um sie anzuwärmen.
    »Du hast eine fantastische Figur.« Bewundernd sah mich Mòrag an. »Ich wünschte, ich hätte auch diese schmale Taille und so einen Busen. Ich bin da viel zu platt«, seufzte sie

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