Wind Der Zeiten
und
drückte die Brüste zusammen, wie um ihre Worte zu unterstreichen.
»Ich wollte immer so groß und schlank sein wie du«, gestand ich ihr und dachte dabei an meinen Exverlobten, der nie mit mir zufrieden gewesen war. »Aber ich kann es nicht ändern, ich bin eben klein, und wachsen werde ich sicher genauso wenig, wie du schrumpfen wirst. Um deine Brüste musst du dir keine Gedanken machen, spätestens nach dem ersten Kind …«
»Genug geredet«, mahnte Dolina und flocht erst mir und dann ihrer Tochter das Haar zu festen Zöpfen. Ich bekam ein neues Hemd aus feinem Leinen und musste mir eine Haube aufsetzen lassen, damit man meine nassen Haare nicht sah. Darüber zog ich das neue Mieder, das die Schneiderin heute geschickt hatte.
Es passte wie angegossen, und obwohl ich mich beklagte, Mòrag schnüre es unnötig fest, zog sie noch einmal alle Bänder nach, bis mir fast die Luft wegblieb. Außerdem hatte Dolina einen anderen Rock und ein leichtes Jäckchen mitgebracht, die sie mir jetzt überstreifte. Mòrag sang fröhlich ein Lied, in dem es sich natürlich um Liebe drehte.
Ich bezweifelte wirklich, dass ihre Eltern nichts von der Verliebtheit ihrer Tochter wussten. Sie hätten blind und taub sein müssen, um es nicht zu bemerken. Ihre Lebensfreude steckte mich an, und zusammen eilten wir mit Dolinas Erlaubnis zum Herrenhaus, wo sich in der Eingangshalle zwei große Spiegel befanden, in denen ich meine neuen Kleider bewundern sollte. Im Vestibül des Hintereingangs saß nun ein älterer Mann, der nur den Kopf schüttelte, als wir aufgeregt durch die Tür linsten, um nachzusehen, ob sich jemand in der Halle befand. Niemand war zu entdecken, und im Licht der
Nachmittagssonne, die durch die hohen Fenster hereinschien, betrachtete ich staunend mein Spiegelbild. Unter der Haube hatten sich schon wieder ein paar Strähnen gelöst und fielen mir weich ins Gesicht. Der Quark hatte die Röte erfolgreich gelindert, und meine Haut schien wie von innen zu strahlen, was durch das helle Hemd noch betont wurde. Kleine Weißstickereien säumten den großzügigen Ausschnitt. Das äußerst eng anliegende, haselnussbraune Oberteil brachte Dekolleté und Taille gut zur Geltung. Da es vorne spitz zulief und mit einem Schößchen versehen war, streckte es sogar. Die Bänder im Rücken taten ein Übriges, um meine Figur aufs Beste zu modellieren. Der hellere, längs gestreifte Rock fiel weich, und dank der Unterröcke, deren Spitzenbesatz ein wenig hervorlugte, wenn ich mich schnell bewegte, sehr voluminös. Ich war überwältigt. Nachdem ich in den letzten Tagen in einem vergleichsweise unförmigen Sack herumgelaufen war, konnte ich nun kaum glauben, wie gut mir diese Mode stand, sobald ich ein maßgeschneidertes Mieder darunter trug. Selbst das Häubchen begann mir zu gefallen – es ließ mein Gesicht unter dem Spitzenrand delikat und die Augen ausgesprochen groß erscheinen.
»Da kommt jemand«, flüsterte Mòrag. Eilig zerrte sie mich in eine dunkle Nische unter der großen Treppe. Von dort aus beobachteten wir, wie Mary Campbell und ihre Gesellschafterin den Salon verließen.
»Hat er dir schon den Hochzeitstermin mitgeteilt?«, fragte Anabelle.
»Wann sollte er das getan haben? Ich bekomme ihn praktisch nie zu Gesicht.« Ihre Stimme verriet nicht, ob sie diesen Umstand bedauerte oder begrüßte. »Lachlan sagt, der Clan habe Schwierigkeiten mit irgendwelchen Nachbarn.«
»Ach, und so etwas muss ein Baron selbst regeln? Lass dir doch keine Geschichten erzählen. Da glaube ich ja eher, dass er sich mit dem Teufel persönlich trifft.« Anabelle lachte schrill. »Weißt du, was diese abergläubischen Hinterwäldler behaupten?«
»Du wirst es mir gewiss erzählen.« Nun schwang leichte Ungeduld in Marys Tonfall mit.
Unbeirrt schwatzt Anabelle weiter. »Stell dir vor, sie glauben, er sei ein Wechselbalg – die Feen hätten ihn seiner Mutter untergeschoben. Wenn man ihn so ansieht, könnte man fast meinen, dass etwas an der Geschichte dran ist.«
»Lachlan sagt …« Weiter kam sie nicht, da fiel Anabelle ihr ins Wort.
»Du verbringst ziemlich viel Zeit mit dem jungen Mann, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Nimm dich in Acht. Wenn das deinem Verlobten zu Ohren kommt, könnte es ihm einen Vorwand dazu geben, dich fortzuschicken.«
»Ach, du siehst überall Intrigen. Wir unterhalten uns doch nur oder musizieren. Wenn Lachlan nicht wäre – ich würde mich hier zu Tode langweilen.«
»Tatsächlich?«
Ich stieß
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