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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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der Hoffnung, dass mein unfrisierbares Haar danach besser sitzen würde. Das hatte es auch getan, leider nur bis zur nächsten Wäsche.
    Mòrag tat ganz geheimnisvoll, während wir zum Haus ihrer Eltern gingen. Unterwegs trafen wir andere Leute, die fröhlich schwatzend denselben Weg einschlugen. Auf der Wiese vor dem Haus brannte ein Feuer, Kinder liefen herum, und in der Luft lag eine aufgeregte Stimmung. Endlich rückte sie mit ihrem Geheimnis heraus: »Margret MacRath ist hier.«
    Nun hatte ich keine Ahnung, wer das wohl sein mochte, aber augenscheinlich war die Dame eine wichtig Persönlichkeit, wenn alle Nachbarn zusammenliefen, um sie zu sehen. Die Ratlosigkeit stand mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn Mòrag beeilte sich zu erklären: »Sie ist eine berühmte Sängerin und die Cousine meines Vaters. Wir haben heute ein ganz besonderes Cèilidh .«
    Offenbar wurden hier alle Leute, die irgendwie entfernt miteinander verwandt waren, als Cousins oder Cousinen bezeichnet, dachte ich irritiert. Das warf ein neues Licht auf meinen eigenen Status als Verwandte, und ich rechnete den MacCoinnaich-Frauen ihre Gastfreundschaft doppelt hoch an. Doch eine andere Frage beschäftigte mich noch mehr:
»Wieso findet dieses Cèilidh , diese Zusammenkunft, nicht in Castle Grianach statt? Dort wäre doch viel mehr Platz.«
    »Der Gleanngrianach würde das nicht wollen. Dort gibt es nur Cèilidhs , wenn Zahltag für die Pacht ist, an Gerichtstagen, oder wenn die Mackenzies oder andere Gentlemen zu Besuch kommen.« Sie schaute mich traurig an. »Viele MacCoinnaichs haben Angst vor ihm. Du aber nicht.«
    »Dafür gab es bisher auch keinen Grund. Warum fürchten sie Alan, den Gleanngrianach , meine ich, denn so sehr?« Ich schaute sie an. »Sie glauben doch nicht etwa an diese idiotische Geschichte, dass er von den Feen abstammt, oder?«
    »Mein Vater sagt, das ist alles Unfug. Und ich glaube auch nicht dran. Mama hat aber erzählt, dass vier Wochen nach seiner Geburt verstrichen sind, bevor man ihn endlich getauft hat.«
    »Ja, und?«
    »Bevor ein Neugeborenes nicht getauft ist, können die Feen es gegen eines ihrer eigenen Kinder austauschen. Seine Stiefmutter hat immer behauptet, genau das wäre geschehen. Außerdem fragen sich die Leute, woher es kommt, dass unser Clan wohlhabend ist und alle anderen Mackenzies arm. Lachlan widerspricht nicht, wenn sie dahinter magische Kräfte vermuten. Vielleicht glaubt er ja selbst daran.«
    »Und was sagt dein Vater? Als Verwalter, denke ich, müsste er doch wissen, woher der Wohlstand der MacCoinnaichs stammt.«
    »Er sagt, dass schon der alte Chieftain Beteiligungen an Handelsschiffen hatte, von denen einige bis ans Ende der Welt segeln. Mit den Gewinnen hat er das schöne Haus gebaut und viele Bücher gekauft, aber auch seinen Leuten in Notzeiten geholfen, und Alan MacCoinnaich hat diesen Geschäftssinn geerbt.«

    Das klang plausibel. »Und hast du mir nicht erzählt, dass er schon zum zweiten Mal diesen William freigekauft hat? Dort, wo ich herkomme, würde das niemand machen.« In gewisser Weise stimmte das sogar. Meine Verwandten, davon war ich überzeugt, wüssten mich lieber dürstend in einem Verlies als bei den Vorstandssitzungen unserer Reederei.
    Doch Mòrag hörte nicht mehr zu. Sie stieß einen kleinen Schrei aus und zog aufgeregt an meinem Ärmel. »Dort drüben ist Duncan. Sieht er nicht gut aus?« Sie hatte alles andere vergessen und zerrte mich hinter sich her zu ihrem Geliebten.
    Ich musste lachen. Dieses Mädchen sprühte vor Lebensfreude. Es war deutlich zu sehen, dass Duncan ebenfalls erfreut war, sie zu sehen. Er lächelte und warf nur einen kurzen verlegenen Blick zu mir. Mòrag hatte sich tatsächlich einen außerordentlich attraktiven Mann geangelt. Und höflich war er auch noch. Duncan begrüßte mich freundlich und besorgte zwei Becher für uns. Darin befand sich, wie ich schnell feststellte, mit frischem Wasser verdünnter Whisky. Er zwinkerte ihr zu: »Lass das aber nicht deinen Vater wissen. Der dreht mir den Hals um, wenn er erfährt, dass ich euch von seinem kostbarsten Whisky zu trinken gebe.«
    Wir versprachen Stillschweigen und setzten uns neben ihn auf eine Holzbank vor dem Haus. Während die beiden Verliebten neben mir flüsterten und leise lachten, betrachtete ich das atemberaubende Farbenspiel der Wolken. Die Sonne war längst hinter den Bergen verschwunden, aber ihre Strahlen färbten die kleinen Wölkchen am Abendhimmel in immer neue Rottöne.

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