Wind Der Zeiten
James legte mir den Arm um die Taille und stützte mich. Was auch immer im Gebüsch saß, es stieß ein wütendes Fauchen aus – und verschwand in der Nacht. »Was war das?« Ich flüsterte, um die Mädchen, die schon ein gutes Stück vor uns gingen, nicht zu beunruhigen.
»Wahrscheinlich eine Wildkatze.« James sprach ebenfalls leise. »Ungewöhnlich, dass sie Menschen so nahe kommen.«
Beruhigend klang das nicht. Mir kam es vor, als starrten die Augen uns immer noch hinterher, und ich sehnte mich plötzlich nach meinem Bett. Morgen würde ich mit Sicherheit Kopfschmerzen haben. Was tat man in Prä-Aspirin-Zeiten gegen einen Kater? Mir war schwindelig, und obendrein bekam ich nun auch noch ein schlechtes Gewissen und hoffte, meinen sympathischen Highlander nicht allzu sehr ermutigt zu haben.
James war zum Glück jedoch ganz Gentleman, verabschiedete
mich mit einer tiefen Verbeugung am Dienstboteneingang, wo die beiden Mädchen schon auf uns gewartet hatten, und verschwand leise pfeifend in der Dunkelheit.
Zu dritt huschten wir an einem schnarchenden Wachmann vorbei die Treppe hinauf, die Mädchen entzündeten für mich eine Kerze, und rasch lief ich zu meinem Zimmer, während sie weiter in ihre Quartiere unterm Dach hinaufstiegen.
Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen so heiteren, geselligen Abend verbracht hatte, auch wenn das Ende ein bisschen gruselig gewesen war und ich zu viel getrunken hatte.
Haltsuchend lehnte ich mich kurz gegen den Bettpfosten. Die Wärme des Feuers in meinem Zimmer machte mich schwindelig, und die Bänder des Mieders schienen hoffnungslos verheddert zu sein, als ich versuchte, sie aufzuschnüren.
»Hast du dich gut amüsiert?«
Vor Schreck hätte ich beinahe das Gleichgewicht verloren.
»Alan?« Unsicher blinzelte ich in die Dunkelheit, wo schließlich seine Umrisse in dem großen Sessel am Kamin sichtbar wurden. »Was tust du hier?« Wäre ich nicht so sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen, hätte mir schon eher auffallen müssen, dass sich ein solches Kaminfeuer nicht von selbst entzündet.
»Irgendjemand muss dir ja erklären, wie sich eine anständige MacCoinnaich verhält.«
»Dann habe ich mich also nicht geirrt, du warst dort.«
»Und durfte dein schamloses Flirten mit eigenen Augen sehen, ganz genau.« Er erhob sich und kam näher. »Als meine Cousine hast du dich standesgemäß zu verhalten.«
Jetzt wurde auch ich ärgerlich. Was dachte er sich dabei, durchs Unterholz zu schleichen und uns beim Tanzen zuzusehen?
»Erstens, Alan MacCoinnaich, Chieftain der MacCoinnaichs von Gleann Grianach, auch bekannt als Alan der Arrogante , bin ich überhaupt nicht mit dir verwandt. Und zweitens habe ich nicht geflirtet.«
»Hast du nicht?« Alan stand nun ganz dicht vor mir. »Das haben einige meiner Männer ganz anders gesehen. Wie kommst du dazu, James den Kopf zu verdrehen? Er hat weiß Gott etwas Besseres verdient!«
»Etwas Besseres als mich, meinst du?« Kalte Wut ließ meine Stimme leicht zittern.
»Allerdings. Ich habe ihn nicht mehr lachen sehen seit dem Tag, an dem er seine Frau erschlagen und geschändet vor den rauchenden Trümmern ihrer Kate fand. Und das alles nur, weil sie das Pech hatte, eine Mackenzie zu sein, deren Chief beim König in Ungnade gefallen war. Die Rotröcke haben aus Rache die Ernten der Leute vernichtet und jeden, der sich ihnen in den Weg stellte, verhaftet oder Schlimmeres, während ihr Chieftain sicher in Frankreich saß und weiter seine Pacht kassieren ließ, statt sie zu beschützen.« Verachtung lag in Alans Stimme. »Einen solchen Mann führt man nicht an der Nase herum, Joanna.«
»Das wusste ich nicht.« Woher auch? James hatte heiter und entspannt gewirkt, seine schreckliche Vergangenheit war ihm schließlich nicht an der Nasenspitze anzusehen. Alans Vorwurf fand ich unglaublich ungerecht. »Aber es war James, der mich angesprochen hat. Und das kann ich dir sagen, er hat sich wie ein Gentleman benommen. James würde sich mit Sicherheit niemals nachts in mein Zimmer schleichen oder mich heimlich beobachten.«
»Er hat ja keine Ahnung, was ihm entgeht«, knurrte Alan, machte einen Schritt nach vorn und küsste mich. Fordernd
verschaffte sich seine Zunge Zugang zu meinem Mund, während die Wärme seines Körpers das dünne Leinenhemd durchdrang und sich auf meiner Haut wie ein unkontrollierbares Feuer ausbreitete. Ich leistete nur halbherzig Widerstand und gab mich bald vollständig dem wohligen Gefühl hin, begehrt
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