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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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ein neues Oberteil hervor. Es war rot – genau das gleiche Rot wie in Alans Tartan. Eine Farbe, die mir ausgezeichnet
stand. Das wusste ich genau, obwohl ich sie praktisch nie trug, weil sie mir viel zu auffällig war.
    Die Schneiderin musste mit ihren Helferinnen Tag und Nacht für meine Garderobe gearbeitet haben. Ich nahm mir vor, ihr bei der nächsten Gelegenheit zu danken und wünschte, ich hätte etwas Geld, um sie für ihre Mühe zusätzlich zu entlohnen. Als ich dies laut sagte, schnaubte Mòrag: »Mach dir deshalb keine Gedanken, sie ist vom Gleanngrianach gut genug bezahlt worden. Sicher findest du einen Weg, dich angemessen bei ihm zu bedanken«, fügte sie mit einem anzüglichen Zwinkern hinzu.
    Ich war viel zu aufgeregt, um eine passende Entgegnung zu finden. Das rote Oberteil sah zwar aus wie ein Jäckchen, komplett mit Kragen, Schößchen und dreiviertellangen Ärmeln, unter denen sich das Hemd hervorbauschte, aber es saß knapp und war leider so tief dekolletiert, dass man fast die gerade Kante der Schnürbrust hervorblitzen sah.
    Mòrags freche Bemerkung ignorierend, drehte ich mich um und deutete auf meine hochgeschnürten Brüste. »Und was mache ich, wenn die Dinger herausspringen?«
    »Dann legst du dies um«, entgegnet sie und reichte mir mein Plaid.
    »Es ist doch viel zu warm dafür«, beschwerte ich mich und wollte es zurückgeben.
    »Das ist der Tartan des Gleanngrianach . Niemand außer dir und ihm wird dieses Muster heute tragen, nicht einmal Lachlan. Die Weberinnen konnten einfach nicht fertig werden, mit dem Tuch für die Campbell«, fügte sie augenzwinkernd hinzu.
    Ehe ich etwas erwidern konnte, war sie hinausgeschlüpft. Dabei hätte ich sie am liebsten umarmt und geküsst. Ich
wusste ganz genau, wem ich es zu verdanken hatte, dass heute ich diesen Tartan trug und nicht Mary.
    Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir der Gedanke gefiel, ein Muster zu tragen, das eigentlich dem Chief der MacCoinnaichs und seiner engsten Familie vorbehalten war. Und was ich in dem kleinen Handspiegel erblickte, erfreute mich bald noch mehr. Meine Frisur saß ausnahmsweise einmal einwandfrei. Allmählich gewöhnte ich mich auch daran, flacher zu atmen, was leider meinen Busen regelmäßig erbeben ließ. Doch ein zartes Tuch würde helfen, die Pracht , wie Mòrag es nannte, leidlich zu verhüllen. Sie hatte es mir um den Nacken gelegt, über der Brust gekreuzt und im Dekolleté mit einer silbernen Brosche festgesteckt, bevor sie die Zipfel nach hinten gezogen und dort zusammengeknotet hatte. Der Effekt war beeindruckender, als es sich anhörte.
    Unter meinem Fenster ertönte schon seit geraumer Zeit der klagende Gesang von zwei Dudelsäcken, und ich sah den beiden Spielern eine Zeit lang zu, wie sie vor dem Turm auf und ab paradierten. Als Duncan immer noch auf sich warten ließ, setzte ich mich vor den zierlichen Schreibtisch, der gleichzeitig als Frisiertisch fungierte, und zog eine Schublade nach der andern auf. Die meisten waren leer, aber in einer entdeckte ich einen kleinen Kegel, der sehr nach Kajal aussah. Wer hätte das gedacht? Ich konnte nicht widerstehen und probierte ihn aus. Ganz dezent, wer weiß ob man hier nicht fürs Schminken verbrannt wurde. Sofort wirkten meine Augen größer und die Wimpern dichter. In der gleichen Schublade befand sich ein Döschen, in dem sich eine herrlich duftende, feste Creme befand. Vorsichtig rieb ich etwas davon auf meine Handgelenke. Nach ein paar Minuten hüllten mich orientalische Aromen ein, und ich wagte, noch ein kleines bisschen auf meinem
Nacken aufzutragen. Dabei stellte ich mir vor, wie Alan betört von dem Duft auch meinen anderen Reizen nicht widerstehen konnte. Das brachte mich auf die Idee, den Balsam an intimeren Stellen zu verreiben. Mit geschürzten Röcken saß ich gedankenverloren da, als es an der Tür klopfte. Ein schnelles Dankgebet für die Höflichkeit der Schotten auf den Lippen, sprang ich auf, strich den Rock glatt und griff nach meinem Plaid. An der Tür stolperte ich einem ziemlich erschrocken wirkenden Duncan in die Arme.
    »Mhm, du riechst aber gut«, murmelte er und stellte mich behutsam auf meine Füße zurück. Überraschenderweise wandte er sich auf dem Flur nicht nach links zum Turm, sondern führte mich die schmale Wendeltreppe hinab.
    Als ich ihn fragend ansah, legte er einen Finger auf die Lippen. »Ein Geheimweg nur für die Familie.«
    Unten angekommen, öffnete er eine niedrige Tür, die mir bis dahin noch nicht

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