Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
Vom Netzwerk:
Decke des Tunnels entlangschleifen, wie ein Autoscooter auf der Kirmes. Der Boden des Tunnels war mit einem Material bedeckt, das Schall absorbierte wie ein Löschpapier Tinte, Eddie fragte sich, ob er die Schritte der vier anderen nur wegen der Statik in seinem Ohr nicht hörte, aber er vermutete, daß in diesem Tunnel Schallwellen verboten waren. Und zwar von Cozmic. Die Gruppe bewegte sich in einem unheimlichen Schweigen, das Eddie schon nach kurzer Zeit Kopfweh gemacht hätte, wenn der Kopfhörer nicht gewesen wäre. Sehr bald hörte er in seinem Ohr Motoren brummen, kraftvolle Keramikdiesel, die extrem hohe Drehzahlen aushalten konnten, und nach kurzer Zeit wußte er, was das war: die innenministerialen Panzer verschwendeten Kraftstoff, um Flüchtige aus dem Stand heraus verfolgen zu können. Die Flüchtigen krabbelten währenddessen unter ihnen hindurch wie Katzen, und Eddie begann dieses Spiel Spaß zu machen. Einhundert Meter weiter waren plötzlich Schritte zu hören, Musik, Gelächter. Hm. Eddie lief hinter Neonbaby her. Leichte Räder, Verkehrslärm fast ohne Ottomotoren. Neonbaby blieb stehen, ließ seinen Arm sinken, und sofort hörte Eddie nichts mehr. Sie standen in einer unheimlichen Stille, Eddie sah sich nach Tina um, die gerade die Augen geschlossen hielt. Sie sah in diesem Licht und dieser Umgebung leider wieder nicht sehr menschlich aus, sondern eher wie eine leibhaftige Unterweltdämonin in einem U-Bahnschacht für Zwerge. Sie schwitzte, obwohl es hier unten recht kühl war. Ihre Wangen waren schwarze Löcher in der grünlichen Gesichtslandschaft. Eddie fragte sich, ob er vielleicht auch so aussah. Weiter. Mit einem Handstrich streifte Neonbaby ihm den Kopfhörer ab, und er ging jetzt in völliger Stille. Diese Stille war sehr beunruhigend, und Eddie freute sich, als Neonbaby unter einem Loch zu stehen kam, das ziemlich ähnlich aussah wie die Einstiegsluke. Neon zog eine schmale Fernbedienung aus einem der Behältnisse an seinem Gürtel und drückte einen ihrer Knöpfe. Es geschah nichts, oder fast nichts, denn langsam, Stück für Stück erschien am oberen Rand des Tunnels ein schmaler heller Kreis, Licht kam herein, der Tunnelverschluß öffnete sich. Aber nur drei oder vier Millimeter weit, dann blieb er stehen. Neonbaby zog eine kleine Box aus einem anderen Abteil seines Gürtels, sie erinnerte an die kleinen Döschen für Chemofilm, die unter Nostalgikern so hohe Preise erzielten, abgesehen von der Tatsache, daß sie auf dem Deckel ein selbsterleuchtetes Display hatte und daß sie etwa doppelt so groß war. Neon drückte auf den Deckel und schob seinen Daumen gleich wieder weg. Die Dose öffnete sich, und im grünlichen Licht des Gangs schwirrten funkelnde Glühwürmchen aus ihr heraus, trieben durch das Einstiegsschott hoch zum Tunnelverschluß und schlüpften durch die spaltbreite Öffnung in was immer auch dort oben sein mochte. Tina verfolgte das alles mit offenem Mund, und Eddie wußte, daß ihre Aufmerksamkeit nicht Neonbaby galt. Hier wurde sie auf ihrem eigenen Spezialgebiet vorgeführt: Cyberbugs. Neons Projektionseinheit wurde lebendig und baute einen Schirm weißen Rauschens vor seinen Augen auf, bis sich das Fenster klärte und gestochen scharfe Bilder einer fast leeren Lagerhalle abzuzeichnen begann. Was immer diese Bilder aufzeichnete, es flog, und da dämmerte Eddie, daß die Glühwürmchen semilebendige Kameras waren, die für Neon oben spionierten. Neon ließ die Fliegen fünf Minuten die Lagerhalle ausspähen. Das wenige, was dort gelagert war, gab keine guten Verstecke her, und als er sicher war, daß die Luft rein war, ließ er den Schirm in sich zusammenfallen. Kleiner Druck auf die Fernbedienung, und der Tunnelverschluß öffnete sich komplett. Frischluft strömte herein. Sie kletterten über Eisenkrampen, die in die Tunnelwand eingelassen waren, ins Freie, Eddie dachte mißmutig, daß bei all dem Aufwand ein Fahrstuhl hier vielleicht auch noch hergepaßt hätte. Oben angekommen rief Neon seine Tierchen zurück und zwar durch einen Druck auf die Unterseite der kleinen schwarzen Trommel, die fliegenden Augen schossen hinein wie Funken, die zurück in ihr Feuer fallen. Der Tunneleingang senkte sich in den Boden, und Eddie sah zum ersten Mal ein wavecamgeschirmtes Versteck in Tarnmodus übergehen. Eben war da noch der glänzend polierte wagenradgroße Verschlußdeckel auf dem Boden zu sehen gewesen, dann flirrte die Luft wie über heißem Asphalt und danach war nichts

Weitere Kostenlose Bücher