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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Eddie fühlte sich zu Neonbaby hingezogen. Er mußte nur noch herausfinden warum. Das Fenster wurde zuerst schwarz, dann erschienen feinziselierte Strukturen darauf, die Eddie nach kurzer Zeit als die blauen Spähpanzer des Innenministeriums identifizierte, mit denen der Eingang des Bolos immer noch zugeparkt war. Die Panzer verschwanden, und Cozmics Gesicht erschien. »Wir müssen kochen«, sagte die spiegelverkehrte Projektion von Cozmic. »Ich habe Hunger.« Neonbaby antwortete: »Der Weise beschreitet den rechten Pfad. Der Tor kann ihn nicht einmal sehen.« Das Fenster fiel in sich zusammen, Neonbaby stand auf, schüttelte sich, lachte und sagte: »Geiles Spiel.« Die Tür öffnete sich, und Tina kam herein, gefolgt von zwei Strahlungen, die Eddie bisher noch nie gesehen hatte. Sie wirkten auffällig unkriegerisch, in ihren grünen Overalls sahen sie eher wie Feinmechaniker oder sogar wie Wissenschaftler aus. Neonbaby zog sich betont langsam was über, und Eddie sah in Tinas Augen einen Funken aufglimmen, entweder wollte sie ihn eifersüchtig machen, oder sie fand Neonbaby wirklich ganz appetitlich. Muskeln hatte er, das mußte man zugeben. Nicht nach Bodybuilderart. Eher Sportlermuskeln. Ehe sich’s Eddie versah, war Neonbaby mit einem Gürtel angetan, von dem verschiedene rätselhafte Behältnisse herabhingen. Neonbaby sah sie alle an, strahlte wie ein Pfannkuchen und sagte: »Ja.« Als die Feinmechaniker sich umdrehten, bemerkte er, daß sie enorme Rucksäcke trugen. Zwei Etagen tiefer. Neon öffnete die Tür zur Disco. Sie durchquerten den Saal, und Eddie hatte jetzt genug Ruhe, um das feine Hintergrundsummen einer Energieanlage auszumachen. Wenn man genauer hinhörte, konnte man sich wie innerhalb eines Umspannhäuschens vorkommen. Viele, viele Watt, dachte Eddie, und wo hat Cozmic die her? Die Bolos waren Staatsgebilde und also auch für ihre eigene Energieversorgung zuständig, aber Deutschland achtete peinlich genau auf seine Vorräte an spaltbaren Substanzen. Eddie tippte auf einen improvisierten Reaktor aus Nuklearbatterien, aber er wurde wieder einmal durch Neon aus seinen Gedanken gerissen. Aus dem Nichts wuchs ein blaßroter Strahl, den Neon in sein Auge hineinstechen ließ wie ein Messer, die Luft über einem bestimmten Punkt am Boden begann zu flirren und zeigte, was sie vorher verborgen hatte: einen anderen Schleusenmechanismus, dessen mechanische Teile selbst Neonbaby Mühe machten, so massiv waren sie. Zeig diesen Ärschen bloß nicht, wie sehr du dich wunderst, dachte Eddie. Von dem tonnenschweren Verschluß, der sich schließlich hydraulisch aus dem Boden hob, gingen im Kreis herum strahlenförmige Sperriegel aus, die sich jetzt, während der Verschluß aus dem Boden wuchs wie ein Stahlpilz, automatisch in das Gebilde zurückzogen. Das Ganze hatte trotz seiner Massivität etwas beinahe Florales an sich. Gut geölt, die ganze Scheiße. Die Feinmechaniker standen reglos und leicht gelangweilt. Neonbaby grinste. Tina wollte cool aussehen, aber sie hatte zu runde Augen, Eddie freute sich, daß sie beinahe wieder wie ein Mensch aussah. Neonbaby streifte Eddie eine Art Kopfhörer über, legte wortlos einen Zeigefinger auf seine geschlossenen Lippen und glitt schlangenhaft in das Loch im Boden hinab. Diese spezielle Bewegung ließ ein Stück von Eddies Intuition an seinen rechten Platz fallen: und urplötzlich wußte er, daß Neonbaby ein Assassine sein mußte. Das Assassinenproblem war laut Bundesregierung seit zehn Jahren gelöst, aber Eddie hatte soeben erfahren, daß die Regierung auch in diesem Fall log. Er war an der Reihe. Er kletterte hinunter in das Loch, aber er es sah wahrscheinlich nicht so elegant aus wie bei seinem Vorgänger.
     
    Der Tunnel allein war eine Ungeheuerlichkeit. Er sah nicht aus wie improvisiert, sondern wie das Ergebnis sauberer Planung, eine feine Ingenieursarbeit. Der Verschluß hatte sich hinter ihnen wieder in seine Halterung gesenkt, Eddie hatte das Ausfahren und Einrasten des Bolzenkranzes nicht hören können, aber gleich darauf waren die Lichter angegangen, nicht wie flackernde Neonröhren, sondern sanft auffahrendes, leicht grünliches Dämmerlicht. Neonbabys Tätowierungen leuchteten in diesem Licht so intensiv wie ein frischgewaschenes weißes T-Shirt unter UV-Bestrahlung. Er legte noch einmal den Zeigefinger auf seine geschlossenen Lippen, dann lief er voraus. Dabei hielt er den rechten Arm in die Höhe, auf diese Art ließ er eine Art Draht lautlos an der

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