Wind des Südens
worüber sich außer dem Kapitän niemand großartig aufregte, denn der Wein floss in Strömen. Eleanor bemerkte, dass Mr. Willoughby weißen Rheinwein bestellte, während Mrs. Willoughby einen leichten chinesischen Wein bevorzugte.
Eleanors zweiter Mann war Alkoholgegner, hatte aber nie etwas dagegen einzuwenden, wenn Eleanor ein Gläschen genoss. Auf Partys war er sogar ein ausgezeichneter Gastgeber.
Plummer hatte nicht so gut ausgesehen wie Ernst, hatte sie jedoch mit seiner Zuvorkommenheit beeindruckt und mit seinem amerikanischen »Know-how«, wie er es nannte. Seit dem Augenblick, da sie einander vorgestellt wurden, war er ihr ergebener Diener und tat alles für sie. Page Plummer hatte sich entschlossen, Eleanor zu heiraten, und umwarb sie mit Blumen und romantischen Billetts.
Er half ihr bei der Renovierung ihres Hauses, strich eigenhändig ihre Kutsche, ließ ihre Stallungen ausbauen, um die zwei schönen Pferde unterbringen zu können, die er für sie gekauft hatte, und begleitete sie freudig zu jeder Veranstaltung, die sie besuchen wollte. Letzteres wusste Eleanor durchaus zu schätzen, denn auch nach drei Jahren fehlte Ernst ihr noch ganz schrecklich, und ihr war klar geworden, dass eine Witwe ohne einen in der feinen Gesellschaft akzeptierten Begleiter in Hongkong sehr einsam sein konnte.
Und akzeptiert war er durchaus, erinnerte sie sich, während ihr auffiel, dass der Kapitän krebsrot vor Zorn über den schlampigen Service war. Auch Plummer hatte äußersten Wert auf Korrektheit gelegt. Als sie heirateten, organisierte er einen überwältigenden Empfang im Hotel Victoria, von dem Eleanor einfach hingerissen war. Es war ein herrlicher Abend voller Musik und Tanz und Fröhlichkeit, von dem die High Society noch Monate später redete.
Zurückblickend fragte sie sich jetzt, wie sie so dumm hatte sein können. Sogar, als er versuchte, sich für den Hochzeitsempfang Geld von ihr zu leihen, hatte sie lässig mit ihrem Fächer abgewinkt.
»Lieber Himmel, nein … überlass es mir. Die Kosten der Hochzeit sind schließlich Sache der Brauteltern, oder?«
Allmählich dämmerte es Eleanor dann, dass Plummer sich Freiheiten herausnahm, was ihre Finanzen betraf. All seine Rechnungen landeten bei ihr – selbst die für seine Kleidung und seinen Schmuck, wie zum Beispiel die teuren Manschettenknöpfe und Krawattennadeln –, und sie musste diese Angelegenheit, die ihr Sorgen bereitete, zur Sprache bringen.
Doch Page hielt für alle Fragen eine Antwort parat. »Meine Liebe, die Manschettenknöpfe! Sind sie zu teuer? Also, wenn wir sie uns nicht leisten können, gebe ich sie zurück.«
»Es geht nicht darum, ob wir sie uns leisten können …«
»Da bin ich aber froh. Um nichts in der Welt möchte ich meinem Schatz Sorgen bereiten.«
Am Ende ließ Eleanor alles schleifen. Es war zu peinlich, ihren Gatten wegen Geld zu befragen.
Trotzdem, so dachte sie besorgt, sollte ein Gentleman sich um die Finanzen kümmern. Schließlich hatte er vor der Hochzeit bei ihr den Eindruck erweckt, gut situiert zu sein, wenn auch vielleicht nicht gerade steinreich, und sie hatte nicht weiter nachgefragt. Und er hatte ihr großzügige Geschenke gekauft, Geschenke, die ein armer Mann sich niemals leisten konnte und wohl auch nicht wollte.
Es störte sie, dass sie womöglich ins gleiche Fahrwasser geriet wie viele andere reiche Witwen, die charmanten Herren Zutritt zu ihrem Leben gewährten – oder vielmehr so genannten Herren, die nichts anderes taten, als ihre Truhen zu plündern. Doch Page war so ein wunderbarer Ehemann und Gefährte, dass sie ihre bösen Vorahnungen abschüttelte, sie als kleinlich, wenn nicht gar illoyal, abtat. Und ganz unmerklich tröstete sie sich, während ihre Besorgnis wuchs, damit, dass sie sich diese kleinen Extravaganzen ja leisten konnte. Bis ein Freund, George Hollister, sie mit beunruhigenden Nachrichten aufsuchte.
Offenbar hatte er sich in Eleanors Interesse bereit erklärt, Pages Bitte um Nominierung für die Mitgliedschaft in seinem exklusiven Herrenclub nachzukommen, doch die Bewerbung wurde abgewiesen.
Eleanor schäumte vor Wut. »Warum wurde er nicht aufgenommen? Wie können sie so etwas wagen? Ernst, mein erster Mann, war schließlich
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