Wind des Südens
werden, und bis dahin würde sie dank des in Singapur absolvierten Papierkriegs auch wieder ihren Mädchennamen von Leibinger tragen dürfen.
»Ich bitte dafür um Nachsicht, lieber Ernst«, sagte sie leise zu sich selbst, und ihr Nachbar, Mr. Lewis, neigte sich ihr zu.
»Wie bitte?«
»Ach, nichts.« Sie lächelte.
Die Suppe wurde serviert, doch sie war kalt. Die Leute am Tisch blickten fragend auf.
»Sie ist kalt«, beschwerte sich Mrs. Caporn.
»Ich dachte, sie müsste kalt sein«, bemerkte Willoughby und löffelte mit augenscheinlichem Genuss weiter. Seine Frau folgte seinem Beispiel.
Der Kapitän schlug auf den Tisch und schnauzte einen Steward an, den Koch zu holen. Der Mann eilte davon. Es wurde plötzlich ganz still am Tisch. Caporn winkte einem anderen Steward, er möge ihm Wein einschenken.
Sie warteten, und schließlich kam der Koch mit hochrotem Gesicht aus der Kombüse.
»Ah Koo«, sagte der Kapitän zornig, hielt dann jedoch inne. Hinter Ah Koo hatten sich drei Mitglieder der Mannschaft aufgestellt und richteten ihre Pistolen auf die Tischgäste.
»Was zum Teufel …?«, rief Kapitän Loveridge und sprang so hastig auf, dass sein Stuhl umkippte. »Was geht hier vor?« Er ging auf den ersten Mann los, einen Malaien. »Du, Bartie Lee! Was soll das alles?«
Lee grinste ölig, selbstzufrieden. »Setz dich, Captain, und Maul halten. Alle sitzen bleiben. Keine Bewegung.« Er winkte den anderen beiden, beide Chinesen, mit ihren Waffen näher heranzukommen, und wieder begann der Kapitän zu brüllen. Er hatte die modernen Winchester-Büchsen erkannt, die ein Steward namens Tommy Wong und der andere Kerl in Händen hielten. Bartie Lee war mit einem Colt bewaffnet.
»Diese Waffen gehören zum Schiff! Ihr seid in meine Waffenkammer eingebrochen!«
»Moment mal«, krächzte Horwood. »Soll das ein Witz sein? Werfen Sie diese Bande raus!«
»Ah Koo, hol auf der Stelle Mr. Tussup!«, donnerte Loveridge, und der Koch huschte zurück in seine Kombüse. »Wir wollen doch mal sehen«, fügte er hinzu.
»Ja, wirst schon sehen«, sagte Bartie Lee mit einem Wink in Richtung der Frauen. »Setz dich, oder wir bringen eine von ihnen um.«
»Was?«, riefen Horwood und der Kapitän gleichzeitig, doch der Kapitän kam als Erster wieder zu sich.
»Wenn du einen von den Passagieren auch nur anrührst, Bartie Lee, dann wirst du gehängt. Dafür sorge ich persönlich.«
Bartie Lee strich sich mit dem Finger über den Schnauzbart und deutete auf Mrs. Plummer. »Die alte Frau. Bring sie her.«
Tommy Wong ging auf sie zu, doch Willoughby hielt Mrs. Plummer fest und stellte sich Wong entgegen. »O nein, du lässt die Finger von ihr.«
Verdutzt sah sich Wong nach Bartie Lee um. Der zuckte mit den Schultern und sagte: »Na gut, dann die.«
Er packte Mrs. Caporn und riss sie an sich heran. Das ging so schnell, dass niemand Gelegenheit hatte einzugreifen, zumal alle Aufmerksamkeit noch auf Mrs. Plummer gerichtet war.
Der Malaie stieß einen Pfiff aus, und ein Matrose, in dem der Kapitän Mushi Rana erkannte, eilte Lee zur Hilfe und zerrte die Frau grob zum Ausgang. Der Lärm – Mrs. Caporns Schreien und der Protest der Passagiere – schien ihnen nichts auszumachen, und Loveridge erkannte dies als schlechtes Zeichen. Seine Offiziere mussten es gehört haben. Wo steckten sie nur?
Plötzlich schlug Mushi Mrs. Caporn brutal ins Gesicht, und das Schreien setzte abrupt aus.
Bartie Lee nickte. »Seid jetzt alle still, sonst geht sie über Bord. Verstanden, Boss? Dann geht sie schwimmen, ja?«
Ein paar Sekunden lang herrschte verblüfftes Schweigen, dann fragte der Kapitän leise: »Was soll das, Lee? Was willst du?«
Doch Bartie Lee beachtete ihn nicht. Er trat langsam zurück und blickte in Richtung eines der Bullaugen.
Draußen begann Mrs. Caporn wieder zu schreien, und Mr. Lewis stöhnte auf. Willoughby sah aus, als wollte er jeden Moment aufspringen, doch der Kapitän mahnte ihn, ruhig zu bleiben und wies auf Neville Caporn hin, dessen Gesicht so verzerrt war, als drohte ihm ein Schlaganfall.
»Könnte
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