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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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bieten hatte, und wollte nicht um Wähler buhlen. Er löste das Problem, so gut er konnte, indem er bis spät in die Nacht hinein an seinen Studien und Reden arbeitete und Treffen mit Agrariern, Geschäftsleuten und Gewerkschaftern im Parlamentsgebäude anberaumte, um Lavinias Routine in seinem eigenen Haus nicht zu stören. Das hatte natürlich zur Folge, dass er trotz aller Bemühungen immer verspätet auf ihren Gesellschaften erschien. Nein, dachte er und ließ den Blick über die kleine Versammlung im Speisesaal der China Belle schweifen, das stimmt ja nicht. Ich bin nun mal kein geselliger Typ. Der Gedanke brachte ihn auf einen weiteren Punkt, in dem er sich von der gehobenen Gesellschaft unterschied. Zwar hatte er seine Karriere als Konservativer begonnen, doch mittlerweile fand Raymond immer mehr Gefallen an den Ideen der Sozialisten. Er hieß die Ziele der Gewerkschaften gut und sympathisierte mit ihnen. Glücklicherweise hatte Lavinia nichts bemerkt, wohl aber Gordon, der sich Sorgen machte.
            »Deine Reden, mein Alter. Sie sind verdächtig links. Wie ich höre, sind die Unternehmer langsam gereizt, also wundere dich nicht, wenn der Premierminister dich fallen lässt.«
            Das war Raymond einigermaßen egal. Er hatte sich mit der Materie befasst und zog die Gerechtigkeit der Popularität vor. Außerdem waren die Gewerkschafter wie auch die Konservativen einer Meinung im Hinblick auf die Einführung einer Einwanderungssteuer von zehn Pfund für Chinesen, einer Steuer, die in anderen Kolonien schon gültig war, angefangen in Victoria, wo schätzungsweise zweiundvierzig Chinesen auf den Goldfeldern arbeiteten. Nachdem nun in Queensland am Crocodile Creek und in einigen anderen Gegenden Gold entdeckt worden war, einschließlich der massiven Funde in Charters Towers, strömten die chinesischen Goldgräber zu Hunderten ins Land. Natürlich wollten die Gewerkschafter noch einen Schritt weitergehen und die Einwanderung von Chinesen begrenzen, um Arbeitsplätze und Lohnstandards zu bewahren, doch das bedurfte noch der Diskussion. Und es verlangte Diplomatie.
            Während eines Treffens mit chinesischen Würdenträgern in Peking hatte es Raymond die Sprache verschlagen, als ein Herr diese Fragen anschnitt – behutsam, versteht sich, doch sie lagen da vor ihm auf dem Tisch wie tote Fische, so schrieb er in seinem Bericht, lagen da und verpesteten den Raum, während er versuchte, den Chinesen Wolle und Weizen zu verkaufen.
            Er hatte mit einer demütigen Erklärung geantwortet, wonach seine Kolonie Queensland noch sehr jung sei, erst vor fünfzehn Jahren gegründet worden war und die Einwohner sich noch in diese neue Welt vortasten mussten, aber ihr Bestes gaben, um gerechte Standards aufzustellen. Deshalb, verstehen Sie, muss ein Platz für die Goldgräber gefunden werden, und wenn die Goldfelder schließen, stellen sich weitere Probleme, wie man sich unschwer vorstellen kann …
            Der Dolmetscher hatte Mühe mitzuhalten, als Raymond schwafelte, ausnahmsweise einmal in voller Absicht, um sich aus der Situation zu winden, und am Ende wurden seine Argumente fadenscheinig. Diese Herren wussten wahrscheinlich ganz genau, dass die Chinesensteuer in den südlichen Kolonien schon seit zwanzig Jahren in Kraft war.
            Abgesehen von diesem Vorfall hatte Raymond seinen Besuch in China sehr genossen, und er hatte bereits mit einer Studie über Geschichte und Kultur des Landes begonnen, für die er, wie er wusste, Jahre brauchen würde. So begeistert war er von seinem neuen Projekt, dass er gern mit dem Ehepaar Willoughby darüber gesprochen hätte, aber er war zu schüchtern, um das Thema anzuschneiden.
            »Ich hätte gern kurz mit Ihnen gesprochen«, sagte Mr. Caporn und nahm ihn beiseite. »Stimmt es, dass Ihre Regierung beabsichtigt, Südseeinsulaner von den Zuckerrohrfeldern zu verbannen? Wissen Sie, man möchte schließlich nicht gern in eine Teeplantage investieren, ohne die Sicherheit, auf eingeborene Arbeitskräfte zugreifen zu können.«
            Raymond seufzte. Das war ein weiteres prekäres Thema. »Es steht zur Diskussion«, brummte er. »Ich bin nicht so ganz auf dem Laufenden. Vielleicht möchten Sie mich in meinem Büro im Parlament aufsuchen, wenn wir wieder festen Boden unter den Füßen haben. Dann können wir darüber reden.«
            »Fein. Ich habe kürzlich meine drei Plantagen in Malaya verkauft,

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