Wind des Südens
einem Schulterzucken tat er sie ab und musterte ihr langes rotes Kleid. Es war noch feucht und klebte ihr am Leibe, und der Rock hätte sie mehr behindert als geschützt. Er beugte sich vor und schlitzte ihn vom Knie bis zum Saum mit dem Messer auf.
Sie schrie und wich zurück, doch das Kleid war ruiniert.
»Ziehen Sie das da an«, sagte er und reichte ihr eines seiner Hemden. »Die Insekten fressen Sie auf, wenn Sie so viel nackte Haut zeigen. Außerdem sollten Sie sich vor diesen Mistkerlen bedeckt halten.«
Zu seiner Überraschung sagte sie nichts darauf, wurde nur so rot wie ihr Kleid, und er vermutete, dass sie verstanden hatte.
Die Mannschaft hatte sich in eine Reihe Kulis verwandelt, die die Vorräte trugen, während die Anführer mit ihren Macheten einen Pfad durchs Gestrüpp schlugen. Jake und seine kleine Gruppe folgten ihnen, doch sie kamen nur langsam voran. Vom Vorgebirge aus hatte das Terrain wie ein dicker grüner Teppich ausgesehen, doch er war von Hügeln und steilen Schluchten durchsetzt. Mrs. Horwood hat Glück, dachte Jake, dass die Truppe so langsam ist, sonst hätte sie vor einem ernsten Problem gestanden. So aber schaffte sie es nach einem schlechten Anfang – sie rutschte und stolperte alle paar Meter –, auf den Füßen zu bleiben.
Mittags legten sie eine Rast ein. Jake war zerschunden von all dem Ducken und Durchzwängen auf dem schlüpfrigen Weg, und er wandte sich ihr zu.
»Ist alles in Ordnung, Mrs. Horwood?«
Keine Antwort.
Eingebildete Ziege, dachte er, fühlte sich aber besser dank ihres Hochmuts. Er gestattete ihm mehr Gleichgültigkeit.
Das Küchenpersonal servierte Tee und Fleischbällchen mit Reis, doch als Ah Koo Mrs. Horwood ihre Portion reichte, warf sie den Teller zu Boden.
Jake packte Ah Koo wieselflink am Arm und verhinderte, dass er sie schlug, und Bartie Lee sprang auf und sah zu.
»Rühr sie nicht an«, schrie Jake Ah Koo an. »Sonst breche ich dir den Arm. Und jetzt holst du ihr eine neue Portion.«
»Und Sie!«, fuhr er zu ihr herum. »Verdammtes blödes Weibsbild! Sie werden essen, Sie werden alles tun, was man Ihnen sagt, oder Sie stecken tiefer in Schwierigkeiten, als Sie für möglich halten. Verstanden?«
Sie nickte, und als Ah Koo zurückkam, nahm sie den Teller entgegen.
»Bedanken Sie sich!«, fauchte Jake, und sie formte die Worte mit den Lippen, brachte jedoch keinen Ton heraus. Es reichte ihm jedoch fürs Erste. Er schickte Ah Koo fort und sah, wie Bartie Lee sich beschwichtigt auf dem Boden niederließ und seinen Tee trank.
Sie machten sich wieder auf den beschwerlichen Weg, und am späten Nachmittag hatten sie die letzte Hügelkette erklommen und staunten über die Szenerie, die sich ihnen darbot: An einem von allen möglichen kleinen Booten und Schiffen bedeckten Fluss standen ein paar Zelte, am anderen Ufer des Flusses jedoch breitete sich eine wahre Zeltstadt aus. Hunderte von Segeltuchunterkünften drängten sich unter hohen Bäumen und üppig blühenden tropischen Sträuchern. Die Durchgänge zwischen den Zelten waren willkürlich angelegt und zeigten keinerlei Ordnung; an provisorischen Leinen und Baumästen flatterte Wäsche, Feuer qualmten, und die Bewohner schienen ziellos umherzuwandern.
»Ist das das Goldfeld?«, fragte Bartie Lee fassungslos.
»Nein, es liegt wahrscheinlich hinter den Bäumen da«, erklärte Jake. »Wir schlagen unser Lager jetzt am Fuß dieses Hügels auf. Sag den Trägern, sie sollen sich auf den Weg machen.«
Die Träger waren heilfroh, das Ende des Marsches vor Augen zu haben, brachten den Abstieg in aller Eile hinter sich, warfen ihre Lasten am Ufer eines kleinen Baches ab und sprangen ins Wasser, um ihren Durst zu löschen.
Jake und Ah Koo halfen Mrs. Horwood den steilen, schlüpfrigen Weg hinunter.
»Sie können sich jetzt ausruhen«, sagte er, ohne ein Wort über ihre sichtliche Erschöpfung zu verlieren, da sie sicher selbst wusste, wie sie aussah. »Bleiben Sie einfach hier; ich will sehen, was ich tun kann.«
Er wies Ah Koo an, ihr Tee zu bringen und ein Zelt für sie zu bauen. Ein Zelt für sie allein, damit sie schlafen konnte. Wenigstens für eine
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