Wind des Südens
Hauptlager übersetzte, damit sie sich die Siedlung ansehen und herausfinden konnten, wo das Goldfeld lag.
Obwohl sich bislang niemand ihrem Lager genähert hatte, befahlen sie Mushi und den anderen sieben Mitgliedern der Mannschaft, die China Belle mit keinem Wort zu erwähnen. Sie sollten darauf bestehen, von Kupang her auf dem Schoner Lagos hergekommen zu sein.
»Wir müssen die Frau mitnehmen«, sagte Jake, doch Bartie widersprach.
»Warum? Du wartest nur darauf, dass sie abhaut, wie? Sie geht nur mich was an, Jake. Ich kümmere mich um sie.«
»Ja, sie geht nur dich was an, und das ist Wahnsinn. Wenn du klug bist, lässt du sie laufen. Wir können behaupten, wir hätten versucht, sie zu retten.«
»Dann rennt sie zur Polizei und zeigt uns an. Noch vor Sonnenuntergang würden wir im Knast sitzen.«
Leider hatte er damit Recht. »Himmel, Bartie, du hast ein an sich kinderleichtes Unternehmen ordentlich versaut. Es verstößt gegen kein Gesetz, wenn man von einem Schiff desertiert – und mehr sollte es ja gar nicht sein …«
»Bis du das Schiff dann auf ein Riff gesetzt hast, du kluger Offizier. Überlass die Frau mir.«
Bis du oder Mushi den Bootsmann umgebracht habt, erinnerte sich Jake, doch es hatte keinen Sinn, das Thema jetzt zur Sprache zu bringen. »Wir können sie nicht zurücklassen«, sagte er. »In Mushis Gewahrsam ist sie ihres Lebens nicht sicher.«
Darüber stritten sie, bis Bartie Lee alle Männer zusammentrommelte und ihnen in aller Deutlichkeit klarmachte, dass sie die Frau in Ruhe zu lassen hatten, still sein und keinerlei Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollten.
Während er wartete, wurde Jake sich bewusst, dass Bartie es liebte, die Männer herumzukommandieren, dass er es genoss, den Boss zu spielen, und er konnte nur hoffen, dass sie ihm gehorchten. Er zog in Erwägung, Mrs. Horwood zu ihrem eigenen Schutz während seiner Abwesenheit eine Waffe zu geben, doch er wusste, dass das eine dumme Idee war. Stattdessen versprach er Ah Koo zwei Pfund, in den Augen der Asiaten ein Vermögen, wenn er dafür sorgte, dass ihr nichts Böses zustieß. Mehr konnte er nicht tun.
»Wir müssen zuerst die Beute verteilen«, sagte Bartie Lee, während Mushi einen Sack mit Diebesgut auf ein Segeltuch entleerte. Es überraschte Jake keineswegs –, er wusste ja, dass sie so viel an Geld und Schmuck wie eben möglich an sich genommen hatten, bevor sie das Schiff verließen.
»Das gehört uns«, sagte Mushi streitsüchtig und sah Jake wütend an. »Unsere Männer haben diese Sachen gefunden.«
»Macht, was ihr wollt«, fuhr Jake ihn an. »Aber beeilt euch.«
Nachdem das Bargeld aufgeteilt war, trugen sie den Schmuck zusammen, einschließlich einiger recht teurer Stücke, die sie einem zertrümmerten Schmucksafe entnahmen, warfen alles auf ein buntes Kopftuch, das Bartie Lee zu einem Beutel verschnürte und sich mit einem Strick um den Hals hängte.
»Willst du den Kram etwa mitnehmen?«, wollte Jake wissen.
»Ja, ich verkauf es und mach schnell gutes Geld damit. Dann suchen wir nach Gold.«
Diese Zeltstadt war so unübersichtlich wie ein asiatischer Markt und genauso laut. Männer und Frauen bereiteten über offenen Lagerfeuern die Abendmahlzeit, während grölende Betrunkene in provisorisch zusammengezimmerten Kneipen hockten. Die Wirte machten das Geschäft ihres Lebens. Das war ein gutes Zeichen für Jake. Also war hier tatsächlich noch Gold zu finden.
Wie in diesen Breiten üblich, ging die Sonne sehr schnell unter, und die fernen Hügel verschluckten die letzten goldenen Strahlen. Laternen wurden angezündet, Kerzen flackerten, während die Männer sich vorsichtig zwischen den Zelten hindurchtasteten und schließlich zum augenscheinlichen Zentrum des Lagers gelangten: eine merkwürdige Ansammlung von Buden, sämtlich aus Zelttuch: Lebensmittelläden, Fleischer, Gasthäuser, Juweliere und Goldprüfer, Ställe und noch mehr florierenden Kneipen.
Jake, der an Bartie Lees Unternehmung nicht beteiligt sein wollte, kaufte sich eine Flasche Bier und setzte sich unter einen Baum, um auf ihn zu warten und das Treiben zu beobachten. Es war angenehm, so dazusitzen, allein und an nichts denken zu
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