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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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nicht einmal vor ihrer Verheiratung geflirtet hatte. Es lag einfach nicht in ihrem Wesen.
            Außerdem wusste sie mittlerweile, dass Clives Verhalten nichts mit Liebe und auch nichts mit Flirten zu tun hatte. Es war reines Besitzdenken. Der Mann betrachtete sie als sein Eigentum, und er neigte dazu, Frauen zu schlagen. So einfach war das. Sich selbst gegenüber redete sie nicht um den heißen Brei herum, aber sie hatte gelernt, in der Gegenwart ihres Mannes sehr, sehr vorsichtig zu sein.
            Vor fast genau einem Jahr, so erinnerte sie sich, hatte sie in aller Ruhe mit Clive über ihre Situation gesprochen und ihm mit allem gebotenen Respekt erklärt, dass es so nicht weiterginge.
            »Man schlägt seine Ehefrau nicht. Du musst überlegen, was du tust, Clive. Es ist doch sicher auch kein Vergnügen für dich, wenn du mich verletzt.«
            Emilie seufzte erneut und griff sich unwillkürlich an die Kehle. Diese Frage hatte sie ernstlich interessiert, als sie versucht hatte, seiner Gewalttätigkeit auf den Grund zu kommen. Aber diese Frage hatte sie ihm dann nie wieder gestellt. Ihre Kühnheit hatte ihn so gekränkt, dass er sie beinahe mit ihrem eigenen Halstuch erdrosselt hätte.
            »Aber so geht es nicht weiter«, sagte sie laut und nachdrücklich in den leeren Raum, in das herrlich leere Haus hinein. »Ich muss ihn verlassen. Muss mich von ihm befreien.«
            Vor ihrer Heirat besaß Emilie ein kleines Häuschen in Maryborough, doch nach ein paar Monaten bestand Clive darauf, dass sie es verkaufte. Das Geld wurde als Anzahlung auf ein größeres Haus in der Stadt verwendet.
            Das Geschäft – Kaufhaus Hillier – lief gut, und in der nächsten Stadt würden sie wahrscheinlich noch erfolgreicher sein, denn sie hatten aus dem Erfolg und auch den Fehlern gelernt, wie man ein neues Unternehmen in einer neuen Stadt aufbaut.
            »Was soll ich tun?«, fragte sie sich selbst. »Ich muss ihn verlassen, aber wie? In diesem Land habe ich keine Verwandten, und zu Hause ist nur meine Schwester Ruth, mit der ich mich nicht verstehe. Und wie steht’s mit Geld? Unser Geld steckt in unserem Geschäft. Ich bekomme zwei Pfund wöchentlich als Haushaltsgeld, was zwar großzügig ist, aber sparen kann ich davon trotzdem nichts.«
            Emilie legte gelegentlich ein paar Shilling in einer Pralinenschachtel zur Seite, doch das brachte ihr nicht viel ein, denn sie konnte nicht über ihren Tellerrand hinwegsehen. Die Welt da draußen war unbekanntes Terrain, es war, als blickte sie hinaus in dichten Nebel. Wie sollte sie ihren Weg ganz allein gehen – ohne Geld?
            Am nächsten Morgen jedoch wollte sie zunächst tun, was ihr aufgetragen worden war, und Mackenzie, den Grundstücksmakler am Ort, wegen des Verkaufs ihres Kaufhauses aufsuchen. Vielleicht konnten sie und Clive einen neuen Anfang schaffen. Doch dann schauderte sie. Wenn Sonny Willoughby in der Stadt war?

 

  4. Kapitel

 
            Das chinesische Mädchen war ihnen entwischt. Sie hatte sie abgewehrt! Von allen Seiten hatten sie sie zu packen versucht, aber sie war entwischt, war über Bord gesprungen, und ihr Mann war zur Stelle, um sie zu retten. Oh Gott, hilf mir, warum bin ich nicht gesprungen, als ich die Gelegenheit hatte? Sie wären meinetwegen nicht umgekehrt; wegen Jun Lien sind sie auch nicht umgekehrt, so eilig hatten sie es, an Land zu kommen. Dieser Offizier, Tussup, hat nicht gewollt, dass die Kerle uns verschleppen. Wenn ich nur wüsste, was los ist. Vielleicht haben sie die anderen Frauen im zweiten Rettungsboot. Mir ist schlecht, ich muss mich von diesen dreckigen Kerlen herumstoßen lassen, mein Kleid ist nass, hängt in Fetzen herab, nicht, dass es mir Leid täte um das verdammte Kleid, aber ich werde keinen guten Eindruck machen, wenn wir an Land sind. Der Kerl, den sie Bartie Lee nennen, sieht mich die ganze Zeit so lüstern an, fragt, ob es mir gut geht, aber ich antworte nicht, rede überhaupt nicht mit ihnen. Nur so kann ich hoffen, nicht die Fassung zu verlieren, durchzuhalten, ihnen nicht zu zeigen, dass ich starr vor Angst bin. Als ob sie das interessierte. Ich habe Hunger, und mir ist schwindlig – Hysterie wahrscheinlich, kann kaum klar denken. Grund genug, den Mund zu halten, kein Wort zu sagen, nur auf das Klatschen der Ruder zu lauschen. Was mag auf dem Schiff passieren? Wegen dieser Geschichte wird es riesigen

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