Wind des Südens
warum ich so wütend bin. Ich hätte das Essen sowieso nicht angerührt. Aber ich bin erschreckend wütend, mein Kiefer schmerzt von den Schlägen – von der Anstrengung gar nicht zu reden. Oder zu weinen. Ich werde nicht mehr weinen. Was wollen sie überhaupt hier? Vielleicht schmuggeln sie Tee, aber das wäre den Aufwand nicht wert. Außer Proviant sehe ich hier nicht viel. Ich wüsste gern, wo das andere Boot bleibt. Mit Mrs. Plummer und Mrs. Caporn. Warum haben sie uns nicht in dasselbe Boot verfrachtet? Ich wollte, ich könnte die Kerle anschreien, ihnen befehlen, auf der Stelle Tussup herzubringen, denn ich will wissen, was los ist. Jetzt! Sofort. Meine Augen sind nass von meinen Tränen, aber ich kann nichts dafür. Wirklich nicht. Ich hab’s nicht länger ausgehalten.
Jake sah sie im Gras unter einer kleinen Segeltuchplane sitzen. Sie sah schlecht aus, ihr Gesicht war fleckig und geschwollen von den Schlägen, die einer der Malaien ihr am Vorabend versetzt hatte. Daraufhin hatte er Bartie Lee zur Rede gestellt und angeordnet, dass die Frauen anständig behandelt werden sollten, sonst müsse er eingreifen.
Jetzt, da sie an Land waren, fühlte er sich stärker, frei von dem unheimlichen Gefühl, das ihn im Boot beschlichen hatte, der Angst, die Asiaten könnten sich absprechen, den weißen Mann über Bord zu werfen. Er trat hinaus auf den menschenleeren Strand. Von irgendwelchen Überlebenden des zweiten Rettungsboots war keine Spur zu sehen, womöglich waren sie aber auch an einer der Inseln längs der Küste an Land gespült worden. Er zuckte mit den Schultern. Auf dieser Fahrt musste jeder für sich selbst einstehen.
Als er umkehrte, um Bartie Lee zu suchen, bemerkte er, dass Mrs. Horwood ihren Porridge aufgegessen hatte, und nickte ihr zu. Sehr vernünftig; sie musste bei Kräften bleiben, bis er eine Möglichkeit fand, sie aus den Fängen dieser Schakale zu befreien. Es war schon verdammt lästig. Sobald sie festes Land unter den Füßen hatten, war ihm klar geworden, dass sein Traum, mit seiner eigenen Kuli-Truppe zu den Goldfeldern zu gelangen, von Bartie Lee übernommen worden war. Da konnte er ebenso gut auf eigene Faust losmarschieren, sogar ohne Tom Ingleby als Partner. Der Teufel mochte wissen, wo Tom abgeblieben war.
»Ich steige ins Vorgebirge hinauf«, sagte er, »um mich zu orientieren.«
»Ich auch«, sagte Bartie Lee und zog sich ein Hemd über.
»Zuerst sagst du den Männern, sie sollen die Finger von der Frau lassen, solange wir unterwegs sind. Wer nicht gehorcht, wird erschossen.«
Bartie Lee lachte. »Sie sieht heute gar nicht mehr so hübsch aus, wie?«
»Sag’s ihnen! Insbesondere deinem Schweinekumpan Mushi Rani.«
Lee brüllte seine Befehle und warf Jake einen Blick zu, als er eine Pistole in seinen Gürtel schob. »Ich habe auch eine Waffe.«
Das Vorgebirge erhob sich über einem Mangrovensumpf direkt an der Küste und einer von Dschungel bedeckten Landschaft, doch in der Ferne glitzerte ein breiter Fluss.
»Da ist er!«, rief Lee aufgeregt. »Unser Goldfluss!«
»Er ist weiter entfernt, als ich angenommen habe. Aber in diesen Mangroven hätten wir schwer an Land gehen können. Wir müssen den Fluss zu Fuß erreichen.«
»Unser Goldfeld! Komm, die Leute sollen alles zusammenpacken. Wir ziehen los.«
Jake verpackte seinen Proviant und seine Waffen mit äußerster Sorgfalt. Dann schickte er Ah Koo los, Schuhe für Mrs. Horwood zu besorgen, doch als er mit chinesischen Pantoffeln von der Art, wie sie die Männer auch trugen, zurückkam, schüttelte sie den Kopf und nahm sie nicht an.
»Ziehen Sie sie an«, befahl er. »Wir gehen jetzt los. Sie brauchen Schutz für Ihre Füße, sonst sind sie in kürzester Zeit völlig zerschnitten. Sogar das Gras hier ist messerscharf.«
»Besorg ihr was, womit sie sich das Haar zurückbinden kann«, befahl er dem Chinesen, »sonst stolpert sie blindlings daher und hält uns nur auf. Sie geht hinter mir, und du folgst uns. Verstanden? Wenn sie hinfällt, hilfst du ihr auf.«
Er sah sie an, als sie die Füße in die Slipper schob, aufstand und sich ihm wortlos zuwandte. Die Verachtung in ihrem Gesicht war nicht zu übersehen. Mit
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