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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Ärger geben. Meuterer werden gehängt, glaube ich, hoffe es jedenfalls. Im Boot ist Wasser. Ich habe meine Schuhe verloren, und meine Strümpfe fühlen sich schmutzig an. Tussup werden sie auch hängen. Er hat sich ein paar Mal nach mir umgedreht, mit versteinerter Miene. Kein hilfreiches oder ermutigendes Wort von ihm. Ich glaube, ich war eine Weile nicht ganz bei Bewusstsein, mein Hals tut weh, und mir ist so kalt, meine Füße sind wie Eisblöcke.
            Wir nähern uns der Küste; diese Dreckskerle sind ganz aufgeregt und schnattern wie Affen, wollen an Land. Weit, weit vor uns schimmern Lichter. Gebe Gott, dass die Leute dort mir zur Hilfe kommen, wenn sie mich so sehen. Diese Männer kommen nicht ungeschoren davon, wenn sie eine Weiße an Land schleppen. Was wollen sie überhaupt? Warum sind sie alle so verdammt stolz auf sich? Bisher haben sie doch weiter nichts erreicht, als ein gutes Schiff zu verlassen und an ein abgelegenes Ufer zu rudern. Vielleicht sind sie Schmuggler.
            O nein! Die Lichter sind weg, hinter einem dunklen Vorgebirge verschwunden. Tussup deutet auf den Strand, der liegt weiß im Mondlicht, und jetzt halten sie darauf zu, rudern wie die Wahnsinnigen, jubeln und knuffen einander, und Tussup befiehlt, Ruhe zu halten. Hoffentlich brüllen und kreischen sie weiter und alarmieren damit die Anwohner. Wusste ich doch, dass sie zu schnell rudern; jetzt sind wir auf den Strand aufgelaufen, haben uns in den Sand gepflügt, und alle taumeln aus dem Boot. Ich muss aus eigener Kraft aussteigen, keiner reicht mir die Hand. Ich klettere über die Seite, wate an Land, das Wasser ist erstaunlich warm, erreiche den Strand, meine Strümpfe sind voller Sand und Kies, und ich kann nicht aufhören zu weinen. Ich bin müde und nass und hungrig und so durcheinander, dass ich nicht weiß, was ich tun soll. Ich hasse diese Leute. Wenn ich könnte, würde ich jeden Einzelnen von ihnen umbringen.
            Sie beachten mich gar nicht, ziehen das Boot in den dichten Wald hinter dem Strand, verstecken es. Alle sind beschäftigt, packen aus und schlagen ein Lager auf, und Tussup stolziert umher wie ein Götze aus Blech. Ich sollte weglaufen, solange ich noch kann, aber zuerst einmal muss ich mich in den Schatten verkriechen und diese Strümpfe ausziehen.
            »Wohin wollen Sie, Lady?«
            Das ist dieser schreckliche Bartie Lee, aber ich rede nicht mit ihm, nehme ihn überhaupt nicht wahr. Ich hocke mich vor seine Füße, und: Voilà! Schon sind die Strümpfe runter.
            »Ah Koo!«, schreit er. »Pass auf die Frau auf. Fessle ihr die Hände, steck sie in ein Zelt. Niemand soll sie sehen.«
            Ah Koo rennt herbei. Er ist der Schiffskoch, nicht gar so schlecht wie der Rest dieser Rüpel. Er hat bestimmt Mitleid mit mir, aber nein, er packt mich am linken Handgelenk und zerrt mich über den Sand, als wäre ich ein ungezogenes Kind. Ich möchte ihn anschreien, aber ich kann nicht, ich will nicht sprechen. Stattdessen greife ich ihn an, schlage und trete den Verräter.
            O Gott, meine Nase blutet. Er hat mich geschlagen, ins Gesicht geboxt, und die Schmerzen setzen wieder ein. Mein Kopf droht zu zerbersten, und ich schätze, ich habe blaue Flecke am ganzen Körper. Ich muss mit dem Rock meines Kleids das Blut abwischen. Dass er das getan hat, wird ihm noch Leid tun. Den vergesse ich nicht so schnell. Keinen von denen. Sie haben Schutzdächer aus Segeltuch errichtet, ein Feuer entfacht und kochen. Schon der Gedanke daran verursacht Übelkeit in mir.
            Meine Hände sind mit einem Strick gefesselt; ich hätte den Teller mit Brei, den sie mir hingestellt haben, nicht erreichen können, selbst, wenn ich es gewollt hätte. Na ja, vielleicht hätte ich den Teller irgendwie an die Lippen führen können. Das hier ist kein richtiges Zelt, nur ein Schutzdach, keine Seitenwände, und überall wächst ineinander verschlungenes Grünzeug, dichtes Gebüsch mit riesengroßen Blättern und Ranken, dick wie Taue, schlängelt sich überall herum. Sie brauchten Macheten, um ein Stück Boden frei zu hacken, und obwohl jetzt die Sonne am Himmel steht, ist es düster und dunstig in diesem Dschungel, und die Bäume bilden hoch oben einen Baldachin.
            Ein Malaie hat sich herangeschlichen und mein Essen an sich genommen. Er hat es aufgegessen, den Teller abgeleckt und neben mir wieder auf den Boden gestellt, und ich weiß nicht,

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