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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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da. Dann möchte ich nicht in deiner Haut stecken.«
    Er stemmte sich auf die Ellbogen hoch – und erhielt einen entsetzlichen Schlag auf die Nase. Etwas knackte widerlich. Sein Gesicht wurde feucht und brannte. Über Lippen und Kinn tropfte Blut. Nicht mal zum Schreien fand er noch Kraft, sodass er bloß leise winselte.
    »Ich würde dir nicht empfehlen, dich weiter so stur zu stellen«, sagte der Graue. »Ich erfahre so oder so, wer du bist und wessen Brot du frisst.«
    Erneut wogte eine Welle des Schmerzes durch seine verstümmelte Hand.
    »Ich tu das nicht gern, aber du lässt mir keine andere Wahl. Du hast noch einen Finger an der rechten Hand und fünf an der linken. Ich habe mein Können im Sandoner Wald erworben. Und eins darfst du mir glauben: Die Hochwohlgeborenen haben damals noch lauter geschrien als du jetzt! Dir steht also kein Zuckerschlecken bevor. Und spar dir die Märchen von deinen Kumpeln, die gleich anrücken. Ich hab genau beobachtet, dass du allein arbeitest. Uns wird also niemand stören. Früher oder später erzählst du mir alles.«
    Ich beendete das Gespräch mit diesem Schwein, als jemand lautstark eine Patrouille rief. Die Ordnungshüter und ich, wir verpassten uns genau um eine Minute. Als ich Getrappel hörte, verschwand ich in einem Tordurchgang, an dem die fünf Soldaten natürlich prompt vorbeirannten. Ich wartete noch eine Weile, dann traute ich mich wieder heraus. Nun sollte ich die Blaue Stadt wirklich so schnell wie möglich verlassen.
    Ich erreichte die Hauptstraße rasch und unbemerkt und schlenderte dann gemütlich zum Salattor.
    Im Grunde hatte ich noch einmal Glück gehabt. Der Milchbart hatte tatsächlich auf eigene Faust gearbeitet. In seiner Dummheit und Gier hatte er gemeint, allein mit mir fertigzuwerden. Doch für Kämpfe wie diesen fehlte es dem kleinen Schmarotzer aus dem Umfeld von Moltz an Erfahrung. Ich hoffte nur, das Oberhaupt der Gilde würde sich nicht allzu erschüttert zeigen, wenn er erfuhr, dass einem seiner Untergebenen ein paar Finger fehlten. Allerdings pflegte der alte Moltz keine sonderlich herzlichen Beziehungen zu denjenigen, die ein Geschäft hinter seinem Rücken abwickeln wollten.
    Aus dem dummen Sturkopf hatte ich alles herausgeholt, was ich wissen wollte: Dass er mich abgepasst hatte, war purer Zufall gewesen. Niemand in Alsgara rechnete mit mir. Und von Lahen hatte er noch nie gehört.
    Das Salattor war das äußerste in der südlichen Stadtmauer. Im Unterschied zu den anderen fünf Stadttoren gab es hier normalerweise nur selten Andrang. Die Kontrollen nahmen viel weniger Zeit in Anspruch, zeichneten sich die diensthabenden Soldaten doch weder durch ein aufmerksames Auge noch durch übertriebenen Eifer aus.
    Inzwischen stand die Sonne so hoch am Himmel, dass die Stadtmauer nicht mehr rosafarben schimmerte, sondern in ihrer gelb-grauen Farbe aufragte. Auch wenn der Skulptor sie nicht erbaut hatte, machte sie einen soliden und zuverlässigen Eindruck. Sie war riesig und aus massiven Steinblöcken errichtet, die stürmte so leicht niemand. Und wer sie doch nahm, fand sich danach vor fünf weiteren Festungsringen wieder, drei davon Werke eines der stärksten Magier in der Geschichte des Imperiums. Der Feind dürfte sich also an Alsgara die Zähne ausbeißen – vorausgesetzt, man öffnete ihm nicht die Tore. Denn bekanntlich fallen die meisten Städte und Festungen nicht durch einen Sturm, sondern durch Hunger, Krankheiten und eben wegen jener Narren, die den Feind einlassen und auf die Gnade des Siegers hoffen. Nur bedurfte es in Alsgara nicht eines solchen Verräters, sondern deren sechs! Obendrein sah die Lage in der Hohen und der Zweiten Stadt insofern anders aus, als sich dort die Lagerhallen mit Lebensmitteln, der Palast des Statthalters, der Turm der Schreitenden und die Kasernen der Garde befanden. Und wie ich bereits von hier aus erkennen konnte, wurde Vorsorge gegen den Hunger getroffen: Durch das Stadttor strömten unzählige Karren mit Nahrungsmitteln. Offenbar hatten die Stadtväter alles aufgekauft, was sie in den Provinzen finden konnten.
    Im Übrigen hatte sich in den Jahren meiner Abwesenheit auch am Salattor so einiges verändert: Die Wache war um das Sechsfache angewachsen, zudem wurde sie durch Schwertkämpfer in Harnisch und ein Dutzend Armbrustschützen ergänzt. Letztere achteten allerdings auf niemanden und würfelten selbstvergessen auf einem Schnapsfass. Wenn schon auf dieser Seite des Tores eine solche Zahl von

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