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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Besitzern völlig aus, um abzuschätzen, ob von dem Neuankömmling Gefahr ausging oder nicht – und danach entsprechend zu handeln.
    Ich machte rasch einen Schritt nach links, der mich aus dem Lichtkreis herausbrachte, und blinzelte ein paar Mal, wie ich es gelernt hatte, um die bunten Flecken vor meinen Augen zu vertreiben.
    »Nach all den Jahren immer noch die alten Angewohnheiten«, meinte da jemand kichernd aus der Dunkelheit heraus. »Guten Tag, Grauer.«
    »Etwas anderes kann ich mir nicht leisten. Guten Tag, Yola.«
    »Sei so gut und lege den Riegel vor«, bat die Stimme noch immer kichernd. »Ich will nicht, dass uns irgendwelche Laufkundschaft stört.«
    »Kwatsch«, ertönte es da von rechts. »Nachdem deine Artgwenossen sich eine derartigwe Schuftigwakweit herausgwenommen haben, wirst du selbst mit all dem Gwold des Imperiums niemanden mehr zu uns lokwen.«
    »Beim Wind!«, keifte Yola. »Da will mich doch tatsächlich so ein flügelloser Blutegel belehren!«
    »Dabei solltest du nur nicht vergwessen, dass ich dein Partner bin, du Kwükwen«, polterte es aus dem Dunkel. »Ich sagwe es dir noch mal. Vor Zeugwen. Alle, die im Gwelobten Land leben, haben den Verstand verloren.«
    »Wie konnte ich mich bloß darauf einlassen, dich zum Partner zu nehmen«, erwiderte sie. »Und was die Klane angeht, das ist ihre Angelegenheit. Ich habe jedenfalls nicht die Absicht, für die Dummheit anderer zu bezahlen.«
    »Das wirst du aber müssen. Die Menschen sind nämlich stinkwasauer auf alle, die Flügwel haben.«
    »Kannst du mir auch nur einen Tag nennen, an dem sie nicht auf uns Himmelssöhne gespuckt haben? Beim Wind, das ist nicht das erste Mal und wird auch nicht das letzte Mal sein.«
    »Aber diesmal ist alles viel ernster.«
    Während ich den Riegel vorlegte, lauschte ich dem Geplänkel der beiden. Dann ging ich an Ballen purpurroten und silbernen Stoffes vorbei, von denen jeder mindestens achtzig, wenn nicht gar hundert Soren kostete, zu dem massiven Tisch hinüber. Einer der Stühle war frei, der andere besetzt.
    Auf ihm thronte eine schmächtige Frau. Wenn sie stand, reichte sie mir knapp bis zur Brust. Yola aus dem Volk der Ye-arre war wie alle Vertreter dieser Rasse fragil, feinknochig, ja, geradezu luftig. Ihr schmales, nicht sehr hübsches Gesicht verjüngte sich zum Kinn, die Wangenknochen und die Adlernase traten scharf hervor, die schwarzen Augen funkelten. Den geschorenen Kopf zierte eine aufwendige und mir unverständliche Tätowierung. Yola hatte mir einmal erklärt, dies sei das Zeichen des Feuerklans. Im Dämmerlicht wirkte der Schädel viel zu groß für die schmalen Schultern. Die langen Finger an den feinen Händen endeten in lilafarbenen Nägeln. Oder Krallen. Das war Ansichtssache.
    Und natürlich hatte sie Flügel, gewaltige Flügel, die mit roten Federn bedeckt waren. Im Moment waren sie auf dem Rücken zusammengeklappt, aber ich sah förmlich vor mir, wie die Ye-arre sie spannte und am Himmel entlangsegelte.
    Yola kniff die Augen derart zusammen, dass sich kleine Fältchen bildeten, und musterte mich. »Komm noch ein Stück näher! Beim Wind, ich traue meinen alten Augen nicht. Bist du aus dem Reich der Tiefe zurückgekehrt, um mich wieder zu ärgern? Khtatakh, siehst du, wer hier unser bescheidenes Heim beehrt?«
    »Ja«, erklang abermals die Stimme aus dem Halbdunkel. »Also ist an den Gwerüchten doch was dran.«
    »So muss es wohl sein. Der Graue hat offenbar alle an der Nase herumgeführt. Selbst seine besten Freunde hat er nicht eingeweiht. Oh, oh, oh. Das gehört sich doch nicht.«
    »Stimmt, das war nicht sehr freundlich von mir.«
    Ich gönnte ihnen die Freude, sich noch ein Weilchen auf meine Kosten zu amüsieren.
    »Und nachdem ich all die Tränen vergossen hatte, die für ein langes Leben reichen sollten, tauchst du hier auf wie ein Untoter aus der Wüste und grinst bloß frech. Das ist sie mal wieder, die Dankbarkeit der Menschen!«
    »Gwanz richtigwa«, pflichtete ihr Khtatakh bei.
    »Ich bin sicher, dass du bei meinem Tod frohlockt hast, du alte Krähe.«
    Daraufhin gackerte sie empört, schlug mit den Flügeln und schob die Karten auf dem Tisch zusammen, um sie mit flinker Hand zu mischen und zu mehreren Stapeln aufzuteilen. Ich setzte mich, entdeckte einen Krug mit Wein und schenkte mir, ohne um Erlaubnis zu fragen, einen Becher voll. Missbilligend zog Yola die Augenbrauen zusammen, verkniff sich überraschenderweise aber jeden Kommentar. Dann schob sie einen Stapel vor

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