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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Witwe Smack zu Recht nicht getraut hatte, wohl für immer fort sein. Genau wie Tims letztes Essen.
    »Was hast du dort drinnen gefressen?«, fragte Tim den Tyger. Aus dieser Frage ergab sich logischerweise eine weitere. »Und wie lange warst du überhaupt eingesperrt?«
    Der Tyger stand auf, trottete ein kleines Stück in Richtung Käfig und streckte sich: erst einen Hinterlauf, dann den anderen. Er ging zum Rand des Großen Canyons weiter, hockte sich dort hin und erledigte sein Geschäft. Als er fertig war, beschnüffelte er die Stäbe seines Gefängnisses, wandte sich dann aber ab, als wäre der Käfig nicht weiter interessant, und kam zu Tim zurück, der ihn, auf die Ellbogen gestützt, die ganze Zeit beobachtete.
    Er musterte den Jungen ernst aus den smaragdgrünen Augen – zumindest erschien es Tim so –, dann schob er mit der Nase die Zauberdecke weg, die sie vor dem Stoßwind geschützt hatte. Darunter kam das Metallkästchen zum Vorschein. Tim konnte sich nicht daran erinnern, es mitgenommen zu haben, aber das musste er getan haben, sonst hätte der Sturm es fortgeweht. Das erinnerte ihn wiederum an die Feder, die weiterhin sicher in seinem Gürtel steckte. Er zog sie heraus, betrachtete sie näher und ließ die Finger über ihre feste Oberfläche gleiten. Sie hätte von einem Falken stammen können – wenn sie halb so groß gewesen wäre. Oder wenn er jemals einen weißen Falken gesehen hätte, was aber nicht der Fall war.
    »Die ist von einem Adler, nicht wahr?«, sagte Tim. »Beim Blute Gans, da ist sie wirklich her!«
    Der Tyger schien sich nicht für die Feder zu interessieren, obwohl er sich im Sturm am Vorabend noch alle Mühe gegeben hatte, sie aus der Luft zu schnappen. Er senkte den Kopf und stupste das Kästchen mit der Nase an, dass es gegen Tims Hüfte stieß. Dann sah er zu dem Jungen auf.
    Tim öffnete das Kästchen. Darin lag nur noch die kleine, braune Flasche, die möglicherweise irgendeine Medizin enthielt. Tim nahm sie in die Hand und spürte sofort ein Kribbeln in den Fingerspitzen, wie vom Zauberstab des Zöllners, als der ihn über dem Blecheimer geschwenkt hatte.
    »Soll ich sie öffnen? Du kannst es jedenfalls nicht.«
    Der Tyger saß da und fixierte unverwandt das Fläschchen. Die Augen schienen von innen heraus zu glühen, als würde sein ganzes Gehirn vor Magie brennen. Tim schraubte die Verschlusskappe sorgfältig ab. Als er sie abnahm, sah er, dass darunter ein durchsichtiger kleiner Tropfer angebracht war.
    Der Tyger riss die Schnauze auf. Was er wollte, war klar, aber …
    »Wie viel?«, fragte Tim. »Ich möchte dich auf keinen Fall vergiften.«
    Der Tyger saß nur mich leicht erhobenem Kopf und offener Schnauze da, als wäre er ein Jungvogel, der auf seine Wurmmahlzeit wartete.
    Nach einigen Versuchen – er hatte noch nie einen Tropfer benutzt, wenngleich er schon einmal eine größere, gröbere Version gesehen hatte, die Destry als Bullenspritze bezeichnet hatte – bekam er etwas Flüssigkeit in das Röhrchen. Damit war die kleine Flasche auch schon fast leer. Sein Herz jagte, als er den Tropfer über die offene Schnauze des Tygers hielt. Weil er viele Sagen von Fellmenschen kannte, glaubte er zu wissen, was geschehen würde, aber ob der Tyger wirklich ein verzauberter Mensch war, da war er sich nicht so sicher.
    »Ich geb’s dir tropfenweise«, erklärte er dem Tyger. »Wenn du genug hast, machst du einfach die Schnauze zu. Gib mir ein Zeichen, dass du das verstanden hast.«
    Aber der Tyger reagierte auch diesmal nicht. Er saß nur da und wartete.
    Ein Tropfen … zwei … drei … das Röhrchen war nun halb leer … vier … fü…
    Plötzlich beulte sich das Fell des Tygers wellig aus, als säßen darunter Lebewesen, die sich befreien wollten. Die Lefzen schmolzen weg und ließen sein ganzes Gebiss sehen, zogen sich dann aber wieder zusammen, sodass alle Zähne wieder bedeckt waren. Dann ließ der Tyger vor Schmerz oder Wut ein gedämpftes Brüllen hören, das die ganze Lichtung zu erschüttern schien.
    Tim, der sich vor Schreck hingesetzt hatte, rutschte auf dem Hosenboden von ihm weg.
    Die smaragdgrünen Augen schienen unablässig aus ihren Höhlen quellen zu wollen und federten jedes Mal wieder zurück. Der peitschende Schwanz wurde eingezogen, kam wieder zum Vorschein und verschwand erneut. Der Tyger taumelte davon, diesmal zum Rand des Abgrunds über dem Großen Canyon.
    »Halt!«, kreischte Tim. »Du stürzt ab!«
    Der Tyger torkelte wie betrunken den Abgrund

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