Windbruch
öfter?“
„Klar. Ihr Freund Simon und ich,
wir boßeln doch zusammen.“
„Ach so, klar.“
„Wie sieht’s denn heute Abend
aus? Sieben Uhr bei Günni?“
Maarten überlegte kurz.
Eigentlich hatte er zeitig ins Bett gehen wollen; so langsam spürte er den Jetlag.
Andererseits wollte er Hauke nicht einfach abwimmeln, nach so langer Zeit. Er
nickte. „Gerne.“
Hauke strahlte. „Na, dann bis dann.“
Damit drehte er sich um und ging mit ausladenden Schritten davon.
5
Maarten schwirrte der Kopf.
Natürlich hatte er gewusst, dass seine kleine Schwester ein temperamentvolles
Energiebündel war. Und voller Rührung hatte er wahrgenommen, dass sie bei seinem
Erscheinen sogar ein paar Freudentränen verdrückt hatte. Aber mehrere Stunden
in ihrer Gesellschaft hießen nicht nur, viel zu Lachen und mächtig Spaß zu
haben. Nein, diese Stunden konnten auch einfach nur schlauchen, wenn man erst
kurz zuvor den Atlantik überquert und dann noch ewig im Taxi auf Deutschlands
voll gestopften Autobahnen im Stau gestanden hatte. Gerne hätte er sich also
direkt nach dem Besuch ins Bett gelegt; aber da er Hauke versprochen hatte,
noch bei Günni vorbeizuschauen, führte ihn sein nächster Weg direkt in die
kleine Eckkneipe.
Als Maarten die Kneipe um kurz
vor sieben betrat, war außer ihm nur ein weiterer Gast da. Hauke war noch nicht
eingetroffen und auch von Günni war weit und breit nichts zu sehen. „Moin.
Günni is mal kurz wech, Frikadellen waren aus. Martha hat neue gemacht. Die
holt er jetzt“, sagte der Gast mit einem Fingerzeig auf die Theke, als er
Maartens fragenden Blick sah. Maarten nickte ihm nur zu und setzte sich auf
einen der abgeschabten Barhocker. Er schaute sich um. Offensichtlich hatte auch
Günni hier in den letzten zwanzig Jahren nichts verändert. Alles in der kleinen
Eckkneipe sah noch genauso aus wie früher. Ein großer, rustikaler Tresen nahm
mindestens die Hälfte des Raumes ein. An ihm hatten, wenn man etwas zusammenrückte,
zwölf Personen Platz. Maarten und seine Freunde hatten das früher mal
ausprobiert und für Günni dann ein Blechschild aus dem Fahrstuhl eines Emder
Ärztehauses abgeschraubt, auf dem max. 12 Personen stand. Das Schild
hing immer noch an der Stelle direkt neben den Whiskeyflaschen, wo Hauke es damals
hingehängt hatte. Zwischen Tresen und Fenstern standen noch vier Tische mit
jeweils sechs Stühlen. An der Wand hingen Regale und Vitrinen mit
Vereinswimpeln und -pokalen. Die meisten vom Boßeln, aber auch vom Fußball
waren welche dabei. Hinter dem Tresen, unter dem Regal mit den Schnapsflaschen,
hingen verschiedene ältere Werbeschilder aus Blech, eines davon warb für
Jever-Pilsener. Maarten kannte das Bier schon aus seiner Kindheit. Damals war
es nur auf dem regionalen Markt bekannt gewesen, aber erst kürzlich hatte er es
sogar in einer Bar in New York bekommen. Friesisch herb. Nun, wenigstens das
war es immer geblieben. In der Luft hing ein Geruch aus Zigaretten, Bratfett
und abgestandenem Bier. Im Winter würde noch der Geruch von Grog hinzukommen.
„Nu, da bist du also auch mal
wieder hier“, sagte plötzlich der Herr, der bereits vor Maarten da gewesen war.
Maarten hatte bemerkt, dass er ihn die ganze Zeit gemustert hatte. Nun sah er
erstaunt zu ihm rüber.
„Kennst mich wohl nich mehr, wa?“
Maarten sah sein Gegenüber
genauer an. „Tjark?“, fragte er dann zögernd.
Tjark nickte. „So isses. Dein
Vadder hat gesacht, dass du kommst. Wir kegeln immer noch einmal im Monat,
weißt du. Auch wenn die alten Knochen nich immer so mitmachen. Aber was solls.
Is eben so. Kannst nix dran tun.“
„Ich warte auf Hauke.“
Tjark nickte und nahm einen
Schluck von seinem Bier. „Ja, Hauke“, sagte er dann. „Ob das alles so richtig
ist“, fügte er kopfschüttelnd hinzu. Er leerte sein Glas, stand auf, griff sich
mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Hüfte und humpelte dann in Richtung
Tresen, wo er anfing, sich ein neues Bier zu zapfen. „Willst du auch
eins?", fragte er Maarten.
Maarten nickte. Dass man sich bei
Günni selber sein Bier zapfte und dann ein Strich auf seinen Bierdeckel machte,
kam immer mal wieder vor. Auch das kannte er noch von früher.
„Was ist nicht richtig?“, fragte
er.
„Wat?“
„Du hast gesagt, ob das alles
so richtig ist .“
Tjark bückte sich zum Eisfach und
holte eine Flasche Doornkaat hervor. Er füllte zwei Schnapsgläser bis an den
Rand und schob eins davon ungefragt zu Maarten rüber. „Prost!“, sagte er
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