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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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zwanzig in der Ersten Klasse, die Diener nicht mitgezählt. Und natürlich Ihre vornehme Familie.«
    »Die Hälfte davon Männer … und hundert Seesoldaten … das sind mehr als neunhundert! Dann ist ja alles ganz einfach!« Sie lachte laut auf. »Ich brauche mir lediglich bis morgen früh neunhundert Handgelenke anzusehen! Keine Fragen, ich gebe keine Erklärungen! Sag mir nur eines: Was hat man mit Pazel Pathkendle gemacht?«
    Der Junge zuckte zusammen, aber er sagte nichts.
    Die Frage schien ihn auf eine ganz neue Weise erschüttert zu haben.
    »Du weißt, wen ich meine«, sagte Tascha. »Den Ormalier. Der ausgepeitscht wurde, weil er unverschämt zu meinem Vater war. Wer hat ihm die Hiebe eigentlich verabreicht – etwa dieser Riesenrüpel, den sie Jervik nennen? Ich möchte wetten, er hat sich freiwillig gemeldet.«
    Neeps trat von einem Fuß auf den anderen und schaute sehnsüchtig zur Tür.
    »Wird er in Uturphe vom Schiff gejagt?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Lady Tascha«, erklärte er.
    »Wieso denn nicht?«, drängte Tascha. »Ich bin nämlich seine Freundin, musst du wissen. Vielleicht seine einzige Freundin.«
    Jetzt blitzten Neeps’ Augen zornig auf. »Wir Teerjungen kümmern uns schon selbst um unseresgleichen«, sagte er.
    »Na großartig! Versuchen wir es anders. Was für eine Strafe steht auf Beleidigung eines Botschafters?«
    »Das liegt im Ermessen des Kapitäns.«
    »Wie geht Rose gewöhnlich vor?«
    »Manchmal so, manchmal auch anders.«
    »Könntest du …« – sie holte tief Luft – »… mir wenigstens sagen, wo man ihn untergebracht hat?«
    »Nein.«
    Sie standen dicht voreinander und starrten sich an. Jorl schnaubte und ließ den Kopf auf den Boden plumpsen. Dann hob Tascha ihr goldenes Haar an und fasste sich mit beiden Händen in den Nacken. Sie runzelte die Stirn.
    »Hilf mir«, sagte sie knapp, wandte ihm den Rücken zu und schob das Haar zur Seite.
    »L-Lady Tascha?«
    »Die Schnalle an meinem Halsband – sie hat sich verklemmt.«
    Neeps sah sie ratlos an. Sie schaute über die Schulter, als wollte sie ihn zum Widerspruch herausfordern. Neeps wischte sich die Hände an den Hosen ab, griff in das Goldhaar wie in ein Spinnennest und verzog das Gesicht. Sie verschränkte mit einem Seufzer die Arme. Er kämpfte mit der Schnalle.
    »Wirklich, N-Neeps, so schwierig kann das doch – Autsch !«
    »Aua!«, schrie Neeps. Beide zuckten zusammen. Das Halsband fiel zu Boden.
    »Was hast du gemacht, du Schwachkopf?«, rief Tascha und hielt sich den Nacken.
    Neeps hob die Kette auf. »Das war nicht ich, Lady Tascha! Das war ein Funken – ein Eisenfunken. Hat mich voll erwischt! In dieser Kette muss Eisen enthalten sein.«
    »Unsinn, sie ist aus reinem Silber! Lass mich nachsehen, ob sie beschädigt ist.«
    Neeps hielt ihr das Halsband hin, aber sie machte keine Anstalten, es ihm abzunehmen. Die kleinen Meerestiere glänzten im Schein der Lampe.
    »Na, jedenfalls ist ihr nichts geschehen«, erklärte sie. »Ist sie nicht hübsch?«
    »Wunderschön, Lady Tascha.«
    »Wirklich schade, dass du versucht hast, sie mir zu stehlen.«
    »Was?«
    Neeps ließ das Halsband fallen. Tascha fing es auf und hängte es über einen Stuhl. »Ich hatte es abgelegt, um ein Bad zu nehmen, verstehst du? Du hast es in deine Tasche gesteckt, aber als du gehen wolltest, habe ich gesehen, wie sich der Stoff wölbte. Was glaubst du, wie der Kapitän einen Diebstahl aus der Kabine eines Botschafters bestraft?«
    »Sie sind ein verdammtes greimiges Lügenschwein … Lady Tascha!«, brach es aus Neeps heraus. Jetzt zitterte er vor Zorn.
    Tascha seufzte. »Das war natürlich zu erwarten, und vielleicht glauben die Offiziere dir ja mehr als mir. Nun geh schon, N-Neeps. Zurück an deine Arbeit. Ich denke, ich esse doch lieber im Speisesaal – jetzt habe ich schließlich etwas zu erzählen.«
    Sie war ungeheuer stolz auf sich selbst – man konnte sich kaum eine wirkungsvollere Erpressung vorstellen. Doch zu ihrem Erstaunen biss Neeps die Zähne zusammen, trat auf sie zu und blieb erst stehen, als Suzyt knurrte.
    »Nein, sie werden einem Teerjungen von den Äußeren Inseln nicht mehr glauben als einem niedlichen Frauenzimmer, das sie als Frachtgut an Bord genommen haben. Sie werden mich ins Gefängnis werfen, so sieht es aus. Und dann werden sie mich zwanzigmal so viel arbeiten lassen, wie das Ding hier wert ist – und mir obendrein den Arm brandmarken. Das ist nämlich die übliche Strafe für einen ersten Diebstahl.

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