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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Tascha ertrug es nicht, sich diese Frage zu stellen. Stattdessen lenkte sie ihre Gedanken auf Rachepläne.
    Sie holte ihr Tagebuch und den Füllfederhalter aus ihrer Kabine, ließ sich neben der Sumpfgaslampe in einen prächtigen Ledersessel fallen, schlug die Beine übereinander und schrieb:
     
    Was ich weiß:
    Jemand hat versucht, den besten Freund zu töten, den ich auf dieser Welt habe.
    Ein Seifenhändler namens Ket hat es verhindert.
    Der Feind befindet sich noch auf diesem Schiff – zumindest bis wir das nächste Mal anlegen.
     
    Sie hielt inne und kaute am Ende ihres Federhalters. Dann kritzelte sie weiter:
     
    Hercól wusste, dass wir von Feinden umgeben waren.
    Hercól erschrak, als Pazel Pathkendle eine Sprache namens Nileskchet erwähnte.
    Alle Welt redet von Frieden, aber Papa befürchtet einen Krieg.
     
    Das bedeutete, dass er und Hercól auf derselben Seite standen – denn obwohl Hercól ein großer Kämpfer war und im Haus eines Admirals diente, hasste er jeden Krieg. Natürlich galt das auch für Ramachni. Als der alte Magier einmal davon ausgehen konnte, dass ihr Vater außer Hörweite war, hatte er gesagt: »So sicher, wie sich Krankheiten ausbreiten, wenn Schmutz nicht vergraben wird, so sicher ist noch jeder Krieg in der Geschichte durch Leichtsinn oder Gleichgültigkeit entstanden.«
    Ramachni wüsste, was zu tun wäre. Aber solange dieser Tölpel von einem Arzt in ihrer Kabine ein und aus ging, konnte sie nicht mit ihm sprechen. Sie war auf sich allein gestellt.
    Sie rutschte tiefer in den Sessel.
     
    Was ich erfahren möchte:
    WER ES GETAN HAT!
    Warum.
    Was jetzt mit diesem Dummkopf von Pazel Pathkendle· geschieht.
    Wohin Syrarys nach dem Abendessen geht – jedenfalls
    NICHT ins Damenbadezimmer der Ersten Klasse.
    Wie mich Hercól und Ramachni vor dieser Hochzeit retten wollten.
    Ob P.P. uns alle hasst oder nur Papa.
    Ob P.P. jemals …
     
    »Fertig!«, sagte Syrarys und legte Tascha das Silberhalsband um. »Glänzt es nicht schön?«
    Tascha antwortete nur mit einem Grunzlaut.
    »Ist das deine Mzithrin-Lektion, Liebes?«, fragte Eberzams Gemahlin und schaute ihr über die Schulter.
    »Ja sicher.«
    Syrarys kehrte mit verwirrter Miene zu ihrer Stickerei zurück. Tascha war ungeachtet aller Ängste und Sorgen für einen Moment stolz auf sich. Sie schrieb in Geheimschrift – einer verrückten Geheimschrift, die sie selbst erfunden hatte, um die Lorg-Schwestern zu täuschen. Einzelne Wörter buchstabierte sie rückwärts. Jeder dritte, fünfte und siebzehnte Buchstabe war ohne Bedeutung, desgleichen alle Abstände und die Hälfte der Vokale; und natürlich wurde das Ganze auf der Seite von unten nach oben gelesen. Dabei war sie nicht unbedingt auf die Geheimschrift selbst stolz, sondern vielmehr darauf, dass sie selbst sie fast mit Normalgeschwindigkeit sowohl lesen wie auch schreiben konnte. Sie hatte Jahre gebraucht, um diese Fertigkeit zu erwerben.
    Ob wohl auch eine Geheimschrift so etwas wie eine Sprache war? Ob Pazel ihr Tagebuch ebenso mühelos lesen könnte wie sie selbst?
    Warum in aller Welt konnte sie nicht aufhören, an ihn zu denken? Dabei sollte sie sich eigentlich mit Hercóls Angreifer beschäftigen. Sie würde ihn finden, gelobte sie sich. Und der Erste, mit dem sie sprechen musste, war Ket. Tascha schlüpfte in ihre Kabine, schloss das Tagebuch in ihrem Schreibtisch ein, warf noch einen Blick auf Hercól (er hatte nicht mit der Wimper gezuckt) und verließ den Gästesalon.
    Auf dem Schiff war es kalt und dunkel. Die Matrosen tippten sich an die Mützen, wenn sie an ihnen vorbeiging. Mr. Ket war nicht im Speisesaal, und der Salon war leer bis auf Latzlo den Tierhändler und Bolutu den Tierheiler. Die beiden waren in ein Streitgespräch über die Walrossjagd vertieft. Bolutu war offenbar der Meinung, die Walrosse könnten knapp werden; Latzlo hielt die Meere für unerschöpflich. Schon die Vorstellung schien ihn zu verärgern.
    »Mit Tieren kenne ich mich aus«, sagte er und streichelte sein zahmes Faultier so heftig, dass ihm die Haare in Büscheln ausgingen. »Tiere sind mein Geschäft. Glauben Sie, ich würde mir selbst das Geschäft verderben?«
    »Wenn einem Gemüsehändler die Kohlköpfe ausgehen, muss er nicht zwangsläufig seinen Laden schließen«, sagte Bolutu.
    »Was interessiert mich Gemüse!«
    Als es Tascha endlich gelungen war, die beiden auf sich aufmerksam zu machen, erfuhr sie, dass sich Ket zur Raucherstunde auf das Vordeck begeben habe. Tascha machte

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