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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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– gegen den Arm oder die Hand?«
    »Das Handgelenk«, sagte Ket. »Warum fragen Sie, gnädiges Fräulein?«
    »Sprechen Sie bitte weiter«, sagte Tascha. »Was geschah dann?«
    »Gleich darauf – nun, gleich darauf packte ich diese Spillspake und fiel über ihn her.«
    »Worüber ist er gestolpert?«, fragte Tascha.
    Ket riss erstaunt die Augen auf. »Das wüsste ich auch gern«, sagte er. »Noch ein Glücksfall, mehr kann ich nicht sagen. Das Deck war eigentlich frei von Hindernissen. Aber ohne dieses Stolpern wäre Mr. Hercól mit Sicherheit nicht mehr am Leben.«
    »Und dieser Mann hat sich gewehrt?«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »War er ein geschulter Kämpfer?«
    Ket stutzte. »Was für unerwartete Fragen«, sagte er. »Ich denke, er hat sich wacker geschlagen. Aber es war der erste echte Kampf meines Lebens – und hoffentlich auch der letzte! –, ich kann es also nicht wirklich beurteilen.«
    »Sie haben mir die Antwort bereits gegeben«, sagte Tascha. »Sie sagen, Sie seien selbst kein Kämpfer, und dennoch haben Sie ihn geschlagen.«
    »Mein liebes Kind, ich hatte die Spillspake.«
    »Aber begreifen Sie denn nicht?« Tascha bemühte sich um Geduld. »Ein geschulter Kämpfer wäre im Kreis um Sie herumgelaufen, während Sie versuchten, die schwere Spake zu schwingen. Oder er hätte sie Ihnen einfach weggenommen und auf Ihrem Kopf zerschlagen. Der Mann war also kein Soldat und auch niemand aus der Garde meines Vaters.«
    »Bei allen Himmeln, nein! Er war einfach ein Verrückter, der unbedingt töten wollte.«
    »Oder den Befehl dazu hatte«, sagte Tascha leise.
    »Befehl, gnädiges Fräulein?«
    »Schon gut, Mr. Ket. Noch einmal vielen Dank für Ihr Eingreifen. Warum waren Sie eigentlich noch so spät draußen an Deck?«
    Ket wandte den Blick ab und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Nachdem er tief Luft geholt hatte, sagte er: »Ich fühle mich in geschlossenen Räumen nicht wohl. Die kleinen Kabinen, diese Enge … das drückt mir auf die Seele. Ich kann nicht mehr atmen.«
    »Kein Grund, sich deshalb zu schämen, Mr. Ket«, sagte Tascha und fand ihn ausnahmsweise fast liebenswert. »Mir ging es in der Schule genauso.«
     
    *     *     *
     
    An diesem Abend sollte Mr. Uskins, den Tascha verabscheute, den Vorsitz bei Tisch übernehmen. Also erklärte sie ihrem Vater, sie hätte keinen Appetit, und läutete, um sich das Essen in die Kabine bringen zu lassen, sobald er und Syrarys sich angekleidet hatten und gegangen waren.
    Dann überlegte sie. Ket war nicht gerade eine Leuchte.
    Nichts an dem Angreifer hatte ihn beeindruckt, nicht einmal die unglaubliche Tatsache, dass er, der Seifenhändler Ket, ein grauhaariges Milchgesicht mit Schmerbauch, den Mann verhauen hatte, ohne selbst einen Kratzer davonzutragen. Tascha jedoch hatte etliche neue Erkenntnisse gewonnen und fügte sie nun ihrer Liste hinzu:
     
    Was ich weiß (Forts.):
    Sollte ich jemals heiraten, dann sicherlich keinen Seifenhändler .
    Hercóls Angreifer war kein geschulter Kämpfer.
    Der Mann hat ein gebrochenes Handgelenk oder zumindest starke Schmerzen im Arm.
     
    Tascha hatte sogar im Training erlebt, wie kraftvoll Hercól zutrat. Wenn es um sein Leben ging, wäre ein solcher Tritt wie eine Explosion. Das sollte sie den Offizieren erklären, die die Chathrand durchsuchten. Aber wie stellte sie das an, ohne ihnen zugleich zu verraten, dass Hercól sehr viel mehr war als ein einfacher Diener?
    Der Teerjunge, der von der Kombüse kam, war auffallend klein. Wie die meisten Männer an Bord starrte er sie an wie ein sonderbares, aber sehr faszinierendes Ungeheuer. »Einmal Abendessen!«, fuhr sie ihn an und hielt ihre Hunde zurück, bevor sie ihn anspringen konnten. »Und bitte keine Krabbenköpfe. Gestern bei Tisch kam ich mir vor, als würde sich die kleine Gemeinschaft selbst dabei zusehen, wie sie verspeist wurde.«
    »Ich bitte um Verzeihung, Lady Tascha.«
    »Das ist doch nicht deine Schuld, du Schwachkopf. Mach die Tür zu. Nein, nein …« Sie winkte mit der Hand. »Bleib noch hier. Wie heißt du überhaupt?«
    »N-Neeps«, sagte der Junge. Er zitterte vor Erleichterung, als sich die Hunde auf dem Bärenfell niederließen.
    Sie legte den Kopf schief und sah ihn an. »Nun, N-Neeps, wie viele Seeleute befinden sich an Bord der Chathrand?«
    »Etwa sechshundert Leicht- und Vollmatrosen, Lady Tascha. Und zwanzig Seekadetten.«
    »Und wie viele Fahrgäste?«
    »Vierhundert im Zwischendeck, gnädiges Fräulein – und an die

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