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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Insel Mereldin, Südliche Quezanen
     
    Hochverehrter Vater,
    meinen innigsten Dank, liebster Vater, für Ihren wertvollen Rat. Sie wissen ja, dass ich in allem, was mit dem Meer zu tun hat, niemandes Weisheit höher schätze als die Ihre. Ich werde auf der von Ihnen beschriebenen Route nach Süden steuern. Ihre Befehle seien die meinen. Wir sind jetzt drei Tage vor der Stadt Ormael, wo ich den Brief zur Post geben werde. Danach verlassen wir die Gewässer des arqualischen Reiches wohl auf Nimmerwiedersehen. Sobald wir Seine Abscheulichkeit {1} * abgeliefert, den Schatz ausgeladen und das Hornissennest mit Rütteln und Schlägen in Aufruhr versetzt haben, lauten meine Anweisungen, entweder auf dem gleichen Weg nach Etherhorde zurückzusegeln, den wir gekommen waren – über die Herrschersee nämlich, wohin uns niemand folgen kann –, oder, sollte man uns daran hindern, im Frachtraum der Chathrand genau unter der Pulverkammer ein Feuer zu entfachen und das Schiff zu verlassen. Nach der Explosion gibt es keinen Beweis mehr, dass sich das Schiff in feindlichen Gewässern befindet. Uns bleiben nur zehn Minuten Zeit, bevor sie hochgeht wie eine Feuerkugel am Fünfmonatsfest.
    Natürlich werden wir nicht auf dem gleichen Weg zurücksegeln können, denn zu dieser Jahreszeit öffnet der Nelluroq-Strudel seinen Rachen, und diesem verheerenden Wirbel hat selbst die Chathrand nichts entgegenzusetzen. Auch können wir für die Heimreise nicht die üblichen verkehrsreichen Handelsstraßen benützen. Das wäre, als wollten wir die Tat unseres Reiches an jeder Straßenecke in Alifros ausschreien lassen. Der alte Magad hat so viel Angst vor dieser Möglichkeit, dass er gelobt hat, die Chathrand zu versenken und alle Überlebenden zu kreuzigen, sollten wir es wagen, über die Nordroute zurückzukehren. Nein. Wir müssen das Schiff zerstören, wenn der Auftrag erfüllt ist – auch wenn es jammerschade ist um dieses Wunderwerk und auch um einige von den Matrosen.
    Mit Sandor Ott hat der Kaiser eine gute Wahl getroffen. Er ist hässlich und kaut sein Essen nicht lange genug, aber als Meister der Spione hat er nicht seinesgleichen. Einer seiner Untergebenen hat den Anschlag auf Hercól verpfuscht, einen Diener, der Ott möglicherweise erkannt und seine wahre Identität verraten hätte. Als Ott herausfand, dass der Mann versagt hatte, führte er ihn in einen leeren Innenhof in Uturphe und tötete ihn mit einem einzigen Schlag. Das war natürlich sein gutes Recht. Durch den Fehler dieses Burschen blieb Hercól am Leben, denn inzwischen hatte der vorwitzige Fiffengurt beschlossen, ihn ins Spital zu begleiten. Also fand Ott einen anderen Weg: Er bestach die Pfleger des Spitals, damit sie Hercól durch die Hintertür entführten und ins Armenhaus der Stadt schafften. Dort liegt er nun im Dreck und wird mit Sicherheit sterben, sobald seine Wunde brandig wird.
    Ott hat noch ein weiteres heikles Problem für mich gelöst – Eberzam Isiq. Der Kaiser hielt ihn für den perfekten Kandidaten: ein Kriegsheld und ein alter Narr. Aber wie sich zeigte, ist er nicht dumm genug. Als echter Seemann würde er niemals die Entscheidungen eines Kapitäns auf seinem Schiff in Zweifel ziehen, aber ich bekam mit, wie er dem Kanonier und dem Seekadetten Fragen stellte. Später ließ ich mir die beiden kommen und befahl ihnen, mir diese Fragen zu wiederholen. Dem Kanonier hatte Isiq gesagt, die alten Geschütze sähen sehr sauber und einsatzfähig aus, und ob sie denn wirklich nur zur Zierde dienten? Und den anderen fragte er, warum ich einen so weiten Kurs nach Uturphe gewählt hätte.
    Der Seekadett wusste natürlich nicht, dass ich das getan hatte, weil ich Hercóls Tod abwarten wollte. Solche Fragen schüren jedoch Unruhe, und das erwähnte ich auch Ott gegenüber, ›überlassen Sie ihn mir‹, antwortete der Meister der Spione. Am nächsten Tag waren Isiqs Kopfschmerzen wieder da, und seither hat er seine Kabine nicht mehr verlassen. Kopfschmerzen sind das perfekte Mittel. Sie sind für Isiq nicht lebensbedrohlich, machen ihn aber zu einer hilflosen Marionette, und als solche brauchen wir ihn.
    Es gibt noch andere Gefahren. Fiffengurt ist keiner von uns, man muss ihn früher oder später unschädlich machen. Und einige Fahrgäste sind sehr neugierig (Isiqs Tochter und dieser aufgetakelte Wilde Bolutu) oder auch nur unruhig, so als witterten sie eine Gefahr. Ob sie die Geister wahrnehmen, die die Chathrand bevölkern? Ich glaube nicht. Einer der Teerjungen

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