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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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›Riesen‹ und ihre Grausamkeit. Und grausam sind sie. Bei den Neun Feurigen Höllen, der Schaggat! Was hat Arqual mit diesem Schlächter von einem König vor?
    Dann rief Ensyl: »Rose kommt!«
    Jetzt bedurfte es keiner Befehle mehr. Taliktrum sprang im Dunkeln zu Boden. Dri spannte ihren Bogen. Talag stand neben ihr wie ein sprungbereiter Gepard.
    Die Tür ging auf. Dris Pfeil flog von der Sehne. Der Schein der Korridorlampe fiel in die Kabine. Die Ratte erwachte zum Leben, quiekte erschrocken und rettete sich unter den Tisch.
    »Dass dich ein Blitz verbrenne!«, schrie Rose und stolperte hinter ihr her.
    Dri und Talag waren bereits vom Schreibtisch gesprungen und auf halbem Wege zur Tür, die Rose – wie Talag es vorhergesehen hatte – offen gelassen hatte, um Licht zu haben. Dri sah Ensyl hinaushuschen. Er war in Sicherheit.
    Dann geschah es. Von oben rief eine Stimme »Halt!« Bruder und Schwester drehten sich um und sahen Steldak auf dem Balken mit Fentrelu kämpfen. Der Gefangene entwickelte die Kräfte eines Rasenden, Fentrelu konnte ihn nicht halten. Steldak riss sich los, sprang vom Balken – und landete auf Roses Rücken.
    Der Kapitän hatte sich gebückt und suchte unter dem Tisch nach der Ratte. Offenbar hatte er etwas gespürt, denn er richtete sich auf, stieß sich den Kopf an der Tischplatte und brüllte auf vor Schmerz. Steldak hatte sich wie eine Spinne an sein Hemd gehängt und kletterte langsam nach oben.
    »Er hat mein Messer!«, schrie Fentrelu.
    Im nächsten Augenblick war Dri in der Luft. Sie brach sich fast die Arme, als sie aus dem Stand abhob, aber sie schaffte es und flog, das eigene Schwert stoßbereit in der Hand, durch die Kabine. Sie würde diesen armen Irren, diesen Steldak töten, seinen Leichnam mitnehmen, ein Gebet für ihn sprechen …
    Schwärze, Schock, Schmerz. Krallen, Zähne, ein Sturz.
    Sniraga!
    Etwas bohrte sich durch Dris Bein und ihren Oberkörper. Ein dumpfer Schlag – sie wurde gegen den Boden gepresst. Das Schwert war ihr entfallen. Die Schwalbenflügel klappten auf. Das Maul der Katze schloss sich über ihrem Kopf und ihren Schultern, ihr Atem füllte Dris Lungen mit seinem Blutgeruch. Sie zog mit der linken Hand ihr Messer und stieß zu – das Maul gab sie frei, aber eine Kralle riss ihr die Hand auf – und dann hatte sie auch kein Messer mehr.
    Rose hatte etwas gespürt. Du bist hier, nicht wahr?
    Die Katze hatte die ganze Zeit unter dem Tisch gehockt.
    Dri war bereit für den Tod. Aber der Tod kam nicht. Stattdessen kamen ihr Bruder und Steldak selbst – zwei scharfe, blitzende Schwerter. Sie sah, wie Talag seine Klinge tief in Sniragas Hals stieß. Ein ohrenbetäubendes Jaulen. Dri wurde beiseitegeschleudert.
    Ganz in der Nähe, fast genau über ihr brüllte Rose: »Töte sie, du Vieh! Töte diese Ratte, und ich könnte meine Meinung über dich ändern!«
    Dri lehnte an einem Tischbein. Sie blutete stark, aber sie zwang sich zum Aufstehen. Rose stolperte um den Tisch herum und hielt sich den Kopf. Aber wo war Sniraga?
    Taliktrums Stimme, schrill vor Angst: »Papa!« So hatte er Talag seit Jahren nicht mehr genannt.
    Dann sah Dri die Katze. Sie war auf einen der Stühle gesprungen, rollte etwas auf der Sitzfläche hin und her und schlug mit der Pfote danach – Taliktrum! Der Junge parierte ihre beiden Vorderpfoten mit blitzschnellen Schwerthieben. Steldak hielt mit einer Hand ihren Schwanz, in der anderen hatte er Fentrelus Messer und stach damit blind um sich. Talag hing, schlaff und blutüberströmt, aus Sniragas Maul.
    Dri rannte auf den Stuhl zu. Aus ihrer Hand spritzte Blut nach allen Seiten, aber sie spürte es nicht. Talag! Talag!
    Der Stuhl fiel krachend um, Taliktrum war eingeklemmt. Und Sniraga sprang mit einem Riesensatz durch die offene Tür.
    Dri rannte, bis sie glaubte, ihr Herz würde zerspringen. Es kümmerte sie nicht mehr, ob jemand sie sah. Steldak klammerte sich noch bis zur Mitte des leeren Korridors an den Schwanz der Katze. Dann stürzte auch er, eine Handvoll Fell zwischen den Fingern. Sniraga schlitterte, heftig aus einer Halswunde blutend, um die Biegung und verschwand.
    Die anderen Ixchel entkamen unbemerkt. An diesem Abend wurde im Frachtraum nicht für Steldak gebetet – er hatte angeboten, sich selbst zu entleiben, und saß mit versteinertem Gesicht abseits –, sondern für Talag, ihren getöteten Anführer, der nie an sich gedacht hatte, sondern immer nur an den Clan.

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    V OR DEM S TURM
     
     
    26. Modoli 941
    74.

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