Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
Vom Netzwerk:
Tag nach Etherkorde
     
    Druffles Schiff hieß Fürst Rupin, aber das einzig Fürstliche daran war ihr Name. Bei ihrem Anblick stockte Pazel der Atem. Das Schiff hing in der Mitte durch wie ein altes Maultier, die Farbe war fast nur noch Erinnerung. Von den Spieren hing zerrissenes Tauwerk, und die Matrosen in den Wanten bewegten sich so vorsichtig, als fürchteten sie, die Fußlieken könnten jederzeit reißen. Stückpforten gab es nicht, aber auf dem Achterdeck standen drei nach hinten gerichtete Kanonen. Offenbar war die Fürst Rupin gewöhnt, verfolgt zu werden.
    Ihr Kapitän war ein Mann mit finsterem Blick und störrischem Haar, der Mr. Druffle offensichtlich nicht leiden konnte und ihn mit den Worten »Brandgefährlich und törichte Zeitverschwendung!« begrüßte, als das Boot an der Seite der Fürst Rupin anlegte. Druffle vollführte mit dem Aal eine obszöne Geste.
    Nun stiegen die gekauften Jungen, gefolgt von Druffle und seinen Volpek-Schlägern, nacheinander die Leiter hinauf und kauerten sich am Bug zusammen. Die mürrische Besatzung schenkte ihnen keine Beachtung. Etliche Männer stemmten sich bereits gegen das Gangspill, um den Anker zu lichten. Bakru, Windvater, sangen sie, schon halb im Schlaf. Lass deine Löwen nicht los. Bald trieben sie mit der Flussströmung dahin, ließen die Insel chen hinter sich und glitten hinaus aufs offene Meer.
    Der Morgen graute, und Pazel sah mit einem Blick auf das Wasser, dass mit rauer See zu rechnen war. Ein heftiger Südwind drängte von backbord auf sie ein, und vor ihnen ballten sich schwarzgelbe Wolken wie schwere Blutergüsse am Himmel.
    Er wickelte sich fester in den alten Mantel. Die Wellen kamen hart und unregelmäßig. Dennoch befahl der Kapitän (auf Drängen von Druffle, der ihm nicht von der Seite wich), die Großsegel zu setzen.
    »Die Großsegel?«, fragte Neeps, als traute er seinen Ohren nicht.
    Pazel schaute über die aufgewühlte See. »Unmöglich«, sagte er.
    Die anderen Jungen sahen sie ängstlich an. »Was ist los? Seid ihr Teerjungen? Was ist unmöglich?«
    Aber es geschah doch. Matrosen sprangen in die Wanten – Liektaue wurden gelöst – die großen quadratischen Segel entfalteten sich knatternd …
    »Festhalten!«, rief Pazel.
    Das Schiff machte einen Satz nach vorne. Die Balken ächzten, die alten Segel wollten die Bolzen aus den Spanten reißen; oben auf den Spieren klammerten sich die Männer an alles, was im nächsten Moment noch da zu sein versprach. Bald heulte der Wind durch die Stagen, und die Wellen krachten gegen den Bug, als wollten sie eine Tür eintreten.
    Pazel und Neeps hatten diese Geräusche schon früher gehört – aber nie alle zugleich und nie auf einem solchen Gespensterschiff. Doch wenn sie erschrocken waren, so waren die anderen Jungen starr vor Entsetzen. Einer wurde in den ersten Minuten seekrank und musste sich im peitschenden Gischt über die Reling beugen.
    Druffle schien dagegen fast in seinem Element. Er stolperte mit flatterndem Mantel auf dem Deck umher wie eine Vogelscheuche und blickte wohlgefällig zu den großen Segelflächen empor.
    »Ein Irrer!«, sagte Pazel. »Diese Geschwindigkeit hält der alte Kasten niemals aus.«
    Neeps schüttelte den Kopf. »Ich wittere Unheil, Kumpel – schon von weitem. Aber was können wir tun? Unsere Meinung will niemand hier hören, so viel ist klar.«
    »Nein«, nickte Pazel. Aber er konnte den Blick nicht von den Segeln wenden.
    »Komm schon«, sagte Neeps. »Suchen wir uns einen windgeschützten Fleck. Wir haben einiges zu besprechen.«
    Sie verzogen sich hinter eines der kläglich aussehenden Rettungsboote der Rupin. Zunächst konnten sie einander kaum verstehen. Doch als sie sich auf den Bauch legten und die Köpfe zusammensteckten, gelang es ihnen, sich fast normal zu unterhalten. Neeps hatte viel über die Chathrand zu erzählen. Das Rätsel um die toten Ratten war nur der Anfang. Außerdem hatte unter den Teerjungen das Gerücht die Runde gemacht, in den Tiefen des Schiffes arbeiteten Zimmerleute und Schmiede an einem geheimen Auftrag. Ganze Decks seien Tag und Nacht gesperrt und dürften nur von Matrosen mit ausdrücklicher Genehmigung von Rose persönlich betreten werden.
    »Reyast hat von einer Eisentür mit Vorhängeschloss gehört«, sagte Neeps. »Er glaubt, sie bauen eine zweite Brig.«
    »Aber die normale Brig ist doch schon nicht besetzt. Wozu brauchen sie zwei davon?«
    »Ich habe keine Ahnung!«, sagte Neeps.
    »Und ich erst recht nicht«,

Weitere Kostenlose Bücher