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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Pazel. »Bleib in meiner Nähe, Kumpel. Wenn die Gelegenheit kommt, müssen wir bereit sein.«
    Die Gelegenheit kam in der Tat – sogar noch in derselben Stunde. Die Rupin war lediglich eine halbe Meile von der Küste entfernt, einer einsamen Küste mit hohen Dünen und kleinen dichten Eichen. Die Sonne brannte heiß vom Himmel. In ihrem grellen Schein wirkte die Besatzung blass und verängstigt.
    Die Leute bekamen zu essen, irgendwo in den Tiefen der Rupin hatte jemand Suppe gekocht. Der Kapitän, von dessen Würde nicht viel geblieben war, trug seine Schale an Deck herum, hob sie zwischen seinen Befehlen immer wieder an den Mund und schlürfte geräuschvoll. Dabei blies er die Backen auf wie zwei Ballons, kostete bedächtig und schluckte dann. Pazel beobachtete ihn mitleidig. Der Kapitän war ebenso sehr ein Wrack wie sein Schiff.
    Seine Backen hatten sich eben noch einmal gefüllt, als ein tiefer, dumpfer Laut durch die Planken drang. Es hörte sich an wie das zufriedene Grunzen eines badenden Elefanten. Alle Matrosen erstarrten. Der Laut wiederholte sich. Der Kapitän spuckte Druffle die Suppe ins Gesicht, ließ die Schale fallen und stürzte durch die nächste Luke nach unten.
    Der Rest der Besatzung fing an zu schreien. »An die Pumpen! An die Pumpen!«, kreischte der Erste Maat.
    »Was ist los? Was ist passiert?«, riefen die Jungen.
    »Keine Sorge, ihr Burschen!«, sagte Druffle und wischte sich die Suppe aus den Augen. »Ein Leck vielleicht – ein kleines Leck, he, he.«
    Aber das Lachen klang gezwungen. Die Jungen heulten entsetzt auf, rannten an Deck hin und her und wimmerten in einem halben Dutzend Sprachen. »Mamete! Rinhj! Rette mich, gütiger Engel!«
    Pazel warf einen Blick auf Neeps. Der zuckte die Achseln. Sie gingen in aller Ruhe zum Schanzkleid.
    »Wir sind auf Grund gelaufen! Es ist der Kiel!«
    »Es ist das Ruder! «
    »Segel streichen! Segel streichen!«
    Druffle rang mit dem Jungen, der so leicht seekrank wurde und jetzt wild entschlossen schien, sich vom Bug zu stürzen. Pazel und Neeps waren die Einzigen auf dem Schiff, die Ruhe bewahrten. Und deshalb wurden sie von niemandem beachtet.
    Sie schlenderten nach achtern. Pazel breitete den alten Mantel über die Planken. »Vergiss nicht, was die Flikker sagten«, flüsterte Neeps und grinste. »›Nicht atmen! Nicht atmen!‹«
    Nur mit ihren Hosen bekleidet, sprangen sie von der Heckreling und schwammen so schnell und so weit sie konnten. Das Wasser war kalt, aber nicht eisig, und die Strömung war nicht allzu stark. Vierzig Fuß näher an der Küste kamen sie an die Oberfläche, und Pazel erkannte sofort, wie leicht sie zu sehen wären, wenn jemand nach ihnen suchen sollte. Als ihn die erste Welle in die Höhe trug, tauchte er wieder ab und versuchte, auf das nächste Wellental zu warten, um Wasser zwischen sich und der Rupin zu haben. Aber wenn man ständig die Wellen studierte, kam man nicht voran. Also gab er den Plan auf, strebte der Küste zu, so schnell er konnte, und tauchte nur auf, wenn er atmen musste.
    Von der Rupin flog kein Pfeil, kein Alarmruf hinter ihnen her. Neeps, der links von ihm schwamm, schaute herüber und grinste wieder.
    Es war ganz einfach. Und es blieb auch so. Ehe sie sich versahen, hatten sie die Hälfte der Strecke hinter sich.
    Pazel wagte einen Blick zurück – und erschrak so sehr, dass er Seewasser schluckte.
    Alle vier Rettungsboote lagen im Wasser und waren voll besetzt mit Volpek, die aus Leibeskräften uferwärts ruderten. Wo waren sie nur alle hergekommen? Sie mussten sich zu Dutzenden auf den unteren Decks versteckt haben! Hinter den Booten hing die Fürst Rupin so stark nach einer Seite, dass von Seetüchtigkeit nicht mehr die Rede sein konnte. Pazel sah gerade noch, wie sich die Matrosen mit wild fuchtelnden Armen ins Meer stürzten.
    Sie verließen das sinkende Schiff.
    Ein Rettungsboot war den anderen voraus und steuerte geradewegs auf sie zu. Druffle selbst saß im Bug und deutete mit der Hand in ihre Richtung. Er hatte sie entdeckt.
    Pazel wusste nicht, wie er es schaffte, noch schneller zu schwimmen. Neben ihm wühlte sich auch Neeps mit der Kraft der Verzweiflung durch die See. Jetzt konnten sie schon die Brandung hören. Aber das Schwimmen fiel ihnen zunehmend schwerer. Eine Unterströmung drohte sie in die Tiefe zu ziehen.
    »Ich spieße dich bei lebendigem Leibe auf, mein kleiner Cherester!«
    Die Stimme war nur noch einen Steinwurf hinter ihnen. Pazel strampelte, was das Zeug hielt. Die

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