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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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ihm? Hundert Schritt entfernt oder nur zehn? Konnten sie es überhaupt wagen, laut zu atmen?
    »… stinkende Schweinegesichter, unbotmäßige Rüpel«, ertönte Druffles Stimme ganz in der Nähe. »Der ›Kunde‹ wird sehr enttäuscht sein! «
    Ein Schrecken jagte den anderen. Pazel fiel zwischen glitschigen Baumwurzeln in ein Loch und wäre fast unter einer Schlammlawine ertrunken, die hinterherrutschte. Neeps wurde von einer dicken blauen Wespe in den Arm gestochen. Er heulte auf und schlug sie tot – und schon rückten die Volpek näher. Sie traten in ein Rudel jener grünen Muketsch-Krabben, denen Pazel seinen Spitznamen verdankte, und machten einen großen Satz, aber die kleinen Biester hatten sich schon in ihre Knöchel verbissen. Sie schwammen durch eine Lagune und scheuchten Schlangen mit dick angeschwollenen Giftdrüsen auf.
    »Wenn die Sonne untergeht, saugen uns die Moskitos das letzte Blut aus den Adern, Pazel.«
    »Wenn wir nicht vorher auf einen Sumpfrochen treten. Die können tödlich sein.«
    »Sieh dir nur diese greimige Spinne an.«
    »Und das Wasser wimmelt nur so von Würmern.«
    Mit solchen Hinweisen gelang es ihnen, sich gegenseitig so sehr zu entmutigen, dass ihnen fast entgangen wäre, wie ihnen das Glück endlich doch hold war. Die Stimmen der Volpek wurden leiser. Sie hatten die Verfolger tatsächlich abgeschüttelt.
    »Ein Egel! Ein stinkender Blutsauger!«
    »Still, Neeps! Wir haben es geschafft! Sie haben uns verloren.«
    Neeps riss sich den schleimigen Wurm vom Bein. »Das mag ja sein«, sagte er. »Aber lieber wäre mir noch ein halbwegs trockenes Stück Holz oder ein Baum, auf den wir klettern können.«
    Pazel rieb sich die Augen und drehte sich einmal um sich selbst. »Da hast du deinen Baum«, sagte er und zeigte auf eine einzelne Eiche auf der anderen Seite des Moors. »Wetten, dass wir im Handumdrehen oben sind?«
    »Wir können es ja versuchen«, sagte Neeps.
    Der Baum war weiter weg, als sie dachten, und höher, als er von ferne ausgesehen hatte. Doch als sie ihn erreichten, sahen sie, dass seine Wurzeln so etwas wie ein Gitter über dem Schlamm und dem Erdreich bildeten, und ließen sich erschöpft darauf nieder. Das Geflecht war überraschend bequem, fast wie eine feste Hängematte.
    Zwanzig Minuten lang lagen sie auf dem Rücken und starrten wortlos hinauf in die Ranken und das Geäst.
    Dann sagte Neeps: »Wir hätten vor Ormael springen sollen.«
    »Nein«, sagte Pazel. »Du hattest Recht. Damals hatten wir keine Chance.«
    »Aber was machen wir jetzt?«
    Pazel legte den Kopf zurück. »Ich werde es dir sagen. Wir steigen auf diesen Baum und sehen nach, in welcher Richtung die Küste liegt. Wenn es dunkel wird, kehren wir dahin zurück und gehen an der Rückseite der Dünen entlang nach Osten. Bei Sonnenaufgang haben wir die Strecke nach Ormael zur Hälfte geschafft.«
    »Nein, mein kleiner Cherester, das wohl kaum.«
    Druffle, der auf der anderen Seite des Baumes gesessen hatte, grinste zu ihnen herüber. Als die Jungen aufsprangen, erhob auch er sich. Er hatte ein Entermesser in der Hand und wirkte so, als hätte er nun vollends den Verstand verloren.
    »Ihr seid schlau«, sagte er und drängte sie gegen den Baumstamm, »aber nicht schlau genug für Druffle. Ich habe mir diesen Baum schon vor einer Stunde ausgesucht und zugesehen, wie ihr darauf zugestolpert seid. Das war richtig nett von euch – ich muss nämlich gestehen, ich war völlig am Ende.«
    »Mr. Druffle«, sagte Pazel, ohne das lange Messer aus den Augen zu lassen, »eigentlich sind Sie doch gar nicht so, nicht wahr?«
    Druffles Grinsen erlosch, als hätte ihn die Frage tief getroffen. »Nein«, sagte er.
    Er schaute auf das Entermesser nieder und seufzte tief auf. Dann steckte er es in den Schlamm und stützte sich mit beiden Händen darauf. »Ich habe nur so viel verdammtes Pech gehabt. Begreift ihr das, ihr Burschen?«
    Sie beteuerten ihm mit Nachdruck ihr Verständnis.
    »Ich habe Fehler begangen!«, rief Druffle plötzlich. »Das gebe ich ehrlich zu! Andere für seine Schwächen verantwortlich zu machen ist nicht Dollywilliams Druffles Art. Trotz alledem, verdammtes Pech.«
    Er schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. »Ich schäme mich so«, murmelte er.
    »Nicht nötig, Sir«, tröstete Pazel.
    Druffle deutete hilflos auf das Moor. »Wer rechnet schon damit, dass es so weit kommt? Es gab Zeiten, da konnte ich mir ein ordentliches Schiff und richtige Söldner leisten! Und jetzt diese Schmach! Ich

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