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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer
Autoren: Robert Redick
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ihm sprach.
    Niemand regte sich, niemand sagte ein Wort. Nur das Zischen des Schaums auf der glatten See war zu hören. Und dann, mehr als eine Meile entfernt: ein Lachen. Wieder sahen Pazel und Neeps sich an. Das war nicht Druffles Stimme.
    Dennoch war der Freibeuter noch immer der Einzige, der sich bewegte. Nun zog er vor ihren Augen zwei Ruder unter dem schwarzen Segeltuch hervor, legte sie in die Dollen ein und schickte sich an, auf das Schiff zuzurudern.
    »In ein paar Minuten sind sie hier« , sagte Steldak.
    »Sie?«, fragte Pazel.
    Alle drehten sich nach ihm um.
    »Kannst du das nicht erraten, Pazel Pathkendle? «
    »Stückmeister!«, brüllte Rose. »Schicken Sie Ihre Männer aufs untere Batteriedeck. Mittschiffsbatterie ausfahren.«
    »Welche Geschütze, Sir?«
    »ALLE GREIMIGEN GESCHÜTZE, MANN!«
    Wieder gab es Gedränge, die Stimmen der Männer schallten ungewohnt laut durch die reglose Luft. Bald waren so viele Geschütze auf das kleine Ruderboot gerichtet, als wollte man ein Kriegsschiff versenken. In diesem Moment rief ein Ausguck, soeben sei unter Druffles Bank ein kleiner Hund hervorgekrochen. Pazel schaute noch einmal hin. Der kleine Hund war weiß und hatte einen Ringelschwanz.
    Oh, Feuer und Rauch,
    Er hätte diesen Hund überall wiedererkannt.
    In diesem Augenblick spürte Pazel Taschas Hand auf seinem Arm. Er wandte sich um; sie legte den Finger an die Lippen.
    »Wir treffen uns im Gästesalon«, flüsterte sie. »Nimm den langen Weg außen herum, damit niemand Verdacht schöpft. Aber mach schnell!« Sie drehte sich um und steuerte auf ihre Kabine zu.
    Pazel dachte nicht daran, sich zu widersetzen. Außerdem ahnte er, was sie vorhatte. »Du musst mich decken, Kumpel«, sagte er auf Sollochi zu Neeps. »Ich bin gleich wieder da.«
    Neeps traute seinen Augen nicht. »Du gehst nach unten? Wozu?«
    »Um Hilfe zu holen«, sagte Pazel. Dann duckte er sich hinter die Reihe erstarrter Matrosen und rannte los.
    Er hatte fast die Luke No. 4 erreicht, als sich aus hundert Kehlen ein Schrei löste. Pazel drehte sich um und keuchte erschrocken auf.
    Auf halbem Weg zwischen dem Rettungsboot und dem Schiff stieg das Wasser an. Ein kleiner Strudel entstand, ein Windkegel, der vorher nicht dagewesen war. Er schraubte sich in die Höhe, mannshoch und noch weiter. Jäh prasselte Regen auf den Trichter nieder, Wellen schlugen hoch und stürzten hinein, und mit einem Mal bekam er Arme und ein Gesicht und vollführte einen schaurigen Tanz auf der flachen See.
    »Ein Wasserunhold!«, rief Swellows. »Er hat einen Wasserunhold beschworen, um uns zu versenken!«
    Vom Rettungsboot erscholl ein scharfer Befehl, und das Wesen wogte auf die Chathrand zu. Rose lachte über die Ängste seines Bootsmanns.
    »Uns versenken – das kleine Ding? Es kann uns allenfalls das Gesicht waschen! Feuer!«
    Mit ohrenbetäubenden Donnerschlägen feuerten drei Geschütze. Pazel sah den Kugeln nach. Zwei landeten weitab vom Ziel im Wasser. Die dritte schlug so dicht neben dem Boot ein, dass es ins Schwanken geriet, aber das war auch alles.
    Dann jagte der Wasserunhold von der Seite einen Wasserschwall gegen die Stückpforten – und jetzt begriff jeder an Bord, wozu er fähig war. Er konnte die Chathrand zwar nicht versenken, aber er konnte sie entwaffnen – denn wie sollten die Geschütze feuern, wenn alle Lunten durchnässt waren?
    Erst jetzt fiel Pazel seine Verabredung mit Tascha wieder ein. Er drehte sich um, rannte auf die Luke zu – und wäre fast gegen Jervik geprallt, der ihm den Weg versperrte.
    »Pazel!«, sagte der große Teerjunge. Er bemühte sich immer noch, freundlich oder zumindest nicht feindselig zu sein.
    »Was gibt es?«
    Jervik warf einen Blick zum Rettungsboot hinüber. »Er ist Ormalier, genau wie du, richtig?«
    »Druffle? Das hat er mir jedenfalls gesagt. Hör mal, ich muss wirklich …«
    »Dann kannst du seinen Fluch wegwünschen.«
    »Was?«
    »Seinen Fluch. Den Windzauber. Das ist doch Muketsch-Magie?«
    Pazel sah ihn nur an. Der Junge meinte es vollkommen ernst.
    »Jervik«, sagte Pazel vorsichtig, »diese Magie macht nicht der Mann, der das Boot rudert. Und ich verstehe nichts von Muketsch- oder sonstiger Zauberei.«
    Die Miene des älteren Jungen verriet deutlich, dass er ihm kein Wort glaubte. Oder glauben wollte. Und dann zog sich Jervik zu Pazels fassungslosem Erstaunen den Ring mit seiner Bürgernummer vom Finger und hielt ihn in die Höhe.
    »Du kannst ihn haben«, sagte er, »wenn du tust, worum ich
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