Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer
Autoren: Robert Redick
Vom Netzwerk:
sanken wie Sandsäcke in die Tiefe.
    Mit letzter Kraft tasteten sich Rose und Tascha durch die Takelage nach unten. Tascha suchte nach Arunis. Der hatte das Rettungsboot bereits wieder aufgerichtet und schob seinen Hund an Bord. Aber der Bug des Schiffchens war zerschmettert und lag unnatürlich tief im Wasser.
    Der Wasserunhold drehte sich ein letztes Mal wie eine Schlange, dann verschwand er im Meer.
    Als der Kapitän und Tascha das Deck erreichten, brandete neuer Jubel auf. Aber Rose winkte scharf ab und strebte der Reling zu.
    Arunis lag auf dem Boden seines Bootes, das sichtlich Wasser aufnahm. Er atmete mühsam und wirkte niedergeschlagen. Plötzlich sah er sehr alt aus.
    »Er ist erschöpft«, flüsterte Ramachni. »Die Toten aufzuwecken erfordert ungeheure Kräfte. Viel Energie kann ihm nicht geblieben sein.«
    »Geben Sie auf?«, rief Rose.
    Der Zauberer hob den Kopf. »Oh nein. Sie werden eine Strickleiter auswerfen, ich komme an Bord, und dann holen wir den Roten Wolf. So geht die Geschichte weiter.«
    »Sie sind wahnsinnig«, knurrte Rose.
    Sofort richtete Arunis sich auf. »Haben Sie in letzter Zeit wieder einmal an Ihre Eltern geschrieben, Rose? Ich würde mich zu gerne mit Ihnen über die bemerkenswerten Briefe unterhalten, die Sie jede Woche an zwei Menschen schicken, von denen Sie genau wissen, dass sie tot sind.«
    Rose trat unsicher einen Schritt zurück. Seine Mundwinkel gingen nach unten, und er tastete mit einer Hand hinter sich, als suche er nach einer Wand, um sich anzulehnen. Als er sprach, war seine Stimme so dünn, dass sie kaum noch zu erkennen war.
    »Sie sprechen aber jede Nacht zu mir«, sagte er.
    »Und mir werfen Sie vor, ich sei wahnsinnig!«, lachte Arunis und stand auf. »Ihre Eltern sind tot! Ihre Mutter ist schon vor zwanzig Jahren ihrer Todesrauchsucht erlegen. Einmal wäre sie tatsächlich beinahe von der Droge losgekommen, mit Hilfe von goldenen Sumpftränen …«
    »Nein!«, schrie Rose aus voller Kehle.
    »… aber Ihnen war es zu mühsam, regelmäßig für Nachschub zu sorgen, und deshalb kehrte sie zum Todesrauch zurück.«
    »TÖTET IHN!«
    »Das hat Ihnen Ihr Vater verständlicherweise nie verziehen. Ohne Frau – und ohne einen Sohn, der diesen Namen verdiente – hatte sein Leben für ihn jeden Sinn verloren. Er ertränkte sich. Das steht alles in den Annalen der Quezan-Inseln. Und was wird man dereinst über Sie schreiben, Rose? Der ehemals berühmte Kapitän beschloss seine Tage in einem Irrenhaus, wo er mit Geistern schwatzte …«
    »Lass ihn in Ruhe, du gehässiges Schwein!«, rief Tascha. Der Gedanke, dass jemand, selbst wenn es Rose war, mit Erinnerungen an die Toten gemartert wurde, war ihr unerträglich.
    Arunis wandte sich mit großem Entzücken seinem neuen Opfer zu. »Ihnen zuliebe, gnädiges Fräulein, werde ich ihn verschonen. Schließlich verdanke ich Ihnen so viel. Ihre Hochzeit gibt den Anhängern des Schaggat das Zeichen, auf das sie schon so lange warten. Und jetzt werden Sie und niemand anderer es mir ermöglichen, an Bord zu kommen.«
    Bevor Tascha antworten konnte, geschah etwas Schreckliches: Das silberne Halsband ihrer Mutter erwachte zum Leben und schickte sich an, sie zu erdrosseln. Die Umstehenden sahen, wie sich das Metall gleich einer Schlange fest um ihren Hals legte und zudrückte. Als sie umfiel, fingen Pazel und Neeps sie auf und zerrten an der Kette, aber die war so unnachgiebig wie Stahl. Tascha trat und schlug um sich. Schreien konnte sie nicht mehr.
    »Er bringt sie um!«, rief Pazel.
    Isiq deutete verzweifelt auf Drellareks Bogenschützen. »Erschießt ihn! Schießt ihn tot! Ich befehle es!«
    Die Schützen sahen Drellarek an, und der nickte. Sie legten ihre Pfeile auf die Sehne und stürmten vor.
    Aber Ramachni rief: »Nein!«
    »Hört auf den Rattenzauberer«, sagte Arunis. »Wenn ich sterbe, wird das Halsband sie weiter würgen und erst einen Tag nach ihrem Tod damit aufhören. Alle meine Feinde kommen auf diese Weise um, weil euer Kaiser mich einst zum Tod durch den Strang verurteilt hat! Auch wenn Tascha selbst oder ein anderer versucht, ihr die Kette abzunehmen, ist sie des Todes. Genauso wie jetzt, alter Mann, wenn Sie nicht auf der Stelle dafür sorgen, dass eine Leiter herabgelassen wird.«
    Taschas Gesicht hatte einen hässlichen violetten Ton angenommen. Ihre Augen waren glasig. Pazel sah Neeps’ flehentlichen Blick auf sich gerichtet, der Teerjunge war den Tränen nahe. War das der Moment? Welches Meisterwort würde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher