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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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wohl als Erster bei ihnen wäre.
    Die Horde nahm ihr Publikum gar nicht wahr. Diese Menschen hatten eine kalte, feuchte, höchst ungemütliche Nacht verbracht und wussten, dass sie an Bord der Chathrand noch Schlimmeres erwartete. In den Abteilen der Dritten Klasse hingen Schilder mit der Aufschrift: ›E IN BRENNENDES S TREICHHOLZ IST S ABOTAGE . A UF S ABOTAGE STEHT DER T OD .‹ Dennoch rannten sie, so schnell ihre Beine sie trugen, um sich die besten paar Quadratfuß Boden auf dem dunklen Orlopdeck zu sichern. Bis auf ein paar Stunden am Tag und bei ruhiger See würden sie für die Dauer der Fahrt die Sonne nicht mehr sehen und keine frische Luft mehr atmen.
    Niemand bemerkte den erschöpften Reporter vom Meeresboten, der zwischen zwei Häusern stand, an denen die Armen vorbeigeströmt waren, und hektisch in sein Notizbuch kritzelte. Und niemand bemerkte, wie vier Männer ganz ruhig von hinten an ihn herantraten. Einer hielt einen straff gespannten Draht in den Händen.
    Das Drehkreuz vor der Fahrgastbrücke klickte immer und immer wieder: Jeder Klick bedeutete einen Vater, eine Mutter, ein Kind, ein hübsches Sümmchen. Mr. Fiffengurt, der oben stand und die neuen Fahrgäste mit Rufen und Winken zur Eile antrieb (Zur Leitertreppe, folgt dem Matrosen, hinunter mit euch, und bitte etwas schneller!), fragte sich, ob diese Elendsgestalten wohl wussten, dass sie pro Zoll Bodenfläche tatsächlich mehr bezahlten als die Passagiere der Ersten Klasse. Womöglich gar das Doppelte, denn man stapelte sie praktisch übereinander. Aber darüber sprach er besser nicht, selbst wenn er jemanden fände, der ihm glaubte.
    Als die Zählung bei vierhundert angekommen war, drehten die Vertreter der Kompagnie den Schlüssel um und blockierten das Drehkreuz. Ein Mann schaute zu seinem Vater zurück, der hinter ihm auf dem Kai geblieben war. Geh weiter, sagte der Blick des Alten.

14
     
    N EUE B EFEHLE
     
     
    N.R. Rose, Kapitän
    9. Vaqrin 941
    Etherhorde
     
    Abtei Northbeck, Insel Mereld í n, Südliche Quezanen
     
    An den Ehrenwerten Kapitän Theimat Rose
     
    Hochverehrter Vater,
     
    die besten Grüße an Sie und meine geliebte Mutter, verbunden mit der Bitte um Vergebung dafür, dass Ihr Sohn so viele Tage ohne Nachricht verstreichen ließ.
    Sie werden sich freuen zu hören, dass ich ein Kommando erhalten habe, mit dem sich alle Schulden tilgen und der Wohlstand in der Zukunft nicht nur für mich selbst, sondern für alle noch lebenden Verwandten sichern lässt. Die Chathrand hat eine Mission von solcher Tragweite zu erfüllen, dass ich nicht wage, sie hier zu beschreiben, aus Angst, der Brief könnte in die Hände unserer Feinde fallen und ihnen einen gewaltigen Vorteil verschaffen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass der Erhabene keine andere Wahl hatte, als allen meinen Forderungen zuzustimmen. Er weiß, dass ich als Einziger zuverlässig alle seine Befehle in Bezug auf das Große Schiff zu erfüllen vermag, und so hat er mir die Statthalterschaft auf Lebenszeit auf den Quezanen und den Titel eines Vicomte versprochen. Zudem darf ich mir drei unvermählte oder käufliche Frauen auswählen, gleich, wie viel sie kosten, und alle fünf Jahre wird mir das Accateo Lorgut ein weiteres Mädchen von überragender Schönheit schicken.
    Für Ihre Warnung vor Gift sage ich vielen Dank. Dies ist ein heikler Moment, denn ich weiß, dass d.E. Spitzel unter meine Mannschaft einschleusen wird – er hat es mir sogar ›zu meinem eigenen Schutz‹ verheißen. Der greise Meuchelmörder Sandor Ott ist einer davon: Er tritt als Stel Nagan auf, Hauptmann der Ehrengarde für Botschafter Isiq, seine kaum erblühte Tochter und die Hure aus der Südsee. Doch bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, mit Ott zu sprechen. Ein bedauerlicher Zwischenfall mit den Augrongs verhinderte ein Treffen an Land. Deshalb konnte ich ihm noch nicht mitteilen, dass er nicht nur der Form halber mein Beschützer ist, sondern mich so scharf bewachen muss wie die Kronjuwelen: Denn sollte mir etwas zustoßen, werden die Feinde des Kaisers noch im gleichen Jahr die ganze Geschichte seiner Ränke und Machenschaften erfahren.
    Heute ging ich frühmorgens an Land, überquerte die Kaiserliche Palmenpromenade und meldete mich im Fünf-Kuppel-Palast. Die Gerüchte entsprechen voll und ganz der Wahrheit: Man wird von den Dienern des Kaisers über eine breite Treppe unter die Erde und weiter durch dunkle und so bizarr gewundene Tunnelgänge geführt, dass ich, als ich endlich

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