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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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in einem prächtigen Saal herauskam, keine Vorstellung mehr hatte, in welcher der fünf Kuppeln ich die Anlage betreten hatte. In dem Raum wurde ich von Kopf bis Fuß durchsucht wie ein Feind, und man hieß mich an einem kleinen Tisch Platz nehmen, worauf mich Dutzende von Lakaien, Soldaten, Mönchen, Ärzten, Astrologen und Wahrsagern drei volle Stunden lang mit zumeist sinnlosen Fragen bedrängten, während eine Sklavin mir Pralinen unter die Nase hielt und eine andere mir die Füße wusch. Dann wurde Prinz Misoq, d. E. blinder Sohn, hereingeführt, setzte sich neben mich und betastete mein Gesicht: angeblich, um festzustellen, ob ich lächelte oder die Stirn runzelte.
    »Sie werden sich mit Ihrer Unterschrift und Ihrem Eid verpflichten, dieser Sache zu dienen?«, fragte er.
    »Mit Unterschrift und Eid, Kaiserliche Hoheit, auf das gesamte Abkommen.«
    Er schnippte mit den Fingern, der Raum leerte sich, und man breitete eine Schriftrolle vor uns aus – eine Schriftrolle, deren Inhalt, falls er bekannt würde, das ganze Reich in Schutt und Asche legen könnte, verehrter Vater. Ganz unten war mein Name aufgedruckt, und ich unterzeichnete darüber.
    Nun erhoben wir uns, und der Prinz fasste nach meinem Arm. Wir verließen den Saal durch eine Seitentür und wandten uns nach links in einen Korridor mit bunten Säulen, der in einen großen Saal führte. »Wenn Sie möchten, können Sie sich den Thron ansehen«, sagte der Prinz, und da erst fiel mir auf, dass der Saal eigentlich eine lange Galerie war, von der aus man hinunterschaute auf den glanzvollen Ametrin-Saal mit dem gleißenden Thronsessel, der in einem Lichtkegel auf einem roten Podest stand. Der Thron war leer: Kerzen von doppelter Mannshöhe brannten still vor sich hin, und nur die Kaiserliche Garde wandelte in ihrem Schein.
    Dann hörte ich Schritte am Ende des Saales. Acht hünenhafte Kerle, bewaffnet und in klirrender Rüstung, stapften auf mich zu wie wilde Tiere, gefolgt von zwei weiteren Prinzen und einem Hofnarren, dem Speichel von den Lippen troff. Dahinter kam Magad in höchsteigener Person. Ich fiel auf die Knie und hielt den Kopf gesenkt. Ich hörte Schritte an mir vorübergehen, Türen wurden geöffnet und dröhnend zugeschlagen, dann berührte der Erhabene mich an der Schulter und erlaubte mir, mich zu erheben.
    Er ist älter, ah man gemeinhin annimmt. Sein Körper ist verfettet, er hat die gelben Augen eines Todesrauchers, und irgendeine Krankheit hat seinen Leib mit roten Striemen überzogen. An seinem Finger bemerkte ich einen grünen Edelstein: Wenn das Gerücht zutrifft, hatte ihn Magad I. einst einem ermordeten Mzithrin-Priester abgenommen. Der Kaiser musterte mich wie ein edles Pferd. Der Hofnarr hielt ihm die Pfeife und nahm hin und wieder mit abscheulichem Schlürfen selbst einen Zug.
    »Sie werden mit meinen Söhnen speisen, Kapitän«, sagte Magad. »Mögen Sie Wachteln in Weinbrand?«
    Er sprach nur vom Essen und von der Jagd, doch dabei ruhte sein Blick unablässig prüfend auf mir. Endlich wandte er sich betont von mir ab, holte tief Atem und wies mit der Hand auf die Tür am Ende der Galerie. »Dort ist es. Treten Sie ein und überzeugen Sie sich.« Damit entfernte er sich mit seinem Gefolge, und als ich mich aus meiner zweiten Verneigung erhob, schob der Prinz mich vorwärts. Ich ging allein durch den Saal und öffnete die Tür.
    Der Raum war etwa so groß wie meine Tageskabine auf dem Schiff. Im Schein der Wandfackeln sah ich viele große Truhen mit offenem Deckel. Sie enthielten – Gold. Unvorstellbar viel Gold. Makellose Drei-Unzen-Muscheln und Stäbe und Barren mit dem Magad-Siegel. Daneben gab es Kisten voll mit Elfenbein und Megrottok-Horn und vier Schreine nur mit roten Rubinen – das Vierfache meines Gewichts in Blutsteinen, verehrter Vater, ich flehe Sie an, mir zu glauben – und das letzte Behältnis war mit Perlen gefüllt. In der Schriftrolle war von einem Drittel der gesamten Kaiserlichen Schätze die Rede gewesen, und die sah ich nun vor mir. Wäre Ihr Sohn ein geringerer Mann, mir wären womöglich die Sinne geschwunden.
    »Das alles wird heute Nacht an Bord gebracht«, sagte der Prinz, als ich zurückkehrte. »Und unsere hundert Turach werden es begleiten.«
    »Kaiserliche Hoheit«, sagte ich vorsichtig, »die Turach sind die schrecklichsten Krieger Ihres erhabenen Vaters. Sie werden sogar von den Kaiserlichen Seesoldaten gefürchtet. Wie soll ich meiner Besatzung ihre Anwesenheit auf dem Schiff

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