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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Hauptmann, sind wir uns nicht schon einmal begegnet?«
    »Oh ja«, antwortete Ott ohne Zögern. »Ich hatte die Ehre, vielen ehrbaren Handelsherren des Reiches als Leibwächter zu dienen. Sie sind mir vom Mittwinterball bei Lord Sween im Gedächtnis geblieben.«
    »Nicht auch auf Burg Maag?«
    »Ich war auch schon in der Burg beschäftigt. Es ist nicht ausgeschlossen.«
    »Ich bin sicher, es war dort. Vielleicht können Sie mir sagen, warum wir so viele Soldaten an Bord haben?«
    »Mir sind nur sechs unterstellt, Sir.«
    »Genau«, sagte Bolutu. »Sie sind zum Schutz des Botschafters hier, die anderen aber nicht. Die Chathrand ist kein Kriegsschiff mehr. Wozu schickt man hundert Soldaten auf einen Kauffahrer? Noch dazu auf eine Friedensmission?«
    »Mr. Bolutu«, sagte Ott freundlich – er würde sich von den neugierigen Fragen dieses Mannes nicht noch einmal aus der Fassung bringen lassen –, »das kann Ihnen der befehlshabende Offizier sicher am besten erklären. Aber vielleicht kann ich Ihnen mit einer Vermutung dienen. Ein Wort nur: Piraten. Der Einfluss des Kaisers endet in Ormael. Auf den nächsten sechshundert Meilen herrscht das reine Chaos. Nicht unbedingt Krieg, aber auch kein Frieden. Die Seepiraterie ist jetzt schon weit verbreitet und nimmt noch zu. Die Herrenlosen Lande wollen sich nicht von uns beschützen lassen …«
    »Unbegreiflich, nicht wahr?«, lächelte Bolutu.
    »… sind aber nicht in der Lage, ihre eigenen Gewässer zu überwachen. Es gibt dort keine Ordnung, Sir. Das primitive Gesetz des Mzithrin greift erst viel weiter westlich.«
    »Weiß Simja eigentlich, dass ihm der Erhabene nicht nur einen Botschafter und eine blutjunge Braut schickt, sondern auch ein Schiff voll Kaiserlicher Seesoldaten? Und was für Seesoldaten! Daneben sehen die regulären Streitkräfte des Kaisers wie kleine Jungen aus.«
    »Sie übertreiben, mein Bester«, sagte Ott. »Vielleicht sind Sie der Infanterie des Erhabenen nur noch nie so nahe gekommen?«
    Bolutu zögerte. »Sie haben Recht, das war ich noch nie.«
    »Auf jeden Fall ist es nur vernünftig, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein, wenn wir unsere heimischen Gewässer verlassen – wenn ich auch hoffe, dass der Beweis dafür nicht angetreten wird.«
    Ott entschuldigte sich bei Bolutu, verneigte sich und ging. Auf dem Weg zur Schiffsmitte dachte er: »Ja, du Schweinedoktor, du wirst mir sicher lästig werden. Dein Ton gefällt mir nicht.«
    Zwei von Otts Männern beobachteten Botschafter Isiq aus respektvollem Abstand: Der Alte würde an Deck nie unbeaufsichtigt sein. Einer der Männer war Zirfet, und als er Ott nun ansah, war schon seine Reglosigkeit eine Botschaft: Ein Zucken von Handgelenk oder Ellbogen bedeutete ›Alles in Ordnung‹, und das vergaßen seine Männer nie.
    Ott nickte dem hünenhaften Kämpfer zu und gab ihm damit die Erlaubnis, näherzutreten. Als sie allein an der Backbordreling standen, sagte er: »Lass hören, schnell.«
    Zirfet versuchte, wie ein gelangweilter alter Hase zu erscheinen, litt aber sichtlich unter Seekrankheit. »Meister«, flüsterte er. »Hercól von Tholjassa ist an Bord.«
    Otts Gesichtszüge erstarrten. Er diente den Magad-Kaisern seit drei Generationen, war aber noch nie in die Lage gekommen, an einem einzigen Abend zweimal verbergen zu müssen, dass er vollkommen überrascht war. Natürlich gelang es ihm: Zirfet ahnte nichts von dem Aufruhr in seinem Inneren.
    »Erzähl mir die ganze Geschichte«, befahl Ott.
    »Er kam mit den Dienern an Bord«, sagte Zirfet, »aber er hat eine Kabine – eine winzige Koje – neben den Räumen des Botschafters. Ich habe ihn erst vor wenigen Minuten gesehen, Meister, aber ich erkannte ihn sofort aus dem Buch der Gesichter.«
    Ott nickte. Wer für die Krone auch nur im Geringsten von Interesse sein konnte – Ausländer, Adelige, Volksverhetzer, Soldaten, die über ihren Sold murrten –, war im Buch der Gesichter abgebildet. Seine Spione mussten lernen, solche Typen auf einen Blick aus einer Menschenmenge herauszufinden.
    »Mich kennt er natürlich nicht – und auch keinen von den anderen«, fuhr Zirfet fort. »Sie dagegen …«
    »Mich kennt er.« Ott nickte grimmig. Hercól war seine große Enttäuschung: ein erfahrener Kämpfer, als Ott ihn für die Geheime Faust anwarb. Ein weitaus besserer Kämpfer – zugegeben: sein bester –, als die Ausbildung beendet war. Aber Hercól hatte nicht die Nerven für die Spionage. Er war nicht von Müßiggang und Reichtum vergiftet wie

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